Für wirklich glückliche Hühner: Backen ohne Ei
Angeregt durch einen Diskussionsthread im Wellensittichforum widme ich diesen Blogartikel gefiederten Verwandten unserer Wellis: Den Haushühnern, genauer: den Legehennen.Legehennen und ihre Brüder
Die meisten wissen, dass Legehennen in Bodenhaltung und erst recht Käfighaltung kaum Bewegungsfreiheit und keine Möglichkeit zu natürlichem Sozialverhalten haben und in Folge dessen oft zerrupft und krank aussehen. Was viele nicht wissen, ist, dass auch viele Bio- und Freilandhennen nicht täglich Auslauf genießen können, einem unnatürlichen Biorythmus durch künstliche Beleuchtung ausgesetzt sind und nach nur ca. 1-2 Jahren ausgelaugt sind und durch neue Hennen ersetzt werden.
Was aber vor allem kaum jemand weiß, ist das, was den Anstoß zur Forendiskussion lieferte: Nämlich, dass die männlichen Küken, also etwa die Hälfte aller Legerassenhühner, nur wenige Stunden zu leben hat. Sie enden nicht etwa als Masthähnchen, denn dafür gibt es spezielle Hühnerrassen. Sie sind für die Eierproduzenten wirtschaftlich wertlos und werden daher direkt nach dem Schlüpfen aussortiert und getötet, indem sie z.B. zerschreddert oder erstickt werden. Das sind keine Übertreibungen militanter Tierschützer, sondern Fakten, die auch von der Hühnerindustrie nicht geleugnet werden. Leider stellt das Bundesamt für Statistik keine Daten zur Anzahl der aussortierten Hahnenküken zur Verfügung, da 2012 in Deutschland jedoch mehr als 46,5 Millionen "Gebrauchslegeküken", also Legehühner, die auch als solche "genutzt" und nicht zur Zucht eingesetzt werden, geschlüpft sind, nehme ich an, dass etwa ebenso viele junge "Legehähne" den Tod fanden.
Ich gehe einfach mal davon aus, dass niemand, erst recht nicht jemand, der Vögel mag, diese Tatsachen positiv findet, und dass viele gerne bessere Bedingungen für die Hühner hätten. Eine Möglichkeit besteht darin, nur noch Eier aus einem Betrieb zu kaufen, wo man sich mit eigenen Augen davon überzeugt hat, dass die Hühnchen ganzjährig ausreichend Möglichkeit zum herumlaufen, scharren und picken haben. Allerdings werden auch hier die Hennen nach spätestens zwei Jahren getötet und ihre männlichen Geschwister müssen in der Regel genauso früh dran glauben wie alle anderen männlichen Legerassenhühner.
Backen ohne Ei: So geht"s
Wer den zu zerschreddernden kleinen Hähnen und ihren nicht wirklich besser gestellten Schwestern wirklich effizient helfen möchte, sollte seinen Verbrauch an Eiern drastisch reduzieren.
Die gute Nachricht: Das ist überhaupt nicht schwierig, und nirgendwo geht es so einfach wie beim Backen! :-)
Für den Geschmack ist das Ei in der Regel unwichtig, es dient in Kuchen, Plätzchen, Muffins, Pfannkuchen und Co meist entweder der Bindung und/oder der Lockerung. Um Teig lockerer zu machen, kann man statt eines Eis entweder einen Schuss Sprudelwasser oder etwas mehr Backpulver in den Teig geben (z.B. bei Muffins und lockeren Kuchen). Tatsächlich kann man in vielen Rezepten, besonders Rührteigen mit nur 1-2 Eiern, das Ei auch einfach weglassen, ohne dass es jemand vermissen würde. Für den Fall aber, dass Bindung gewünscht oder wichtig ist, möchte ich euch ein sehr praktisches Produkt als Ersatz für Eier vorstellen: Sojamehl.
Sojamehl als Ei-Ersatz
Sojamehl wird aus Sojabohnen gewonnen und ist daher rein pflanzlich, kann aber Ei in fast allen Backwaren ersetzen: 1 Esslöffel (EL) Sojamehl mit 1 EL Wasser ersetzt von der Bindungsstärke im Teig her ein Ei. Ich empfehle entfettetes Sojamehl, alle weiteren Angaben beziehen sich auf diese Sorte.
Um euch die Entscheidung zu erleichtern - denn beim Kauf von Lebensmitteln ist ja nicht nur der Tierschutzaspekt von Bedeutung - habe ich für euch für eine kleine Gegenüberstellung recherchiert:
Möglichkeit 1: 1 Hühnerei
Nährwert pro Stück (Größe M, etwa 50 g): ca. 80 kcal
Eiweißanteil: ca. 6-7 g
Fett: ca. 5-6 g
Kohlenhydrate: ca. 0,3-0,4 g
Vitamine: Vitamin E (ca. 1000 µg), Vitamin A (ca. 135 µg), Vitamin B2 (ca. 205 µg), Vitamin B6 (ca. 37,5 µg), Vitamin B12 (ca. 1 µg), Vitamin K (ca. 4,5 µg), Nicotinamid (ca. 42,5 µg), Pantothensäure (ca. 800 µg), Biotin (ca. 12,5 µg), Folsäure (ca. 37,5 µg)
Mineralstoffe: Natrium (ca. 72,5 mg), Kalium (ca. 72,5 mg), Magnesium (ca. 6 mg), Calcium (ca. 27,5 mg), Mangan (ca. 35 µg), Eisen (ca. 1000 µg), Kupfer (ca. 32,5 µg), Zink (ca. 650 µg), Phosphor (ca. 107,5 mg), Selen (ca. 5 µg)
Preis: ca. 17-32 Cent pro Stück (abh. von Haltungsform und Packungsgröße)
Anwendung: Simpel, vorausgesetzt, man kann Eier so aufschlagen, dass nicht der Schüsselrand verklebt, keine Schalenreste in den Teig fallen und man sich nicht die Hände mit Eiweiß einsaut ;)
Beschaffung: Praktisch jeder Supermarkt bietet Eier von Bodenhaltung bis Freiland- und Biohaltung an.
Haltbarkeit: ca. 3-8 Wochen (im Kühlschrank, abh. davon, ob das Ei gegart wird oder roh verarbeitet wird)
Möglichkeit 2: 1 EL Sojamehl - ca. 10 g
Nährwert: ca. 25,5 kcal
Eiweiß: ca. 5,3 g
Fett: ca. 0,1 g
Kohlenhydrate: ca. 0,75 g
Ballaststoffe: ca. 24,5 g
Vitamine: Vitamin E (150 µg), Vitamin A (0,3 µg), Vitamin B1 (1,3 mg), Vitamin B2 (30 µg), Vitamin B6 (80 µg), Folsäure (32 µg)
Mineralstoffe: Natrium (ca. 0,1 mg), Kalium (ca. 210 mg), Magnesium (ca. 150 mg), Calcium (ca. 25 mg), Eisen (ca. 1,1 mg), Zink (ca. 570 µg)
Preis: ca. 6-8 Cent pro EL (2,90-3,75 Euro pro 500 g)
Anwendung: Simpel, vorausgesetzt, man kann einen Löffel in eine Packung eintauchen und zur Schüssel führen, ohne die Arbeitsfläche mit Sojamehl einzustauben ;)
Beschaffung: Im Reformhaus, Bioladen oder in gut sortierten Supermärkten sowie über das Internet.
Haltbarkeit: ca. 2 Jahre
Zusammenfassung:
1 Hühnerei à 50 g hat etwa dreimal so viel kcal, knapp halb so viele Kohlenhydrate, etwa fünfzigmal so viel Fett (was nicht dem hohen Fettgehalt des Eis zuzuschreiben ist, sondern dem sehr niedrigen des entfetteten Sojamehls) und etwas mehr Eiweiß als 1 EL Sojamehl, allerdings keine Ballaststoffe.
Außerdem enthält ein Ei etwa 6-7 mal so viel Vitamin E und B2, fast 500 mal so viel Vitamin A und recht große Mengen Vitamin D und B12, die in Sojamehl nicht vorkommen. Dafür enthält das Sojamehl Vitamin B1 und Folsäure sowie etwas mehr als doppelt so viel Vitamin B6.
1 Hühnerei enthält wesentlich mehr Natrium als 1 EL Sojamehl, was aufgrund der meist überhöhten Natriumzufuhr allerdings eher nachteilig ist. 1 EL Sojamehl enthält etwa dreimal so viel Kalium, 25 mal so viel Magnesium, geringfügig mehr Eisen und geringfügig weniger Zink und Calcium.
Fazit: Ei vs. Sojamehl
Das Fazit aus den obigen Informationen zu ziehen überlasse ich euch selbst - vielleicht probiert ihr es einfach mal aus ;)
Ich jedenfalls habe beim Backen ohne Ei nur positive Erfahrungen gemacht. Weder in Kuchen noch in Muffins oder Keksen haben ich oder andere Esser die Eier vermisst. Letzte Woche habe ich Pfannkuchen mit Sojamehl statt Ei gebacken und sie waren genau so lecker und fluffig wie ich mir einen leckeren Pfannkuchen wünsche, unten seht ihr ein Exemplar in der herzhaften Variante mit Tomate, Kartoffeln, Paprika und Basilikum.
Anmerkung zu den Quellen:
Die Angabe zur Anzahl der 2012 geschlüpften "Gebrauchslegeküken" entstammt der Fachserie 3 Reihe 4.2.3 (Geflügel), Tab. 2.3, der Publikationen des Statistischen Bundesamts zu Land- und Forstwirtschaft, Fischerei; erschienen am 18.04.2013, welche online abrufbar ist.
Die Nährwertangaben zum Hühnerei wurden aus den Angaben der deutschen Wikipediaseite zu Hühnerei errechnet und beziehen sich in der hier angegeben Form auf 50 g Hühnerei mit Eigelb und Eiklar, ohne Schale; Originalquelle hierzu: Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie (DFA), Garching (Hrsg.): Lebensmitteltabelle für die Praxis. Der kleine Souci · Fachmann · Kraut. 4 Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8047-2541-6, S. 88ff.
Informationen zu den Haltungsvorgaben für Bio- und Freilandhühner können den Homepages der jeweiligen Siegelvergeber entnommen werden. Ich habe mich um sorgfältige Recherche bemüht, da ich jedem Leser ein wohlüberlegtes Urteil auf Basis von Fakten ermöglichen möchte. Sollten sich trotzdem Fehler eingeschlichen haben, bitte ich um einen Hinweis.
Der Artikel wurde am 27.12.2013 von Blueberry veröffentlicht in der Kateogie: Andere Vogelarten Blog.
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Olga aus Nrw (29.12.2013 - 11:23)
Danke für diese Idee :)
Ich werde es auf jeden Fall ausprobieren!
Ich werde es auf jeden Fall ausprobieren!
Nina79 aus Oberhausen (30.12.2013 - 17:43)
Vielen Dank dafür! Ich werde es ausprobieren!
Jacky1990 aus Bremen (15.01.2014 - 20:10)
Danke für den Artikel! Sobald ich Sojamehl gefunden habe, werde ich es auf jeden Fall ausprobieren. :)