Liebes welli.net Forum,
dies ist mein erster Beitrag. Ich habe mich inzwischen etwas hier auf der Site umgesehen und einige Artikel und Forumsbeiträge gelesen. Es fiel mir auf, daß es hin und wieder neue Mitglieder gab, bei den denen es bereits beim ersten Beitrag sehr schlimm um einen ihrer Lieblinge stand. So ging es auch mir mit meiner Welli-Dame Lily, als ich zum ersten Mal auf welli.net stieß. Leider war es schon zu spät für jede Hilfe. Ich bin unendlich unglücklich, auch deshalb, weil ich mir sicher bin, daß es nicht hätte kommen müssen. Ich will hier trotzdem diese Geschichte erzählen, damit jemand der sie liest, und vielleicht die selben Fehler machen würde wie ich, eines besseren belehrt wird. Außerdem denke ich, es ist ein Mittel, meine Trauer abzubauen.
Ich will mich erst einmal mit meiner "Vogel-Biographie" vorstellen. Dreißg Jahre ist es nun her, daß der erste Welli meine Wohnstube unsicher machte. Damals leider noch ein einzeln gehaltenes Tier (Peppi, 1979-1983), ich und meine Geschwister waren noch Kinder. Seit 27 Jahren aber hatte ich immer einen Wellensittich zusammen mit einem Nymphensittich. Und zwar immer der selbe Nymphi - er heißt "Kakadu" (oder kurz "Kaki") und ist geschätzt 28 Jahre alt!
Ich fand es immer in Ordnung Welli und Nymphi als Partner zusammen zu halten. Schließlich verband beide jedesmal eine innige Freundschaft. Inzwischen habe ich mich aber auch auf gegen-einzelhaltung.de belesen und bin mir da jetzt nicht mehr so sicher. Dazu komme ich noch mal weiter unten.
Kurz nachdem unser Familien-Liebling Peppi verstorben war, kam uns ein ganz junges (noch mit Stirnzeichnung) schmuckes grünes Welli-Weibchen zugeflogen. In Ermangelung einer exakten Geschlechtsbestimmung nannte ich sie Käpt'n Kidd. Aber auch von ihr hieß es zehn Jahre später Abschied nehmen.
So erstaunlich es klingen mag, in der ganzen langen Zeit hatte ich nie ernsthafte gesundheitliche Probleme meiner Vögel zu beklagen. Kleinere Unpässlichkeiten konnten schnell mit Rotlicht beseitigt werden. 1994 kam Tweety, eine zierliche, charmante, gün-gelb gescheckte Welli-Dame. Mittlerweile war ich auch schon von zu Hause ausgezogen, meine Vögel bekamen ein eigenes Zimmer mit Kletterbaum, in dem sie den ganzen Tag Ausflug hatten. Früh, vor der Arbeit, öffne ich die Käfige; wenn ich nach Hause komme wird auch die Tür zum Wohnzimmer geöffnet und nur zum Schlafen müssen sie in ihre eigenen Käfige.
Erst als Tweety ca. 5 Jahre alt war, war zum ersten Mal ein Tierarztbesuch erforderlich. Es begann damit, daß sie ein Beinchen immer geschont hielt und es zeigte sich, daß sie die Zehen auf dieser Seite nicht mehr spreizen konnte und so die Sitzstangen nicht mehr umgreifen konnte. Ich war dann bei drei verschiedenen Tierärzten und sogar in der Tierklinik unserer hiesigen Unversität schickte man mich mit kaum mehr als ein paar tröstenden Worten nach Hause. Das sei doch "alles viel zu klein". Einer der Tierärzte sprach von Gicht, obwohl nach meiner Erinnerung keine Gichtknötchen zu sehen waren.
Nach diesem niederschmetterden Erlebnis setzte sich in mir die Überzeugung fest, Tierärzte würden Wellis überhaupt nicht behandeln und man sei eben dem Schicksal ausgeliefert, wenn man einen kranken Welli hat. Wie dumm und falsch dieser Glaube war, weiß ich erst jetzt.
Tweety hatte es nicht leicht. Das zweite Beinchen wies kurze zeit später die selben Symptome und den selben Krankheitsverlauf auf. Die arme Dame konnte nur noch auf den Unterschenkeln ausbalanciert sitzen. Ich sorgte für dickere Sitzstangen und tapfer und voller Lebensmut schenkte sie sich und uns noch weitere fünf Lebensjahre ohne neue Krankheiten ehe sie durch einen tragischen Unfall von uns ging.
Ich habe dies alles so ausführlich beschrieben, um folgendes herauszustellen: Ich habe schon lange Vögel gehalten und trotzdem keine Erfahrung mit Krankheitsbehandlung gewonnen. Und von vogelkundigen Tierärzten wußte ich auch nichts.
Vor viereinhalb Jahren kam dann Lily zu uns. Sie war wieder ein Weibchen. Ein leuchtendes Blau mit weißen Flanken. Die Geschlechtsbestimmung war nicht ganz leicht, da ihre Wachshaut nie die typische Braunfärbung aufwies, sondern immer in zartem Wasserblau gefärbt war und sie wohl nie in Brutstimmung war. Sie war der aufgeweckteste Wellensittich, der mir je begegnet ist. Sie verfügte über ein erstaunliches akrobatisches Geschick, und ein Gespür für schöne Lieblingssitzplätze.
Kurz nach Ostern aber begann das Schicksal eine tragische Wendung zu nehmen. Es begann damit, daß auch Lily das rechte Beinchen nicht mehr belastete. Meine große Sorge war, ihr sei das gleiche Schicksalwie Tweety bestimmt. Ausgehend von den Erfahrungen mit Tweety, sah ich von einem Tierarztbesuch ab, die mit dem Tranport verbundene Streßsituation sei bei dem zu erwartenden Ergebnis nicht einzusehen, meinte ich.
Ich beobachtete den Verlauf weiter und gab wieder Rotlicht. Es schien bald so, als würde sie das Bein wieder besser belasten können, was man auch beobachten konnte, wenn sie sich auf der Sitzstange umdrehte und dabei zwangsläufig immer kurzzeitig jedes Bein einmal einzeln belasten mußte. Das klappte nach einiger Zeit wieder, wenngleich ich auch den Einduck hatte daß sie etwas schwächer war.
Doch nach einigen Tagen zeigte sie eine neue Auffälligkeit im Verhalten. Sie flog von sich aus zu den Tüchern, mit denen ich die Käfige abends abdecke und verkroch sich zwischen zwei Stofflagen. Das sah wie Brutverhalten aus, obwohl sie doch augenscheinlich nicht brutwillig war. Und zwischen den Stofflagen begann sie zu schlafen. Nach einer Weile kam sie wieder hervor und zeigte die alte Vitalität. Diese Schlaf- und Vitalitätsphasen wechselten sich nacheinander ab. Aber es ging immer mehr eine Schwächung ihres Körpers einher.
Eines Tages setzte auch eine merkliche Minderung der Flugfähigkeit ein. Damit einher ging auch, daß sie sich immer mehr zwischen den Sofflagen verkroch und schlief.
Spätestens jetzt hätte ich wirklich auf die Idee kommen müssen, nachzuschauen, ob es entgegen meiner Vorbehalte doch noch Mittel und Wege zur Hilfe gab. Aber ich ließ davon nicht ab, und beschränkte mich weiter auf Rotlicht und der Hoffnung, es würde doch noch besser werden.
Bald konnte die arme Lily gar nicht mehr fliegen. Es war ein trauriger Anblick,wie sie ihre schwachen Flügelchen ausbreitete und hätte ich sie nicht gehalten, abgestürzt wäre. Ich konnte sie nicht mehr aus dem Käfig lassen, bzw. wenn, dann in ihren immer kürzer werdenden Aktivitätsphasen mußte ich sie dorthin tragen, wo ihr müder Körper sich hinstreckte. Ihre Ausscheidungen waren nicht normal, es waren entweder nur weiße Kügelchen ohne Kot oder der Kot zeigte sich nur in einem zarten Grünton. Auch die Federn an der Kloake waren ausgerissen,was ich auch erst spät bemerkte. Doch Appetit hatte sie noch.
Erst jetzt bemühte ich das Internet, denn jetzt war es unübersehbar, daß kein gutes Ende bevorstand.
Schnell war welli.net gefunden und darin die Liste der Vogelkundigen Tierärzte. Und tatsächlich eine Praxis in meiner Heimatstadt. Ich war zuerst erleichtert, doch es war der Mittwochabend vor Himmelfahrt. Am Freitag wollte ich sie unbedingt aufsuchen. Aber es war schon viel zu spät. Am Donnerstag früh war sie schon sehr schwach, pickte mit halbgeschlossenen Augenlidern ein paar Körnchen aus dem Futternapf und schlief gleich wieder zwischen den Tuchlagen (Ich hatte ihr ein Tuch dafür in den Käfig gelegt). Am Nachmittag ist sie dann für immer eingeschlafen.
Ich habe eine Weile überlegt, ob ich diese Geschichte hier veröffentliche oder nicht. Ich weiß, daß ich mir hier damit keine Freunde mache, und helfen kann man der armen Lily damit auch nicht mehr. Ich habe hier Berichte von aufopferungsvollen Rettungsaktionen geslesen und ich schaffe es nicht mal, den vkTA vor meiner Haustür aufzusuchen. Aber ich habe auch erklärt, wie es zu meinen Fehleinschätzungen kam. Außerdem liegt mir sehr daran, in solch einem Forum in Erfahrungsaustausch mit anderen Vogelliebhabern zu treten. Denn in meinem Bekanntenkreis hält sonst niemand Wellis oder Nymphis und eine niedliche kleine Welli-Grauschecke hat sich bereits wieder bei mir eingefunden.
Besonders interssiert mich, ob mein gemischtes Welli-Nymphi-Doppel so gut für die beiden ist, wie ich immer meinte. Ich habe die Argumente auf gegen-einzelhaltung.de gelesen und es war dort immer von artgleichen Partnern die Rede. Was meint ihr? Ich konnte mich nie zu mehr als zwei Vögeln entschließen, aber Platz wäre da.
Ich habe ein paar Bilder von Lily angehängt, eines aus glücklichen Zeiten auf einem ihrer Lieblingsplätzchen und noch einige, als es mit dem eigenartigen Verkriechen begann. Auch wenn es jetzt nichts mehr hilft, würde mich interessieren, woran Lily litt. Hat jemand eine Vermutung? Ich weiß nicht mal, ob sie Schmerzen hatte. Woran erkennt man das?
Vielen Dank für die Geduld, diesen langen Text zu lesen
Holle