Dies ist die Geschichte, wie ich zu Piccolina kam- die wohl ungewöhnlichste Welli Dame, die mir jemals begegnet ist.

Es war ein Tag wie jeder andere. Der Feierabend war nun endlich eingeläutet und da meine Geier am Morgen bei der Fütterung mir deutlich gemacht hatten, das der Futtersack nun zu Ende war und ich ja nicht riskieren konnte, das sie verhungerten- fuhr ich also in das nächste Zoogeschäft. Das betrat ich mit dem festen Vorsatz, einen Sack Wellifutter zu kaufen, bezahlen und nach Hause zu fahren. Zielstrebig ging ich also auf die Vogelabteilung zu, in der sich das Regal mit allem möglichen Futter für die verschiedensten Gefiederten befand. Ich hatte "mein" Futter recht schnell in der Hand und dann dachte ich, gucken kostet ja nichts. Also auf zu den Wellis. Dort saßen sie, in diesen kleinen Verkaufskäfigen. Es tummelten sich ettliche Wellis darin in allen Farben. Munter zwitscherten und schimpften die kleinen Gefiederten Gesellen und interessierten sich herzlich wenig für eine Federlose, die da mit einem Futtersack umklammert vor ihrem Haus steht. Dann sah ich einen kleinen, grau blauen Welli, der mich just in diesem Moment mit den wohl schönsten kleinen schwarzen Knopfaugen ansah, die ich jemals gesehen hatte. Auf dem zweiten Blick sah ich, das es eine Henne war. Sie war deutlich kleiner als die anderen Wellis um sie herum und auch das Gefieder war an manchen Stellen nicht so dicht, wie es wohl sonst üblich war. Eine Weile sah ich ihr zu, sah, wie sie tapfer ihren Sitzplatz gegen einen Artgenossen verteidigte und sich absolut nicht lumpen lies. Innerlich lächelte ich stolz. Dann fiel mir irgendwann der Futtersack in meinen Armen wieder ein und somit auch meine Geierbande zu Hause. Nicht ohne einen letzten Blick auf die kleine Henne verließ ich schließlich den Laden und lobte mich innerlich selber, das ich mich nicht zu einem Spontankauf hatte hinreißen lassen.

Zu Hause empfing mich meine- so schien es- bereits verhungerte Geierbande mit wütendem Geschimpfe, wieso zum Welli ich so lange gebraucht hatte und sie wollten doch Abendessen.
Na ja.

Doch auch die darauffolgenden Tage ging mir die kleine Welli Henne nicht aus dem Kopf. Sie hatte sich in meine Gedanken geschlichen und begleitete mich sozusagen durch den Tag.
Als ich eine Woche später erneut in den Zoolanden fuhr, da meine Geierbande zum einen meinen gesamten Golliwog Vorrat vernichtet hatte und ich außerdem noch etwas aus einer anderen Abteilung brauchte- liefen meine Füße beinahe selbstständig- nachde ich alles hatte- wieder zu den Verkaufskäfigen der Wellis. "Meine" Henne saß tatsächlich noch da.

Wenige Minuten später stand ich- unter anderem mit einer kleinen Pappschachtel in der Hand vor dem Laden und war einfach glücklich. Wer in der Schachtel saß- das dürfte ja wohl klar sein.

So brachte ich meine kostbare Fracht nach Hause. Bereits im Flur konnte ich meine Geier mal wieder wüst schimpfen hören. Doch diesmal antwortete etwas aus der Schachtel in meiner Hand.
Meine Geier verstummten apruppt, als ich ihr Domizil betrat und starrten mich an. Vermutlich dachten sie, die Federlose hat Wellisch gelernt. Beim Anblick ihrer Gesichter musste ich regelrecht lachen.
Die Antwort, wer denn da nun in ihrer Landessprache geantwortet hatte, lies nicht lange auf sich warten.
"Piccolina"- so hatte ich das kleine Wesen in der Schachtel genannt- war bei uns eingezogen.

Bereits am nächsten Tag brachte ich sie in die Praxis meiner vogelkundigen Tierärztin, die mich bereits durch einige Besuche mit Marvin kannte. Diese schaute mich nach eingehender Untersuchung meiner neuen kleinen Mitbewohnerin etwas besorgt durch den Rand ihrer Brille hinweg an.
Mit dem Hinweis, das sie mit dem Gewicht der kleinen nicht zufrieden wäre und das man den Verlust einiger Federn auf den Grund gehen müsste, sie aber ansonsten einen guten Eindruck machte- dachte ich, sie würde uns wieder nach Hause schicken.
Doch dann erklärte sie mir, das Piccolina vermutlich flugunfähig war.

Diese Nachricht lies mich erst mal schlucken. Doch meine vkTä- selbst Besitzerin zweier behinderter Nymphen- gab mir allerhand gute Ratschläge mit auf den Weg.

Mit der Zeit las und lernte ich sehr viel über die Bedürfnisse von flugbehinderten Wellis und wie man den Käfig am besten einrichtete und so weiter. Dies gab mir doch etwas Mut und so schritt ich zur Tat.

Piccolina zeigte mir jedoch sehr schnell, das sie nicht nur sehr gut klettern konnte, sondern auch sehr schlau war. Die Kletterhilfen nahm sie gerne in Anspruch und nutzte auch mich gerne als Taxi. Die Spielplätze konnte sie aufgrund einiger Vorrichtungen spielend leicht laufend erreichen.

Sie war eine stets fröhliche Welli Henne, die ihr kleines Herz an Marvin verloren hatte und sich gerne von ihm kraulen lies. Leider war sie nur eine kurze Zeit bei uns.
Eines Tages flog sie ins Regenbogenland und hinterließ hier eine große Lücke.
Durch Piccolina habe ich jeden Tag gelernt, das es immer Wert ist, zu kämpfen und man niemals aufgeben sollte. SIe hat jeden Tag gezeigt, wieviel lebensfreude sie hat und sich durch ihre BEhinderung nichts nehmen lassen. Sie war ein fester Teil meines Mini- Schwarmes.
Sie hat mir soviel gegeben und ich mochte keinen einzigen Tag mit ihr missen.

Und die Entscheidung, jemals wieder einen flugbehinderten Welli aufzunehmen- ich würde es jeder Zeit wieder tun. Piccolina war etwas besonderes und in meinem Herzen wird sie immer weiter leben und einen Platz haben.

Danke für die tolle Zeit mit dir, Piccolina !!!!!!!!!!

Deine federlose