Hin und wieder hat er zwar gewisse flug-und bewegungsaktive Phasen, da glaubt man, er sei wieder fit, doch diese sind kurz. Grundsätzlich spüre ich aber, dass er nicht gesund ist und was "ausbrütet".
Nun ergab sich, dass ich trotz des Verständnisses, warum immer wieder auf die wichtige Vogelkundigkeit bei Tierärzten hingewiesen wird, keinen Termin bei einem gut erreichbaren Spezialisten bekommen konnte. Da mir das irgendwann dann zu lang dauerte, bis ich eine Lösung fand, sagte ich mir: "Besser zu einem Tierarzt, als zu keinem." Dieser Gedanke ist ein Irrtum. Heute, nach einem ziemlich enttäuschenden Tierarztbesuch muss ich den Satz umformulieren: "Beim Vogel lieber kein Tierarzt, als ein nicht vogelkundiger".
Es fing dort an mit dem Pseudointeresse der Assistentin an der Rezeption. Floskeln und Vermutungen, auf die man auch selbst schon gekommen sein dürfte. Die blonde Laufsteg-Stelze war Mitte 20 und meinte, es könnte nach Schilderungen der Symptome wohl eine Mangelerscheinung sein.
Nun, in der Hoffnung, dass der Arzt mehr untersuchen würde, als spekulieren ging es dann in den Behandlungsraum. Die Tierärztin hört sich meine Beobachtungen an und tippt sie in den PC. Doch was macht sie anschließend? Sie öffnet die Zimmertür und holt sich die blonde Stelze mit der Bemerkung: "Falls sie festhalten muss". Haben wir es hier mit einem Pottwal zutun, den man mit mehreren bändigen muss?
Nunja, nach einigen weiteren Schilderungen der Symptome beauftragt die Ärztin das blonde Assistenten-Hühnchen den Vogel aus dem Kleinkäfig zu holen. Was dann kam, veränderte meinen Puls.
Diese dürre Mitarbeitern, von der Aura einer Praktikantin schleicht zum Käfig, öffnet die Tür und fuchtelt in Zeitlupe darin herum, wie in ihrer Handtasche, um ihren glitschigen Lippenstift zu erwischen. Sie schien zeitweise zu vergessen, dass das ein flugfähiges Tier ist.
Der verängstigte Vogel weicht ihr unentwegt aus und das natürlich mit Erfolg. Die dilettantischen Handbewegungen waren einfach nicht zu ertragen. Ich zählte die Sekunden bis der Vogel dann aus dem Käfig entwischte, was dann natürlich auch passierte. Jetzt fliegt der Vogel, der mit Leichtigkeit , kurz und schmerzlos aus dem Käfig hätte genommen werden können, im Arztzimmer herum.
Die Ärztin schaltet das Licht daraufhin aus, während die bleiche Blondine ihre Lack-Griffel nach oben wirbelte, als wenn sie dem in Todesangst steckenden Vogel signalisieren wollte: "Komm zu mir, kleiner Vogel, ich bin doch nur blöd und nicht böse."
Dann, nach zwei Minuten erschöpfendem Freiflug in beängstigender Dunkelheit sackt das Tier in einer Ecke herunter, sodass ich glaubte, dass es sein letzter Flug war. Beide Weiber stürzten sich auf den gefährlichen Greifvogel und die Ärztin "begutachtet" das Federvieh. "Ganz schön dünn, man fühlt die Knochen"... mehr Erkenntnisse gab es nicht. Was macht die Frau nun, nach dieser aufreibenden Fang-Veranstaltung? Sie bittet die Assistentin den Vogel wieder in den Käfig zu lassen.
Der arme kleine Piepser musste all das über sich ergehen lassen, damit eine ahnungslose Ärztin feststellen konnte, dass er zu dünn ist. Kropfabstrich, sonstige Überprüfungen auf welche Krankheiten auch immer? Fehlanzeige. Als ich sie auf all die Möglichkeiten und zu prüfenden Aspekte ansprach, floskelte sie in einer Tour, dass das eher unpraktisch wäre. Dass der Vogel dies nicht aushalten würde, und aufgrund seiner Geschwächtheit (die eigentlich noch gar nicht besonders ausgeprägt ist). In der Summe wollte sie eigentlich sagen, dass jede nähere Untersuchung einer Risiko-Abwägung nicht standhalten würde und man daher lieber weniger macht, als zu viel. "Was nützt dem Vogel eine Untersuchung, die er nicht überstünde?" Meine Meinung, die ich auch äußerte war: "Was nützt dem Vogel keine Untersuchung, welche er aufgrund der sich daraus ergebenden Verschlechterung des Zustandes und Nichtbehandlung nicht überstünde?"
Sie meinte Blutabnahmen wären nicht praktikabel, da ein Vogel sein Blut braucht und eine genügende Entnahme wäre eventuell mit tötlichem Blutverlust verbunden. Auch ein Kropfabstrich wäre zu heikel, bei der Gebrechlichkeit.
Mir blieb nichts mehr übrig, als sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie nicht vogelkundig ist. Sie redete daraufhin um den heißen Brei herum und beschönigte diese Tatsache. Letztlich erkannte sie, dass ich sehr unufrieden war und las aus meinen Aussagen und meinem Gesichtsausdruck, dass ich den gesamten Besuch bedauerte. Erst dann kam sie nach und nach dazu, mir als Fazit einen Vogelspezialisten zu empfehlen.
Die Kritik, die ich an diese Behandlungsstrategien richte, liegt nicht darin, dass dieser Arzt eben nicht vogelkundig ist. Sondern darin, dass ich ihr den einzigen Rat, der letztlich von Belang war, erst aus der Nase ziehen musste. Hätte ich das nicht getan oder erkannt, dass sie völlig unfähig auf dem Gebiet ist und nicht einmal die grundlegenden Behandlungsprinzipien bei Vögeln beherrscht, hätte sie mich nämlich nicht an einen Spezialisten verwiesen und die Vogelkompetenz weiter vorgetäuscht, die von Anfang an nicht vorhanden war.
Authentisch und korrekt wäre gewesen, den Vogel nicht zu behandeln, gar nicht erst diesem sinnlosen Stress auszusetzen und mich direkt an einen Fachmann zu vermitteln. Und genau das machen diese "Tierfreunde" nicht. Lieber 45 Euro aus 10 Minuten Gefasel quetschen, als von Anfang an die Karten auf den Tisch zu legen.
Dann schaffte sie es noch, mir "Bene Bac" und Korvimin anzudrehen, um das mal "auszuprobieren". Wenn ich mich nicht täusche ist genau das Zeug die Allzweck-Waffe bei hoffnungsloser Ahnungslosigkeit.
Nun werde ich wohl doch einen Spezialisten aufsuchen, wenn dieser auch einige Meilen weiter entfernt ist. Ich hätte auf Euch alle hören sollen, denn dieser Fall zeigt mir, dass man einfach das tun sollte, von dem man selbst eigentlich auch immer überzeugt war.
NUR NOCH VOGELKUNDIGE TIERÄRZTE !
Am Liebsten würde ich den Namen der Ärztin nennen, nur damit andere davon lesen.
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