Liebe Forengemeinde,
vorgestern Nachmittag ist mein Bourkesittichhahn Neo ganz plötzlich durch einen Unfall verstorben.
Vor nicht einmal zwei Wochen musste mein kleiner Wellihahn Chico eingeschläfert werden. Er hockte nur noch aufgeplustert auf der Stange direkt vor der Lampe. Auch seine Partnerin Jane interessierte ihn nicht mehr. Die Tierärztin fand beim Abtasten einen kirschengroßen Knubbel an seinem Bauch. Das Röntgenbild brachte Gewissheit: Hernie infolge einer stark vergrößerten Leber, sehr wahrscheinlich Tumor, der innerhalb weniger Tage extrem gewachsen sein muss. Schweren Herzens habe ich mich dafür entschieden, ihn gehen zu lassen. Der Kleine hätte sich sonst nur noch gequält.
Das war natürlich ein Schlag. Mit Chico ging es so plötzlich bergab, dass ich mir auch um den Rest des Schwarms Sorgen machte. Die Tierärztin empfahl mir, die anderen Vögel zu wiegen, um in Zukunft solche Probleme möglicherweise früher zu entdecken.
So habe ich dann vorgestern alle Vögel eingefangen (mit dem Kescher bzw. mit der Hand, freiwillig wären sie nicht in den kleinen Käfig zum Wiegen geklettert). Ich war schon mit allen anderen durch, nur Neo hat noch gefehlt. Ich habe versucht, ihn einzufangen, wie die anderen auch. Die Tür von der Voliere stand einen spaltbreit offen, so ist er mir ins Zimmer entwischt. Voller Panik flatterte er umher und prallte ganz plötzlich und ohne Vorwarnung gegen eine Wand. Tja, und dann war er tot, einfach so. Zwei Tage am Stück habe ich nur geweint, es tat einfach so weh, und ich musste immer daran denken, wie ich ihn in meinen Händen hielt und ihm Bachblütentropfen in den Schnabel gab. Aber es war zu spät, ich konnte ihm nicht mehr helfen. Ich fühlte mich so schuldig, und ich tue es auch immer noch – wenn ich doch nur die Volierentür geschlossen hätte, wenn ich ihn ein bisschen früher erwischt hätte, wenn er doch nur nicht gegen diese Wand geflogen wäre… Ich glaube, ich habe noch nie so sehr um einen Vogel getrauert wie um Neo, denn sein Tod war völlig unnötig und ich hätte ihn ganz einfach verhindern können. Es ging ihm immer blendend, aber ich hatte Angst, doch etwas zu übersehen und wollte diesmal auf Nummer sicher gehen mit der Wiegeaktion… War das jetzt ein Fehler? So oder so, ich muss damit leben, was passiert ist, und werde jetzt umso besser auf meinen kleinen Vogelschwarm aufpassen.
Jetzt weiß ich aber gar nicht, was ich mit seiner zurückgebliebenen Partnerin Bounty machen soll. Die beiden waren noch nie ein Traumpaar, saßen zwar oft zusammen, aber hatten nicht viel miteinander zu tun. Vielleicht wäre es am besten, sie in gute Hände zu geben…
So, jetzt habe ich mir das alles von der Seele geschrieben und weiß, dass ich hier unter Menschen bin, die meine Gefühle nachvollziehen können. Das finde ich schonmal auf jeden Fall sehr befreiend.
Danke fürs Lesen.
Neophema