Ich bin derzeit auf der Suche nach Rat, Vorschlägen und Meinungen, um eine Entscheidung in meiner schwierigen Situation zu treffen.
Ich bin Wellensittich-Halter seit meiner frühen Kindheit Anfang der 90er. Ich hatte immer 2 Stück und nach dem Tod eines der Beiden einen Neuen nachgeholt, Anfangs aus Tierläden und zuletzt Abgabetiere. Ich bin ein erfahrener Halter, würde ich sagen, lerne aber mit jedem Tier dazu. Gestern hatte ich ein neues Erlebnis, auf welches ich gerne verzichtet hätte.
Ende 2016 ist mein Wellensittichhahn an Gicht gestorben, der 16 Jahre alt geworden ist. Dass es ein großer Glücksfall war, dass er so lange in meinem Leben war, ist mir bewusst, aber der Abschied war sehr schwer, weil er mich eben mein halbes Leben begleitet hatte.
Zurück blieb meine Henne, die zu dem Zeitpunkt 9 Jahre alt war. Wir wollten ihr keinen Jungvogel dazu setzen und haben dann über eine Kleinanzeigen-App einen 5 Jahre alten Hahn gefunden, der einen guten Eindruck auf mich machte. Mir viel nach ungefähr 2 Monaten auf, dass sein Kot dünn wurde/war und bekam die Diagnose, dass auch er Gicht hat. Er starb eine Woche später und verließ uns nach nur 2 Monaten. Direkt wieder einen Vogel unter denselben Umständen zu verlieren, war wirklich schlimm für uns und unsere Henne hatte ihren 2. Partner innerhalb kurzer Zeit verloren.
Ich holte dann in einer Kurzschlussreaktion direkt einen neuen Wellensittich, wieder über Kleinanzeigen, diesmal 2 Jahre alt, gesund, wurde aber die 2 Jahre alleine gehalten und hatte erste Verhaltensstörungen entwickelt. Er war aber unglaublich glücklich bei uns und war eine tolle Bereicherung und er und meine Henne wurden ein inniges Paar.
Meine Henne ist jetzt 13 Jahre alt, hat einen Leberschaden, den wir erfolgreich seit vielen Jahren im Griff haben, hat auf einem Auge grauen Star, ist Flugunfähig nach einem Schulterbruch, hatte vor 2 Monaten Krämpfe und war dadurch kurzzeitig in den Beinen gelähmt. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass wir sie einschläfern lassen müssen, aber sie berappelte sich wieder und wir haben den Käfig behindertengerecht umgestaltet und sie kommt zurecht, auch wenn sie sich nicht mehr länger auf Stangen halten kann, da wohl ihr Griff nicht mehr fest genug ist. Wobei sogar das anscheinend wieder besser wird, wir haben ihr kleine Stangen an ein Gitter gebunden, damit sie nicht fallen kann, wenn sie abrutscht und sie übt ab und zu. Sie schreddert, singt, frisst und ließ sich von ihrem Partner kraulen und füttern. Ihr Partner schien mit der Veränderung Probleme zu haben.
Er kam dazu in die Mauser, genau wie sie und er schlief sehr viel, im Grunde beide. Ich habe mir nichts dabei gedacht, da zum einen der Herbst da war und zum anderen eine Mauser kräftezehrend ist. Jedoch war er vorher nie so schlapp und dann auch erst 5 und nicht 13 Jahre alt. Er schlief die letzten 6 Wochen viel und seine Füße erschienen mir dicker. Da sie auch leicht schuppig aussahen und mir eine erfahrene Bekannte sagte, es könnten Grabmilben sein, habe ich ein Öl gekauft und wollte ihm die Füße einstreichen. Ich fing ihn sehr schnell mit einem gezielten Griff im dunklen Raum und er biss mich, alles soweit wie immer, wenn man einen Sittich greift. Ich weiß jetzt, dass man sie lieber so greift, dass sie nicht beißen können, aber ich hatte auch nur meinen Daumen vor seinem Schnabel und habe ihn nicht abgeschnürrt. Meine Partnerin strich im schnell die Füße ein und er wehrte sich, quitschte einmal laut auf und wurde ruhiger. Ich habe ihn dann wieder in den Käfig gesetzt und er war regungslos. Ich bin immer noch total geschockt, ich hatte oft Wellis im Griff und sowas ist mir noch nie passiert. Ich bin ehrlich gesagt völlig am Ende. Ich denke jetzt, er hatte wohl etwas mit dem Herzen und deshalb sind die Füße angeschwollen. Einen Kreislaufkollabs hatte er glaube ich nicht, er hat nicht die Augen verdreht oder sowas, er wurde einfach ruhig, auch eher langsam. Dass er aber einen Herzinfakt hatte dürfte wohl feststehen, zumal die ganze Aktion maximal 15 Sekunden gedauert hat. In der Vergangenheit wurden Sittiche im Griff immer ruhig nach den ersten Sekunden, deshalb habe ich mir nichts dabei gedacht. Ich mache mir jetzt natürlich sehr große Vorwürfe, wüsste aber auch nicht, wie ich ohne ihn zu greifen irgendwas hätte machen können, sogar eine Tierarztuntersuchung wäre schwierig gewesen.
Soweit so schlecht, es ging mir nicht um Absolution für einen tödlichen Unfall.
Meine Henne ist jetzt alleine. Zum dritten Mal verliert sie einen Partner. Ich weiß gar nicht, wie ich sie erreichen kann. Dazu die Situation von meine Partnerin und mir. Wir sind völlig fertig und am Ende. Mir stellen sich nun folgend Fragen:
1. Was machen wir mit meiner Henne? Sie hat den 3. Partner verloren, ist behindert und braucht besondere Fürsorge und niemand weiß, ob sie noch Monate oder Jahre hat. Sie versucht die Situation tapfer durchzustehen, sucht unsere Nähe, piepst und singt manchmal kurz, frisst gut, schreddert Pappe und Kork und schimpft, wenn wir sie alleine lassen. Sie will leben und zeigt nicht an, dass es bald auch mit ihr vorbei sein wird.
2. Was wird mit uns? Wir sind beide sehr sensibel und die Trauerphasen und Vorwürfe sind sehr heftig. Dazu haben wir ständig Sorge, dass etwas mit den Kleinen ist und häufig genug ist auch irgendwas, weshalb man reagieren muss. Dass jetzt einfach so unser eigentlich sehr gesunder und fitter Hahn stirbt, hat uns sehr plötzlich getroffen. Wir hatten mit ihrem baldigen Tod gerechnet, keinesfalls mit seinem. Wir wollen diesen häufigen Stress und Kummer nicht mehr und sind unsicher, ob die glücklichen Momente mit den Kleinen das noch aufwiegen. Dazu wollen wir auch mal in den Urlaub fahren und wüssten nicht, wem wir unsere(n) Sittich(e) geben können, insbesondere wenn sie besondere Pflege brauchen.
Wir denken über folgende Möglichkeiten nach und jede davon hat Gutes und Schlechtes:
1. Wir holen einen neuen Hahn dazu.
Pro: - Gesellschaft für sie und Möglichkeit zur erneuten Verpaarung
- Ablenkung für uns von der Trauer
Contra: - Der Hahn wäre sehr eingeschränkt, da sie weder fliegen kann, noch auf Stangen sitzen kann. Er müsste sich zu ihr zu den Platten setzen und alleine fliegen. Wenn sie wieder mehr in Brutstimmung kommt, wühlt sie aber vielleicht wieder mehr, wobei da der Hahn ja meistens eher ausgeschlossen wird.
- Wir haben wieder einen neuen Sittich, der eigene Gebrechen mitbringt und natürlich irgendwann wieder stirbt.
- Wir kommen aus der Sittichhaltung nie raus, weil wir immer einen nachholen müssen.
2. Wir holen 2 weitere dazu, ein Paar oder zwei Männchen.
Pro: - Gesellschaft für sie
- Ablenkung für uns
- Die Neuankömmlinge können zu zweit mehr machen, zusammen fliegen und haben nicht ausschließlich einen Partner/Freund, der in absehbarer Zeit sterben wird.
Contra: - Vielleicht wird sie durch ihre Gebrechen von den beiden ausgeschlossen und leidet darunter, dass sie nicht wirklich zu ihnen kommen kann, wenn sie nicht zu ihr kommen.
- Mehr Sittiche, mehr Gebrechen, mehr Tode.
- Mehr Sittiche, noch schwierigerer Ausstieg
3. Wir geben Sie in gute Hände von einem erfahrenen Halter, bestenfalls mit anderen behinderten Sittichen.
Pro: - Eine gute Umgebung für sie unter Artgenossen
- Unser Ausstieg: Weniger Kummer, Stress und mehr Freiheit von Verpflichtungen
Contra: - Erneuter Abschiedsschmerz
- Unabsehbares Vermissen von Sittichen unserer Seite. Ich habe seit 25 Jahren Sittiche um mich und habe Sorge vor der Stille und der Leere.
- Sehr schwierige Suche eines geeigneten Abnehmers
- Erneuter Umgebungswechsel für sie, besonders problematisch durch ihre eingeschränkte Sicht.
4. Wir holen einen neuen Sittich dazu und versuchen einen Platz für ihn zu finden, sobald sie stirbt.
Es vereint die Pros des neuen Ankömmlings mit den Pros der Abgabe. Contra wäre, dass wir den Neuen natürlich auch lieben lernen und es wieder schwer wird. Aber wenn man einen Menschen findet, der einen Schwarm hat, dann wäre das wohl für alle das beste, auch für den Kleinen.
Vielen Dank für das Lesen dieses Aufsatzes. Ich würde mich freuen, Anregungen und Meinungen zu dem Thema zu hören, um eine eigene Entscheidung zu treffen.
Liebe Grüße,
Johann
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