Ich möchte Euch mal von unserem fehlgeprägten (Jo)achim berichten, den wir bei uns aufgenommen haben. Ich dachte immer, ich hätte schon so einiges gesehen, da wir immer nur Abgabevögel oder Fundvögel haben, die meist irgendwie einen seelischen Knacks haben. Aber Nymphie Achim schlägt dem Fass den Boden aus. Nun haben wir 5 Wochen kampf um körperliche Genesung (auch dank Eurer Hilfe!) geschafft, jetzt arbeiten wir an den seelischen Macken. Wir vermuten (und auch der Doc) dass Achim schon so ein paar jahre älter ist. Ein junger Vogel ist es auf keinen Fall. Wir vermuten ferner, dass Achim bei einem alten Menschen oder Kind gelebt hat. Achim ist seit Montag bei Harald (Nymphin, auch völlig fehlgeprägt) und bei meinem alten Welli. Den behinderten Ziegensittich haben wir ein paar tage aus dem Rennen genommen, bis Achim die wichtigsten Dinge gerafft hat, denn der wird ihm bestimmt bissel Stress machen. Die Augen waren sehr sehr groß, den Nymphen und Welli (der ist so laut und deshalb besonders schrecklich ) zu sehen. Harald hat ihn natürlich total begifftet und ist ihm immer mit aufgestellten Flügeln und fauchend hinterher. Das hat sich nach zwei Tagen sehr schön beruhigt. Ich vermute, dass sie sehr beruhigt ist, dass er sie nicht den ganzen Tag anbalzt und verfolgt und beflirtet. Das entspannt sie sehr und sie hat sich beruhigt. Inzwischen sitzen sie so mit 20 cm Abstand irgendwo und keiner hackt oder giftet. Auch die abendliche Schlafplatzverteilung geht gut. Aaaaaaaaaaaber: Achim hat so riesige Problem mit so normalen Dingen. Jemand muss ihn den ganzen tag betüdelt und rumgetragen und gemacht haben. Folgende Übungen macht Achim jetzt mehrmals täglich, sozusagen seine kleine Bibel:

1) Man kann morgens alleine aus der Käfigtür gehen, ohne dass die Hand taxi spielt und muss nicht schreien. (Er guckt immer ratlos: "wo sind die alle auf einmal hin?", wenn das Türle um sechs aufgeht und brüllt dann wie ein Irrer hinter den anderen beiden her.
2) Wenn ein Vogel mich vom Futternapf verjagt hat, hängt dann 5 min später der Napf immer noch da und ich kann tatsächlich wieder hingehen. Ich kann auch alleine hingehen, Sandra muss nicht mitgehen.
3) Essen aus dem Mund gibt es hier nicht mehr. Wenn wir mal was vom Tisch bekommen (trockenen Nudeln oder Kartoffel oder Reis), dann kommen die in einen kleinen Napf, aus dem ich dann esse und bei Sandra u. Robert sitzen darf. (Das schärfste ist, dass Achim wenn er Essen haben will, laut das menschliche Schmatzgeräusche macht und "Guter, Guter" sagt.)
4) Ich könnte sterben für Schoki, CHips, Erdnussflips, Wurst, besonders Wiener, aber die gibt es hier nicht mehr Da kann ich noch so auffordernd piepsen und kneifen.
5) Wenn ich auf dem Vogelspielplatz sitze und hunger habe, kann ich einfach zum Käfig hinfliegen, es kommt kein Bus vorbei. Ich kann auch alleine hingehen, Sandra muss nicht mitgehen. (Achim hungert echt, bis man ihn dann wieder hinträgt.) Und die Näpfe, die gestern abend im Käfig hingen, hängen morgens wieder voll da. Ich muss nicht blöd auf der Tür sitzen und die Körner angucken, ob sie vielleicht rausgelaufen kommen, ich muss reingehen...
6) Wenn die anderen fliegen, brauche ich nicht weinen, ich muss nur mitfliegen, dann weiß ich, was die so machen und muss nicht hinterher brüllen.
7) Wenn die Nymphine Harald Engelchen macht, ist sie glücklich und hat es wichtig. Ich muss keinen hysterischen Anfalll bekommen, von der Couch fallen und gleich wieder drei Stunden nicht essen.
Und von diesen Übungen haben wir noch mehr, die wir jeden Tag durchziehen. Es wird ein harter Weg. Für Eure Tips dankbar sende ich Grüße, Sanny

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