Das Sonntagsmenü - eine Zwischenbilanz
Wie jeder liebende Tierhalter beschäftigte mich der Gedanke, wie ich meinen Wellensittichen ihr Leben abwechslungsreicher und interessanter gestalten könnte. Alle Versuche mit Spielzeug, Vogelbäumen und Spielplätzen hatten nur mäßigen Erfolg. Da kam mir die Idee – warum es nicht eigentlich mal mit dem Essen versuchen. Schließlich lassen wir uns alle gerne mit gutem Essen verwöhnen. Das dürfte bei Tieren nicht anders sein. Darüber hinaus wird eine leckere Mahlzeit gelegentlich auch als Erlebnis empfunden. Deshalb wollte ich meinen Wellensittichen etwas bieten, was ihnen nicht nur schmeckt, sondern auch ihre Neugierde weckt, sich immer wieder neu anfühlt auf den Füßchen ebenso wie auf der Zunge, sie manchmal auch herausfordert – kurzum Abwechslung eben. So eröffnete ich vor einem Jahr in unserem Forum einen Thread mit Namen “Leichte Küche zum Naschen und Spielen“. Ein Jahr lang habe ich meinen Thread gehegt und gepflegt wie ein kleines Pflänzchen, habe mich viel mit Ernährung beschäftigt, mich mit anderen Usern, die im Thread mitgemacht haben, über Ernährung ausgetauscht, bin manchmal über Irrtümer aufgeklärt worden und habe auch viel Neues erfahren. Die wichtigste Rolle übernahmen aber – wie könnte es anders sein - meine Wellensittiche. Sie zeigten mir unmissverständlich, was bei ihnen gut ankommt und was nicht. Dabei haben sie mir so manche Überraschung geboten.Nach einem Jahr möchte ich gerne eine kleine Zwischenbilanz ziehen und Euch von den Erfahrungen berichten und den Regeln, die ich für mich daraus abgeleitet habe.
WENIGER IST MEHR!
Auf dem Wochenmarkt mit seinem üppigen Angebot an Kräutern, Obst und Gemüse ist man doch leicht versucht, möglichst viele verschiedene Obst- und Gemüsesorten auf einmal anzubieten. Mir schien es mit der Zeit so, als seien meine Wellensittichen von diesem Überangebot doch leicht überfordert. Also reduzierte ich mit und mit die Menge und stellte den Frischkostteller nur mit maximal drei verschiedenen Gemüsesorten zusammen. Auch bekamen sie nicht mehr mehrmals in der Woche Frischkost, sondern nur noch zum Wochenende. Für meine Wellensittich habe ich damit das richtige Maß gefunden.
BITTE OHNE AUGEN, NASE UND MUND!
Bei der Überlegung, mal ein Essen anders anzurichten, ist man schnell bei dem Gedanken, das Gericht mit einem lustigen Gesicht zu verzieren.
Dem Apfel, der ganz mit Hirse bespickt war, hatte ich ein Gesicht aus Süßholzraspel und -stangen verliehen. Stolz präsentierte ich meinen Hirseigel, fand ich ihn doch sehr gelungen. Ganz im Gegensatz zu meinen Wellensittichen. Deutlicher hätten sie mir gar nicht zeigen können, dass sie ihr Gericht doch bitte ohne Augen, Nase und Mund serviert bekommen möchten. Von vorne traute sich niemand an das merkwürdige Wesen heran. Als sie sich dem Apfel näherten und plötzlich ein Gesicht darin erkannten, war ihnen deutlich der Schrecken anzumerken. Die Hirse war trotzdem sehr verlockend. Mit langen Hälsen versuchten sie ein paar Körnchen vom Rücken des Igels, also eigentlich von der Hinterseite, zu ergattern. Bei soviel Aufregung habe ich den Apfel natürlich schnell entfernt. Dass das Unbehagen nicht an der Größe des Apfels lag, habe ich wenig später erfahren. Ich bot die Frucht wieder an. Diesmal war der Apfel mithilfe eines Apfelkernentferners durchlöchert und mit Körnchen befüllt. Für meine Wellensittiche war es natürlich sehr spannend, herauszufinden, was in diesen Löchern versteckt war. Ganz nebenbei wurde aber auch etwas vom Apfel genascht.
ANSTATT IN DIE HÖHE LIEBER IN DIE BREITE!
Ich habe dann weiter herum probiert und versucht das Prinzip des Futtersuchens umzusetzen. Daher bot ich einen kleinen Turm aus Zucchini an, der stellenweise ausgehöhlt und mit Körnern und Kräutern befüllt war.
Schnell war klar, dass der Turm für meine Wellis einfach zu hoch war. Also besser in die Breite gehen, war schließlich die Devise. Die Futterbar aus Zucchini ist im Gegenzug wieder gut bei meinen Tieren angekommen.
DAS GLEICHE SCHMECKT IN ANDERER FORM ANDERS!
Wer wüsste es wohl nicht. Das Gleiche schmeckt in anderer Form anders. Der Meinung sind wohl auch meine Wellis, wenn sie sich genüsslich über die geraspelte Möhre hermachen, während Möhre am Stück wohl nur zum Schreddern zu gebrauchen ist. Also bot ich die verschiedenen Gemüsen mal in einer anderen Form an, z.B. als Gurkenröllchen, das mit Kresse befüllt und mit zwei Schnittlauchhalmen zusammengebunden war.
Dass geraspeltes Gemüse bei meinen Wellis sehr gut ankommt, habe ich ja bereits erwähnt. Also presste ich an einem Sonntag die geraspelten Möhren, denen ich einige Körner untermischte, zu Pellets. Den Teller hatte ich mit Ringelblumen und Borretsch verziert. Beides gehört zu den Kräutersträußchen, die man am Gemüsestand auf dem Wochenmarkt kaufen kann. Dass diese Pellets so begeistert aufgenommen wurden, damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet. In der Form sollte man das Gemüse aber nicht zu oft anbieten, denn durch den Flüssigkeitsentzug gehen auch kostbare Nährstoffe verloren.
Natürlich durchstöberte ich auch die Haushaltsabteilungen der Kaufhäuser, um über feilgebotene Küchenutensilien auf neue Ideen zu kommen. Eines Tages entdeckte ich dort den Spiralschneider. Mit dem Spiralschneider kann man aus dem Gemüse spaghettiartige Streifen schneiden. Meine Tiere lieben es, wenn ihnen so Zucchini und Möhren angeboten werden. Diese Gemüsestreifen lassen sich prima zusammen an einen Zweig befestigen.
Auf dem nächsten Foto sehen die angebotenen Gemüsestreifen fast wie "Spaghetti Bolognese" aus. Das Gemüse ist allerdings roh und darunter befinden sich einige Körnchen.
Den Spiralschneider gibt es auch mit glatter Klinge. Damit kann man lustige "Girlanden" aus dem Gemüse zaubern. Die wecken immer gleich die Neugierde meiner Lieblinge.
WAS IST DENN DARIN VERSTECKT?
Es liegt in der Natur der Wellensittiche in der Erde zu wühlen und nach Essbarem zu suchen. Um diesem angeborenen Verhalten Raum zu geben, habe ich versucht, manche Menüs als Suchspiele zu kreieren. Diese weckten natürlich die Neugierde der Tiere. Das Zucchinitöpfchen stieß auf großes Interesse, obwohl kaum ein Welli sich getraut hat, tiefer mit dem Kopf hineinzugehen.
Auch bei dem nächsten Gericht blieb man lediglich beim Kerbel. Dafür haben aber meine Wellis Kerbel als eines ihrer Lieblingskräuter für sich entdeckt.
Der große Hit waren die Zucchinitaler, deren Löcher mit geraspelter Zucchini, Gurke und Hazelmöhre befüllt war. Unter dem geraspelten Gemüse waren einige Körnchen untergemischt.
ES DARF AUCH MAL EIN EI SEIN!
Wellensittichen sollte man zur Versorgung mit tierischem Eiweiß gelegentlich auch mal ein hartgekochtes Ei (natürlich abgekühlt) geben. Meine Wellensittiche lieben inzwischen Ei, vor allem wenn sie mit Genuss in das Eiweiß hinein beißen können. Die Eihälften hatte ich ausgehöhlt und schließlich mit geraspelter Roter Beete und kleingehacktem Eigelb befüllt. Dazu gab es etwas Feldsalat.
Auch klein gehackt würden sie Ei niemals stehen lassen. Das zerkleinerte Ei bot ich meinen Tieren an einem Sonntag in kleinen "Hütchen" auch Zucchini an.
LIEBER BUNT!
Natürlich lockt auch die Farbe und macht neugierig darauf, wie das Angebotene wohl schmecken mag, sei es auch nur ein roter Klecks aus geraspelter Möhre
oder aber die "knatsch-bunte" Variation aus Kürbis mit geraspelter Roter Beete, Möhren und Zucchini. Ein besonderer Leckerbissen sind für meine Wellis auch die zarten Blätter des Chicorée.
AUF DIE TAGESFORM KOMMT ES AN!
Meine Wellensittiche haben sich natürlich nicht von Anfang an auf das angebotene Gemüse gestürzt. Es hat einige Zeit gedauert, wenn ich mich recht erinnere ca. 4 Wochen bis sie es angenommen hatten. Ich habe es wieder und wieder versucht. Aber dann war das Eis gebrochen. Allerdings kommt es natürlich auch jetzt noch auf die Tagesform meiner Tiere an, ob eines der gezeigten Gerichte angenommen wird oder nicht. Manchmal sind sie begeistert und beim nächsten Mal wird es einfach links liegen gelassen. Wellis haben eben ihren eigenen Kopf. Ganz enttäuscht war ich, dass meine leckeren und befüllten Cocktailtomaten so gar nicht angenommen wurden.
Aber ich werde sie wohl demnächst wieder anbieten und mal sehen, wie meine Wellis dann reagieren.
Doch für Tage, wo gar nichts anzukommen scheint, hält die Natur noch einen Geheimtipp bereit: Gräser. Die gehen immer ganz unabhängig vom Geschmack und von der Tagesform unserer Tiere.
Wer nun Lust bekommen hat, seinen Wellensittichen auch mal das Gemüse etwas anders zu servieren oder wer noch gar keine Erfahrung mit Frischkost gemacht hat, sollte folgende Empfehlungen und Hinweise beachten:
1. Wellensittiche, die weder Frischkost noch Grünfutter kennen, sollten langsam an diese Nahrung herangeführt werden, da sich der Magen-Darm-Trakt der Tiere erst darauf einstellen muss.
2. Das Gemüse muss spätestens nach ca. 6 Stunden wieder entfernt werden, da es schnell verdirbt. Für Obst gilt eine noch kürzere Verweildauer im Käfig. Verdorbenes Obst und Gemüse können zu schwerwiegenden Erkrankungen bei Wellensittichen führen.
3. Obst sollte nicht an Wellensittiche verfüttert werden, die unter dem Verdacht stehen, an Megabakteriose erkrankt zu sein. Da Obst sehr zuckerhaltig ist, fördert es den Ausbruch dieser Erkrankung.
4. Viele Kräuter enthalten ätherische Öle. Daher dürfen Kräuter nur in geringen Mengen und nicht zu oft an Wellensittiche verfüttert werden.
5. Bitte keine Pilze verfüttern. Pilze können im Magen-Darm-Trakt verklumpen und führen im schlimmsten Fall zu Darmverschluss.
6. Der Verzehr von Rote Beete spiegelt sich natürlich auch in den Ausscheidungen wieder. Deshalb nicht erschrecken, wenn Kot und Urin ein bis zwei Tage später rot verfärbt sind.
7. Es ist gut, immer etwas Heilerde zum Einnehmen oder Bene-Bac-Pulver in der Welliapotheke zu haben, falls eines der Tiere anfangs mit leichtem Durchfall reagiert.
Wenn man diese Empfehlungen beachtet, dürfte dem Knabberspaß der Tiere wohl nichts entgegenstehen.
Ich wünsche euch viel Freude beim Zubereiten und viele neue Ideen für eine abwechslungsreiche Ernährung eurer Wellis.
sweet4
Der Artikel wurde am 05.04.2014 von veröffentlicht in der Kateogie: Ernährung im Blog.
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Nele aus Bremerhaven (05.04.2014 - 20:12)
Die Gerichte sind total schön hergerichtet, da werde ich demnächst auch mal ein paar Sachen ausprobieren :)
Damit könntest du ja glatt ein Rezeptebuch für Welli-Menüs zusammenfassen!
Damit könntest du ja glatt ein Rezeptebuch für Welli-Menüs zusammenfassen!
Dido aus Rheine (06.04.2014 - 12:05)
Ich möchte einfach nur
Danke
sagen für Deine tollen Kreationen und für diese gute Zusammenfassung in diesen Artikel.
Danke
sagen für Deine tollen Kreationen und für diese gute Zusammenfassung in diesen Artikel.
Traven aus Geesthacht (11.04.2014 - 21:49)
Super! Du bist immer wieder eine Inspiration.
chotty aus Braunschweig (15.03.2015 - 13:50)
Klasse. Ich glaube bei uns wird es bald auch mal so Gemüse geben und nicht nur als Stück mit der Wäscheklammer befestigt.