Wellensittich - Oder die Kunst des Telefonierens !
Wer kennt es nicht ? Das Telefon klingelt und während man verzweifelt zu hören versucht , wer sich am anderen Ende der Leitung befindet, trällern die kleinen,australischen Quatschtüten fröhlich ihr Wellensittich Lied. Das dies nicht nur unweigerlich dazu führt kein Wort mehr desjenigen zu verstehen, der uns versucht zu erreichen, sondern auch bei selbigem für einen mittelschweren Hörschaden sorgt, ist als Nebenerscheinung der Kunst des Telefonierens zu bezeichnen.Doch was bewegt die kleinen Quasselköpfchen nur dazu immer dann am lautesten zu zetern, zu singen, zu rufen und zu schnattern, wenn wir versuchen zwischenmenschliche Kommunikation zu betreiben ? Haben sie sich insgeheim etwa verschworen um ihre Federlosen ganz für sich alleine zu vereinnahmen ? Treiben sie diese durch ihre Zwitscher-Isolations-Methode vielleicht gezielt dazu sich nur noch um die Federbällchen zu kümmern ?
Nein, all diese scherzhaften Fragestellungen sind nicht die Antwort auf das Verhalten der Wellis.
Es liegt in der Natur dieser Vögel, dass sie sich durch eine vertraute Geräuschkulisse dazu animiert fühlen fleißig mitzuzwitschern. Es ist ein Zeichen des Wohlbefindens und der Geborgenheit und signalisiert sozusagen keine andere Botschaft als „ Es ist alles supi und wir fühlen uns pudelwohl...oder sagen wir lieber, welliwohl !“ Somit kann ja niemand wirklich böse sein, wenn die kleinen Tratschköppe einfach nicht den Schnabel halten können.
Immer wieder war mir jedenfalls aufgefallen, dass meine Wellensittichbande genau dann besonders animiert zu quasseln begann, wenn ich selbst ein Gespräch startete. Sei es wenn Besuch da war oder eben meinerseits der Versuch gestartet wurde ein Telefonat im Zimmer zu führen, in dem auch die Wellis ihr Unwesen trieben. Alles habe ich in so manch verzweifelter Stunde versucht.
Ein kurzes „Psst“ half genauso wenig wie ein länger gezogenes „still seiiiiiiiiin“. Telefonieren mitten am Tag in abgedunkeltem Zimmer schien mir nicht die perfekte Lösung und viel mehr Möglichkeiten außer das Verlassen des Zimmers haben nie zum längerfristigen Erfolg geführt.
Sehr belustigt haben meine Freunde, Verwandten, Arbeitgeber sowie sonstige Menschen die jemals die Ansage meiner Mobilbox gehört haben festgestellt, dass selbst hier meine Wellis das letzte Wort hatten und sich kurz vor dem obligatorischen „Piep“ der Bandansage, mit einem Zwitschern verewigt haben. Jemals zu leugnen, dass sich Wellensittiche in meiner Obhut befänden, war also seit Einrichten meiner Mobilbox unmöglich gewesen.
Auch mein damaliger Vermieter, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht mein Vermieter war, hatte somit den Beweis, dass die Angabe von damals 7 Wellensittichen auf dem Auskunftsbogen wahrheitsgemäß ausgefüllt wurde. Er nahm die Sache sehr sportlich und begrüßte die Bande immer persönlich, wenn er einmal im Jahr zum Ablesen der Wasseruhr vorbei kam.

Dass sich aus Telefonaten nach Welliart allerlei interessanter Gespräche ergeben können zeigt folgendes Erlebnis. Meine Chefin rief genau in dem Moment an, als ich in mitten meiner hungrigen Wellis stand, die um ihre Körnerration bettelten. Jeder der Wellis schon einmal kurz vor dem „Hungertod“ erlebt hat, weiß was passiert wenn sie die ersten Körnchen entdecken. Ein wildes Geschrei und lautes Gezwitscher, munteres Geflatter und eine Federlose die händeringend versucht wenigstens sinnhaft einen Zusammenhang in den Worten zu erkennen, welche die Chefin da gerade verständlich machen will. „Dienst übernehmen, kranke Kollegin, aha... Eine recht lustige Erfahrung, nannte es meine Chefin damals noch, als sie das Gezwitscher am anderen Ende endlich mal live miterleben konnte. Weniger lustig war dann aber schon die Erfahrung sich beim fluchtartigen Verlassen des Zimmers bei genau diesem Telefonat, die Zehe so am Türrahmen anzuschlagen, dass man danach einen Termin zum Röntgen ausmachen muss und die Chefin erst einmal mit schmerzverzerrter Stimme und einem „Autsch“ vertröstet. Während man dann auf Nachfrage beim Arzt erläutert wie man zu dieser Verletzung gekommen sei, wird klar, dass auch die Arzthelferin ebenfalls Wellensittiche besitzt und die Telefonproblematik kennt. Beim Entfernen des Tapeverbandes eine Woche später bringt man dieser dann als kleines Dankeschön selbstgebackene Wellikeske mit. Woraufhin sie einen Unfallmeldebogen der Krankenkasse überreicht, in dem es um die Beschreibung des Unfallherganges geht. Ob eine Zweit oder Drittperson an diesem Unfall der zur Verletzung geführt hat beteiligt gewesen sei, wird darin erfragt. Es geht dabei um Haftungsrechtliche Kostenübernahmen. Nunja, wenn man es genau nimmt könnte man nun mit ein wenig Phantasie so einiges einschreiben. Aber da ich schlecht meine Chefin für das etwas unglücklich verlaufene Telefonat verantwortlich machen oder gar meine Wellis als Mitverantwortliche Unfallbeteiligte eintragen kann, gebe ich tapfer die geschönte und sachlich unlustige Realität zu Protokoll. Lustig wäre es sicher dennoch gewesen. Denn spätestens wenn mich die Bearbeiterin der Krankenkasse versucht hätte telefonisch zu erreichen um die Kontaktdaten der beteiligten Personen Anton Welli, Fridolin Sittich und Paula Schreihals zu erfragen, hätte ihr die Mobilbox einen deutlichen Hinweis auf den Verbleib der Beteiligten gegeben.
Auch eine letzte kleine Anekdote will ich nicht vorenthalten.
Falls jemand einmal ein äußerst unangenehmes Telefonat mit einem weniger sympathischen Menschen führen muss, den man nicht so schnell davon überzeugen kann das Telefonat wieder zu beenden, gibt es eine kleine und feine Lösung. Sie mag vielleicht dem ein oder anderen etwas gemein erscheinen, jedoch ist sie trotzdem äußerst wirksam und funktioniert außer bei resistenten Co-Federlosen absolut bombensicher !
Anstatt wie sonst den Raum zu verlassen, macht man es sich in mitten des schnatternden Wellischwarmes gemütlich und wartet einfach ab. Wenige Minuten reichen dem Gegenüber oft schon aus um genug zu haben von dem Geschnatter, welches unaufhörlich durch den Hörer bis in die Tiefen des Gehörganges gelangt. Spätestens nach 8 Minuten zeigt sich erfahrungsgemäß ein massives Drängen des Gegenübers um das Telefonat zum Ende zu bringen und kein Versuch der Welt kann in diesem Fall davon abhalten, dass schon weitere 3 Minuten später ein verräterisches „Tut-tut-tut-tut-tut“ zu hören ist.
Ihr seht, es ist schon ein Abenteuer mit Wellensittichen unter einem Dach zu leben, mit ihnen im gleichen Raum zu telefonieren kann wirklich zur Kunst werden.
In diesem Sinne hoffe ich euch alle mit den kleinen leider schon lange zurückliegenden Erlebnissen etwas zum schmunzeln gebracht zu haben. Ärgert euch nicht über die schnatternden kleinen Federchen sondern freut euch, dass sie euch so manches Lächeln aufs Gesicht zaubern.
Denkt dabei immer an die Kunst des Telefonierens.
Eure Ive
Der Artikel wurde am 12.03.2014 von Ive84 veröffentlicht in der Kateogie: Geschichten.
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Greyhorse aus Augsburg (01.09.2021 - 20:27)
Ach, dieser Moment, wenn man WhatsApp-Nachrichten an die gesetzliche Betreuung aufnimmt und die Federbande, so laut sie kann, jede Nachricht versaut..