Wellensittiche und ihre ganz besonderen Liebesbeweise
So manches Mal, wenn ich in der Vergangenheit meine kleinen Wellensittiche beobachtet habe, ist mir eines besonders aufgefallen. Wie quirlig diese doch so kleinen Federmänner sind und auf welch besondere Weise sie miteinander umgehen. Bei einer Truppe von 13 Wellensittichen kann man so einiges beobachten. Unweigerlich entwickelten sich mit der Zeit auch Pärchen und einzelne Wellis wurden sozusagen zu einem unzertrennlichen Doppelgespann.In meinem wilden 13er Schwarm haben sich mit der Zeit so einige Konstellationen ergeben. Und man kann durchaus Unterschiede im Umgang zwischen den einzelnen Vögeln erkennen sowie das tatsächliche Wesen erkennen, das so jedem individuellen Wellikopf entspringt. Fridolin, der Welli den ich bereits am längsten hier beherbergte, hatte ich eigentlich immer als treuen Partner eingeschätzt. Jahre lang war er treu an Bellas Seite zu finden, und zwar nur an Bellas Seite. Alle anderen Hähne wurden vertrieben und für nichts anderes hatte der kleine hellblaue Hahn Augen, als nur für seine hübsche, australische Schecke Bella, die er über alles zu lieben schien. Die beiden tobten miteinander, flogen um die Wette,eroberten und verteidigten den Korkenzieherhasel und vereinnahmten diesen als gemeinsame Liebesresidenz ganz für sich und sie machten auch sonst so ziemlich alles gemeinsam.

Nicht schlecht staunte ich, als durch das Aufstocken von Sissi und Franz noch einmal neuer Schwung in den Schwarm kam. Augenblicklich und vom ersten Tag an, verlor Fridolin, der kleine, quirlige Hahn das Interesse an Bella und hatte fortan nur noch eine im Sinn. Sissi. Eine hübsche, etwas pummelige Halbstandard Albinohenne, die so ziemliche Probleme hatte fliegend ihr neues Reich zu erobern. Doch diese Startschwierigkeiten sowie die paar Gramm zu viel auf den Wellirippen, hielten den schlanken und zierlichen Hansibubi Wellihahn nicht davon ab im Sturzflug ihr Herz zu erobern.
So war es aus mit der Welliliebe zwischen Bella und Fridolin und wenn ich ehrlich bin, tat mir die zurückgebliebene Bella nun schon etwas leid. Doch bevor es dazu kam schien Franz sich für die neu frei gewordene Henne zu interessieren und ließ sich ebenfalls nicht davon abbringen, die etwas zickige Dame immer wieder anzubalzen. Franz, der gelbe Lutinohahn, der kein richtiger Lutino ist, da ihm die roten Augen fehlen, hatte Jahre lang zusammen mit Sissi alleine gelebt und erfolglos immer wieder probiert diese für sich zu gewinnen. Die pummelige Eisprinzessin hatte jedoch nie wirklich Interesse an ihm gezeigt und ihn im wahrsten Sinne des Wortes immer wieder eiskalt abblitzen lassen. Da bekommt der Begriff „Blitzeis“ eine ganz neue Bedeutung – schmunzel. So war Franz also Kummer gewohnt und konnte aufgrund langjähriger Zickenerfahrung nach wenigen Wochen Bella seine Henne nennen.
Auch im restlichen Schwarm gab es noch einige Pärchen. Julius, ein hellblauer Spangle, der Fridolin zum verwechseln ähnlich sah und Anton ein hellgrüner Hellflügel hatten trotz Geschlechtergleichstand wohl zueinander gefunden und Anton wurde unter Julius Dominanz zur „Henne“. Peter, der dunkelblaue Opalinhahn erschien mir während der ganzen Zeit immer als Schürzenjäger, der jede Henne für sich beanspruchte, die nicht bei Drei auf dem Ast war... Egal ob Emma, eine graue Schönheit, Gretel die australische Schecke in hellblau und creme, Bella sofern Franz nicht in der Nähe war, Rudi eine Halsbandschecke oder Jule die dicke Gewitterzicke. Alles war Peter willkommen. Und sofern sich wirklich einmal keine Henne überzeugen ließ, musste eben der Seilknoten herhalten, den er wie seinen Augapfel verteidigte. Auch der große graublaue Standardhahn Ernst hatte mittlerweile sein Glück gefunden und wechselte zwischen der grauen Maus Emma und der blau-gelben Schecke Jule. Je nachdem welche der beiden ihn gerade gewähren ließ. Da Ernst sehr groß ist, war es sehr amüsant ihm beim versuchten Liebesspiel zu beobachten. Zwar war das Aufsteigen auf die kleinen Hansibubi Hennen oft kein Problem, doch konnten diese armen Geschöpfe sich unter der Last des großen Liebhabers einfach nicht lange auf dem Ast halten und kippten entweder vorwärts oder rückwärts über. Ernst strich oft nach mehrfachen Versuchen völlig entnervt die Segel und versuchte sich mit Schimpfen und lautem Zetern abzureagieren. Der arme kleine Kerl. Den Rest der Bande konnte man beim bunten Durcheinander beobachten und so die unterschiedlichen Arten an Liebesbeweisen unter Wellis schnell erkennen.

Während die Liebesbeweise von Julius gegenüber Anton auf kurzes Gebalze, deftige Liebesbisse, Schwanzfeder ziehen und den vollzogenen Liebesakt beschränkten, konnte man bereits bei Franz und Bella einen deutlichen Unterschied erkennen. Die beiden schienen ein sonderbares Paar. Während Königin Bella auf ihrem Stammplatz residierte, war ihr Ergebener Franz immerzu damit beschäftigt wild um sie herumzuhopsen und sie mit allerlei mitgebrachten Körnchen, Möhrenraspel oder Gurke zu versorgen. Die Königin entschied dann, ob sie diese milde Gabe annahm, oder sie ignorierte. Dies tat sie übrigens meistens. Franz war gut genug dafür das Kopfgefieder stundenlang zu kraulen und mit dem Schnabel jedes einzelne Federchen zu sortieren, aber viel mehr war da selten zu machen. Manchmal war auch zu beobachten, dass sie sich erst den Schnabel füllen ließ, dann aber den armen verliebten Körner-Kurier zickig mit Hacken in die Flucht schlug. Unfair, diese Hennen...
Auch Jule zeigte sich gegenüber ihren Liebhabern oft mehr als zickig. Ohne ein paar Körnchen für die Dame hatte Ernst keine Chance. Erst Cash, dann vielleicht mehr, schien ihre Devise. Keine Körnchen, keine Aussicht auf Erfolg. Die Gewitterzicke wusste eben was sie wollte. Wenn dann Ernst etwas enttäuscht zu seiner Ausweichhenne Emma kam, die mit ihrem milden Wesen eigentlich immer für ein paar mitgebrachte Körnchen oder einen gemeinsamen Ausflug zu haben war, dann schien die Welt wieder für den stattlichen Standard in Ordnung. Er übersäte seine Geliebte mit wildem Balzgehabe und mehr oder weniger liebevollen Liebesbissen um sie zu animieren und ihr seine Liebe zu zeigen. Letztendlich scheiterte dies jedoch immer wieder an der Gleichgewichtsproblematik und der arme Ernst hat sicher so manche Enttäuschung schon heraus geschimpft.

Die wohl in den Augen einer weiblichen Federlosen romantischste Beziehung konnte man jedoch zwischen dem ehemals treuen – heute untreuen Fridolin und seiner Eiskönigin erkennen. Die beiden schienen richtig ineinander verliebt und auch wenn Sissi immer alle Mühe hatte ihren wuchtigen Körper in die Lüfte zu erheben, so versuchte sie ihrem Frido zu folgen wohin er auch flog. Auch wenn dies des Öfteren eine weniger gekonnte Bruchlandung beinhaltete. Saß Sissi dann schreiend auf dem Boden, dauerte es nur Sekunden bis Fridolin, ihr Retter zu ihr geflogen kam und ihr Fluggewicht gleich noch einmal mit einer riesigen Portion hochgewürgter Körnchen erhöhte. Erst danach konnte es wieder weiter gehen.
Doch ganz ehrlich, so kavaliermäßig romantisch und harmonisch mir diese Wellibeziehung auch erschien, sich vom Liebhaber in den Hals k..... zu lassen... oder gar einen oder mehrere heftige Liebesbisse ertragen zu müssen, das übersteigt meine Vorstellung von Romantik und Liebe bei weitem. Spätestens hier würde meine Liebesgefühle erkalten und durch Gefühle unter- und überschwelligen Ekels ersetzt werden. Mit verzogenem Gesicht und einem mit Dankbarkeit erfüllten Herzen, dass ich Single, Mensch und keine Wellensittichhenne bin, wechsle ich den Fokus und lasse meine Blicke zu den restlichen Schwarmmitgliedern schweifen.
Das bunte Treiben bei 13 Wellensittichen zuzusehen ist immer wieder sehr spannend. Es gibt allerlei zu erleben und zu beobachten, wenn man den kleinen australischen Sittichen ermöglicht ein Leben mit Freiflug und mit gleichartigen Partnern zu leben. Egal ob zu zweit oder im größeren Schwarm, es ist wundervoll die Eigenheiten jedes einzelnen Vogels zu beobachten, kennenzulernen, sie mit der Zeit zu verstehen und zu deuten. Das Wesen, das jeder Vogel dabei an den Tag legt und ihn auszeichnet als meist dickköpfiges, kleines Individuum bereichert den Tag und das Leben eines jeden Federlosen ungemein. Seien es die kleinen, kecken Liebesbeweise wie Schwanzfederziehen oder gegenseitiges Kraulen, oder aber auch die wilden Zickereien zwischen Hennen die sich einen Hahn teilen, oder zwischen Hähnen die um eine Henne kämpfen... es wird sicher niemals langweilig. Auch wenn ich wie gesagt zu dem Schluss gekommen bin, dass eine menschliche Liebesbeziehung die für mich persönlich angenehmeren Liebesbeweise enthält, möchte ich diese den kleinen Schürzen – oder besser Federjägern nicht vorenthalten.
In diesem Sinne wünsche ich euch und euren Federchen eine wundervolle Zeit miteinander und euch als Federlosen viel Spaß und Freude beim Beobachten der kleinen Geier.
Eure Ive
Der Artikel wurde am 26.03.2014 von Ive84 veröffentlicht in der Kateogie: Verhaltensblog.
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