Leben mit der Diagnose Tuberkulose
Im April haben wir die Diagnose Mykobakterien (Tuberkulose) für unsere Wellis erhalten. Ich möchte euch in diesem Artikel erzählen was wir nach der Diagnose erlebt haben und wie es unseren Wellis seit dem geht.Wie kam es zu der Diagnose?
Angefangen hat alles, dass es Hansi kurz vor Ostern schlagartig schlechter ging. Alle unsere Wellis wurden zu der Zeit mit Ampho behandelt. Mittwochs Abends war es uns das erste Mal aufgefallen, dass Hansi nach der Medizingabe schwer geatmet und gepumpt hat. Wir haben es auf den Streß durchs Fangen geschoben und er hatte sich auch recht schnell wieder beruhigt. Am nächsten Abend hatte es sich aber schon bereits so verschlimmert, dass wir gegen 20 Uhr noch losgefahren sind und ihn zum Notdienst in eine Vogelklinik gebracht haben. Er wurde dort stationär aufgenommen. Leider hat keine Behandlung angeschlagen und keine Medizin mehr geholfen. Samstag haben wir den Anruf erhalten, dass Hansi verstorben ist.Da das bereits unser dritter toter Welli in diesem Jahr war, haben wir beschlossen ihn untersuchen zu lassen. Wir wollten sicher sein, dass für unsere anderen Wellis keine Gefahr besteht und Hansi keine ansteckende Krankheit hatte. Bei der Untersuchung ist die ungewöhnlich veränderte und vergrößerte Leber aufgefallen, sowie Veränderungen an Lunge, Milz und Luftsäcken. Für die Tierärzte war ein Tumor an der Leber oder auch an den Hoden am wahrscheinlichsten. Durch die Neugier einer Tierärztin wurden noch weitere Untersuchungen veranlasst. Ein paar Wochen nach dem Tod von Hansi kam das Ergebnis. Es wurden säurefeste Stäbchenbakterien in den Abstrichen gefunden worden. Diese Bakterien könnten theoretisch auf mehrere Krankheiten hindeuten, die häufigste und wahrscheinlichste ist aber, dass es Mykobakterien sind, also Tuberkulose. Die Tuberkulosebakterien wurden bei Hansi in der Leber und der Milz nachgewiesen. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sie bereits mit dem Kot ausgeschieden hat, ist gering, da im Darm keine Bakterien gefunden wurden. Es muss also nicht sein, dass sich unsere anderen Wellis angesteckt haben.
Die genaue Bestimmung der Mykobakterien haben wir aber nicht in Auftrag gegeben.
Hygienehinweise und sonstige Empfehlungen der vkTÄ
Die Tierärztin aus dem Labor hat uns das Ergebnis per Mail mitgeteilt und wir haben dann auch noch mal telefoniert. Bei den meisten Mykobakterien weiß man nicht, ob sie auf den Menschen übertragbar sind, um ganz sicher zu gehen, geht man immer von dem schlimmsten Fall aus und handelt dementsprechend. Sie hat uns folgende Hinweise zum Umgang mit der Krankheit genannt:- bisher keine Fälle bekannt, dass sich ein Mensch von einem Welli angesteckt hat
- trotzdem Krankheit als Zoonose eingestuft
- Vorsicht bei älteren und immunsupprimierte Menschen, Kinder und Schwangere
- keine neuen Wellis aufnehmen, da die Krankheit ansonsten nie ganz ausgeschlossen werden kann und neue Wellis sich auch anstecken könnten
- ggf. Wellis in anderes Zimmer umsiedeln
- Hände desinfizieren
- Reinigungsmanagement anpassen
Unsere Reaktion auf die Krankheit
Diese Diagnose war erst mal ein rechter Schock für uns. Tuberkulose war mir bis dahin nur bekannt als Krankheit bei Menschen. Wir haben daraufhin im Internet recherchiert und teilweise voneinander abweichende Empfehlungen gefunden. Das ging vom sofortigen Einschläfern des kompletten Schwarmes bis zu Abwarten und den Wellis ein schönes Leben bis zu ihrem Ende ermöglichen.Auch wenn es für mich ein Schock war, so bin ich aber nicht in Panik verfallen. Für Aufregung in der Familie hat die Krankheit aber auf alle Fälle gesorgt. Wir wurden dann gefragt, ob wir nicht doch vorsichtshalber alle Wellis einschläfern lassen wollen. Das wurde aus Angst um unsere Gesundheit gesagt und ich habe es niemanden verübelt, aber das kam für uns überhaupt nicht in Frage. Letztlich wissen wir nicht genau wann sich Hansi abgesteckt hat und wie lange er schon bei uns mit den Mykobakterien gelebt hat. In dieser Zeit waren wir täglich mit den Wellis zusammen im Wohnzimmer und haben uns nicht angesteckt. Für mich selbst hatte und habe ich keine Angst mich anzustecken.
Von der Tierärztin wurde uns gesagt, dass viele Vogelbesitzer nach dieser Diagnose ihre Tiere in einem extra Raum unterbringen. In einem Vogelzimmer hält man sich nicht so viele Stunden täglich auf und so würde die Ansteckungsgefahr verringert. Wir haben uns entschieden, dass unsere Wellis trotzallem weiterhin im Wohnzimmer wohnen dürfen.
Nach dem die erste Aufregung wegen der Krankheit sich gelegt hat, habe ich weiter im Internet recherchiert und mir weitere Infos eingeholt. Geholfen hat es mir mit anderen betroffenen Wellihaltern zu sprechen. Ihre Erfahrungen mit der Krankheit zu hören und wie sie damit umgehen. Aber auch was tun sie, um ihre Wellis beim Kampf gegen die Bakterien zu unterstützen, wie haben sie die Wellis untergebracht und wie gehen sie mit Besuch um. Das Ganze hat mich in meiner Meinung bestätigt, dass unsere Wellis noch eine schöne Zeit bei uns haben können und wir uns durch die Diagnose nicht zu verrückt machen lassen sollten.
Untersuchung aller Wellis
Kurz nach der Diagnose Tuberkulose waren wir mit all unseren Wellis zur Untersuchung beim vogelkundigen Tierarzt. Die Angst war doch groß, dass alle die nächste Zeit ebenfalls starke Atemprobleme bekommen werden und daraufhin sterben. Zu unserer Erleichterung ist das bisher nicht eingetroffen. Niko, Snow, Fipsy und auch Benno wurden alle abgehorcht und abgetastet. Die Herren waren komplett unauffällig (bis auf ihr Übergewicht), die beiden Damen wurden geröntgt. Auf dem Röntgenbild konnte man gut sehen, dass Snow eine vergrößerte Leber und Fipsy eine vergrößerte Niere hat. Die veränderten Organe waren für unsere vkTA ein eindeutiges Zeichen, dass die zwei Mädels sich bei Hansi mit den Mykobakterien angesteckt haben. Das war noch mal ein leichter Schock, aber letztlich können Wellis auch ohne Tuberkulose Probleme mit den Nieren und der Leber bekommen. Also haben wir die zwei Damen mit Silymarin, Hepar Comp. und Renes Viscum behandelt.Zusätzlich wurde noch eine Sammelkotprobe von allen Wellis auf Mykobakterien untersucht. Im Labor wurden keine Bakterien im Kot gefunden. Da aber Mykobakterien nicht immer mit dem Kot ausgeschieden werden, ist dieses negative Ergebnis leider nicht aussagekräftig. Sie können die Bakterien trotz allem in sich tragen. Ähnlich wie bei anderen Erkrankungen, z. B. Megabakterien oder PBFD, ist ein sicheres Ergebnis nur ein positives.
Bei einer Nachkontrolle nach 10 Wochen hatte sich bei Snow und Fipsy die Organvergrößerungen gebessert. Die Organe haben nicht stark hervorgestochen und waren beim Abtasten okay. Es wurde uns empfohlen beide nicht Röntgen zu lassen, da es für beiden nur Streß bedeutet hätte und das am Ergebnis auch nichts verändert.
Aber hundertprozentig weg ist es bei beiden nicht. Snow, wie auch Fipsy, haben Phasen, in denen sie ruhiger sind, wobei das bei Snow häufiger vorkommt als bei Fipsy. Sie legt sich auch schon mal hin zum Ausruhen. Nach der Untersuchung der Tierärztin war Snow fix und fertig und hat erst mal ein Nickerchen im Transportkäfig gemacht. Aber man muss auch dazu sagen, dass Snow nicht mehr die Jüngste ist und es auch am Alter liegen könnte. Insgesamt nehmen sie aber beide noch voll am Leben teil und genießen es. Fipsy düst mit Benno durch die Gegend und lässt sich von ihm anbalzen und füttern. Snow erklettert sich alles, balzt sogar zwischen durch mal einen Ast an, schmust mit Niko und bekommt auch ihr Köpfchen gekrault. Momentan sind beide fleissig am Kork schreddern.
Bei den zwei Wellis, die vor Hansi verstorben waren, wird nun im Nachhinein vermutet, dass sie Mykobakterien hatten und deswegen gestorben sind. Das kann sein, muss aber nicht. Kleiner und auch Nico waren beide ältere Herren und gerade Kleiner hat schon lange gegen die Megabakterien gekämpft. Aber natürlich kann es auch sein, dass die Medikamente nicht mehr richtig gewirkt haben, weil sie Tuberkulose hatten. Das ist aber alles nur Spekulation, da keiner der zwei Hähne nach seinem Tod untersucht wurde.
Hygiene
Übertragen werden die Mykobakterien über den Kot. Daher ist es wichtig regelmäßig den Käfig, die Äste und sonstige Spielsachen zu reinigen. Wir reinigen die Äste täglich von Kot mit einem feuchten Tuch. Den Käfigboden haben wir mit Küchenpapier ausgelegt und Buchenholzgranulat drauf. Das wechseln wir zweimal die Woche. Die Tücher unter den üblichen Sitzplätzen werden einmal die Woche ausgetauscht.Zu unserem eigenen Schutz desinfizieren wir unsere Hände nach dem Reinigen und Kontakt mit Kot. Zusätzlich desinfizieren wir regelmäßig häufig berührte Flächen, wie Lichtschalter und Fenster-/Türgriffe.
Zoonose - Ansteckungsgefahr für Menschen
Tuberkulose gilt als Zoonose, d. h. theoretisch kann die Krankheit vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Nachgewiesen werden konnte eine Übertragung bisher aber noch nicht. Als Vorsichtsmaßnahme informiere ich jeden der uns besucht über die Krankheit, vorallem die Eltern von Kindern. Jeder soll selbst entscheiden können, ob er ins Wohnzimmer zu unseren Wellis geht. Einige haben sich entschieden, dass wir uns dann lieber bei ihnen treffen und andere betreten das Zimmer ohne Bedenken.Mein Cousin und seine Frau haben im April eine Tochter bekommen. Kinder und vorallem Babys zählen zur Gruppe derer, die besonders gefährdet sind sich anzustecken. Zu ihrer Sicherheit verzichten wir darauf, dass die Familie uns besucht, sondern wir treffen uns lieber bei ihnen. Wenn wir sie besuchen, dann haben wir frisch gewaschene Kleidung an und uns vorher die Hände daheim desinfiziert. Unsere Geburtstage feiern wir seit der Diagnose Tuberkulose bei uns im Keller, so kann auch jeder dabei sein.
Behandlung der Wellis
Eine Behandlung gegen Mykobakterien gibt es für Wellis nicht bzw. wird nicht empfohlen. Beim Menschen wird mit verschiedenen Antibiotika gleichzeitig und über mehrere Jahre behandelt. Das wollte ich keinem Welli antun mit dem ständigen Fangen und auch die Belastung durch die Medikamente. Wichtig ist aber das Immunsystem der Wellis zu stärken, damit keine Sekundärerkrankungen den Vogel noch weiter schwächen. Dafür bekommen unsere regelmäßig Propolis.Fazit
An dem schnellen Tod von Hansi haben wir gesehen was für eine schlimme Krankheit es sein kann. Aber es sind nicht alle Wellis sofort dran gestorben. Viele andere Krankheiten führen früher oder später auch zum Tod und letztlich müssen wir alle irgendwann diese Welt verlassen. Wenn man die Diagnose bekommt, sollte man nicht in Panik verfallen und vorallem finde ich es unnötig fitte Wellensittiche einzuschläfern. Die Vorsichtsmaßnahmen, vorallem zum eigenen Schutz, sollte man einhalten und auch keine gesunden junge Wellis neu aufnehmen in den Schwarm.Wir wissen nicht, ob sich unsere Wellis mit den Mykobakterien wirklich angesteckt haben. Man kann somit nie wissen, wie viel gemeinsame Zeit wir mit unseren vier Wellis noch haben werden. Wir versuchen aber nicht die ganze Zeit an diese Krankheit zu denken, sondern unbeschwert die Tage zu genießen. Man kann es nicht immer aus seinen Gedanken vertreiben, aber wir versuchen es.
Alles Gute für eure Wellis ... vorallem ganz viel Gesundheit.
Melanie
Der Artikel wurde am 13.10.2017 von MelliW veröffentlicht in der Kateogie: Gesundheitsblog.
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Cami aus (15.10.2017 - 13:22)
Hallo Melli,
vielen Dank für diesen sehr guten und informativen Bericht über eine noch recht unbekannte Krankheit. Ich wünsche euch noch eine lange und schöne gemeinsame Zeit mit euren Wellis.
Liebe Grüße, Carmen
vielen Dank für diesen sehr guten und informativen Bericht über eine noch recht unbekannte Krankheit. Ich wünsche euch noch eine lange und schöne gemeinsame Zeit mit euren Wellis.
Liebe Grüße, Carmen
Pezzy aus Bottrop (17.10.2017 - 18:11)
Hallo Melli,
danke für diesen sehr informativen Artikel. Ich hoffe er macht anderen betroffenen Wellihaltern etwas Mut und trägt zur Aufklärung bei. Ich wünsche euch noch eine lange gemeinsame Zeit mit euren Wellis.
danke für diesen sehr informativen Artikel. Ich hoffe er macht anderen betroffenen Wellihaltern etwas Mut und trägt zur Aufklärung bei. Ich wünsche euch noch eine lange gemeinsame Zeit mit euren Wellis.
MelliW aus Fulda (17.10.2017 - 18:26)
Vielen Dank, ihr zwei.
Susi87 aus München (21.02.2018 - 22:11)
Vielen Dank für den Beitrag - ich hab die Diagnose auch für meinen Ziegensittich bekommen... es ist nicht einfach damit klar zu kommen...
Freewelli aus München (19.03.2018 - 20:49)
Vielen Dank für den ausführlichen und informativen Bericht. Habe heute den Bericht der Tierklinik bekommen, das einer meiner Wellis vor kurzem an aviärer Tuberkulose verstorben ist. Mykobakterien wurden nachgewiesen. Empfohlen wird eine Kotuntersuchung der Partnertiere. Werde ich machen lassen. Hatte im ersten Moment Angst um meine anderen Wellis. Nach dem Lesen des Beitrages bin ich jetzt etwas erleichtert. Mich würde interessieren, wie geht es ihren Wellis momentan? Herzliche Grüsse!
MelliW aus Fulda (19.03.2018 - 20:53)
Hallo Freewelli, tut mir sehr leid, dass dein Welli verstorben ist und es diese Diagnose gab. Alles Gute für die restlichen Wellis.
Meinen vier Wellis geht es sehr gut. Keiner hat irgendwelche Anzeichen, dass sie auch Mykobakterien haben. Es wurde nichts im Kot gefunden und sie zeigen auch kein Symptome. Wir haben unseren Schwarm im Januar diesen Jahres sogar um vier weitere Wellis aufgestockt, die ebenfalls Kontakt zu einem Welli mit nachgewiesenen Mykobakterien hatten.
Meinen vier Wellis geht es sehr gut. Keiner hat irgendwelche Anzeichen, dass sie auch Mykobakterien haben. Es wurde nichts im Kot gefunden und sie zeigen auch kein Symptome. Wir haben unseren Schwarm im Januar diesen Jahres sogar um vier weitere Wellis aufgestockt, die ebenfalls Kontakt zu einem Welli mit nachgewiesenen Mykobakterien hatten.
Freewelli aus München (19.03.2018 - 21:19)
Freut mich sehr, dass es Deinen Wellis gut geht. Das macht mir Hoffnung. Alles Gute!
Susi87 aus München (19.03.2018 - 21:21)
Hallo auch aus München, bei meiner Henne wurde auch Tbc nachgewiesen und bei ihrem Partner aber bislang nicht... stattdessen wurde bei ihm jetzt Mykoplasmen gefunden :/
Freewelli aus München (19.03.2018 - 21:33)
Im Endeffekt kann man als Wellibesitzer nicht mehr tun als auf Hygiene und Auffälligkeiten zu achten. Leider kommt dann meist jede Hilfe zu spät, aber wenigstens müssen Tiere nicht unnötig lange leiden und können erlöst werden