Wünsche eines Wellis im Tierheim
Was ich mir von meiner/meinem Federlosen wünsche:Hallo, mein Name ist *Mr. X* und ich sitze hier im Tierheim, weil ich wohl irgendwas angestellt habe. Ich versteh auch nicht ganz was schief gelaufen ist…
Mein voriger Besitzer hat mir andauernd wenn ich im Käfig saß, die Hand unter den Schnabel gehalten oder mit dem Finger an meine Brust gedrückt. *Na los, hüpf schon drauf!* hat er immer gesagt. Wenn ich bloß wüsste, was er damit gemeint hat – er spricht ja eine ganz andere Sprache als ich! Und einen gefiederten Freund hatte ich ja auch nicht – der hätte mich ja vielleicht beruhigen können.
Bin dann halt immer vor der Hand weggeflogen, aber er hielt sie mir wieder und wieder hin. Nach einiger Zeit des hin und her Flatterns war ich dann immer total aus der Puste und hab mich am Käfiggitter festhalten müssen. Mein Besitzer hat mich ganz böse angeguckt. Bin dann ganz starr geworden vor Furcht und mein Herz hat geklopft bis zum Hals…
Und dann, irgendwann hatte ich mal so viel Angst, dass ich einfach an seiner Hand vorbei durch das offene Käfigtürchen geflüchtet bin. Die Panik war groß und ich hörte durch das angekippte Fenster verlockendes Vogelgezwitscher. Also hab ich nicht lange nachgedacht und bin dort raus geflogen.
Da draußen saß ich dann und war plötzlich völlig orientierungslos. Mein Besitzer war nicht zu sehen, fast glaube ich, er hat noch nicht mal nach mir gesucht... Ich flog durch die Gegend, rief nach Artgenossen und wusste nicht wohin. In der Nacht wurde es immer bitterkalt. Ich war eine ganz schön lange Zeit da draußen, und ganz ehrlich – das war auch nicht viel besser, als zuvor. Ich hatte Hunger, war auch allein und musste sogar ein paar Mal vor solch schnurrbärtigen Vierbeinern flüchten, die sich hinterrücks an mich angepirscht hatten. Hatte zwar immer versucht, mich gut zu verstecken, aber meine leuchtend gelben Federn haben mich dann wohl doch verraten…
Nach ein paar Tagen war ich völlig erschöpft und saß unter einer Hecke, durchnässt und frierend.
Kann mich gerade noch daran erinnern, wie langsam weiße Flöckchen vom Himmel fielen.
Ich war soo müde und bemerkte kaum, wie ein Mensch ein Tuch über mich warf und mich packte.
Ich war viel zu schwach um mich zu wehren…
Na ja, auf jeden Fall hat er mich dann hier im Tierheim abgegeben – und nachdem ich vom Tierarzt wieder aufgepäppelt wurde, lebe ich nun seit einigen Wochen in einer kleinen Voliere.
So schlimm ist es hier gar nicht, auch wenn wir etwas wenig Platz zum fliegen haben. Denn immerhin habe ich hier endlich wieder andere Wellis als Gefährten gefunden mit denen ich mich den ganzen Tag in meiner Sprache unterhalten kann! Das möchte ich nicht mehr missen und ist mir das Allerwichtigste!
Doch dann, auf der anderen Seite, sind ständig andere Federlose bei uns und wir können uns gar nicht recht an einen einzigen davon gewöhnen. Gut, sie sind alle nett zu uns und lassen uns meist in Ruhe, aber mal kommt eben ein Großer, mal ein Kleiner und dann wieder ein ganz anderer Mensch.
Und auch unsere Gruppe von Wellis verändert sich ständig – mal müssen uns plötzlich Freunde verlassen und ab und an ist auch schon ein neues Federbällchen dazu gekommen. So ein richtig heimeliges, wohliges Gefühl ist also bisher hier leider nicht aufgekommen…
Ich wünschte, es würde sich ein Federloser in mich verlieben und mich mitnehmen. Und dann könnte ich endlich verstehen, was ein *Zu Hause* ist. Allerdings nur, wenn dort auch schon mindestens ein gefiederter Welli-Freund auf mich wartet – oder gerne auch mehrere…
Und da, im neuen *Zu Hause* wäre es dann auch schön, wenn sich hauptsächlich derselbe Federlose um uns kümmert, das Futter und Wasser wechselt, sauber macht und sich mit uns beschäftigt – das würde mir etwas mehr Sicherheit geben… Und wenn ich dann weiß, wer unser Federloser ist und dass er uns nichts aufzwingen möchte, dann würd ich ihm vielleicht auch mal etwas vorsingen!
Dürfte ich mir weiter etwas wünschen, dann wäre das eine größere Voliere – und die sollte am besten in einem Zimmer stehen, wo mir mehr Platz haben und ordentlich fliegen können. Es würde mir so gut tun, wenn ich meine Flügel mal wieder so richtig weit ausstrecken kann. Manchmal träum ich schon davon, wie ich blitzschnell meine Runden drehe, in einem Zimmer, wo ich nicht hinter die Schränke fallen, oder in Blumenvasen rutschen kann und in dem nicht diese schnurrbärtigen Tiere reinkommen vor denen ich mich so fürchte…
Und ein Fenster wäre auch schön – mit Sitzgelegenheit davor: denn da könnten wir beobachten, was draußen so alles passiert. Außerdem kriegen wir dann mit, ob es regnet oder die Sonne scheint und wann Tag und Nacht ist.
Kann mich noch daran erinnern, wie es war, draußen auf echten Bäumen zu sitzen. Nun, ich möchte so gerne auch zu Hause mal auf solchen Ästen sitzen! Mit dünnen und dicken Stellen die den Füßen so gut tun und Rinde die man abknabbern kann. Wenn dann auch mal das ein oder andere Blatt dran bleibt, dann wäre es ja schon fast paradiesisch…
Und wenn wir vielleicht noch ein paar schöne Spielplätze außerhalb der Voliere bekommen könnten, auf denen wir landen, wippen und nagen können? Oder solch Seil-Spiralen, die an der Decke hängen und auf denen man so lustig schaukeln kann? Das wär schon mal ganz, ganz toll!
Wenn es nicht zu viel verlangt ist, würde ich mich auch darüber freuen, wenn ich mal ein Stück Gurke zum futtern bekommen könnte. Oder Salat, den mag ich auch so gerne! Oh, oder auch mal ein Apfel-Schnitz?? Die sind ja fast am leckersten! Ach, und Möhre mag ich auch und einer meiner Freunde hier im Tierheim hat mir von Wildgräsern vorgeschwärmt, die er früher mal im Frühjahr probieren durfte. Die müssen wohl auch sehr gut schmecken – würd ich gerne mal versuchen…
Wo wir gerad beim Futter sind – wir Wellis brauchen ja vor allem Körner. Nun, es wäre super, wenn es viele verschiedene Körnerchen gäbe, denn wir lieben eine große Auswahl! Und es muß auch nichts weiter drin sein, in den Körnern. Also vielleicht Gräser oder so, aber auf Zucker, Honig und Bäckereierzeugnisse würden wir gerne verzichten. Denn wir möchten schon auf unsere schlanke Linie achten und es soll ja auch nicht gerade gesund sein…
Und beim Thema Gesundheit komme ich zu meinem nächsten Wunsch: wenn es mir mal schlecht gehen sollte, dann möchte ich bitte unbedingt zu einem Tierarzt, der sich auch mit Vögeln auskennt! Denn wir Wellis mögen nicht so gerne zum Arzt (da geht es uns nicht anders als euch) – aber wenn es notwendig ist, dann sollte er wenigstens wissen, wie wir untersucht und behandelt werden müssen. Damit wir auch so schnell wie möglich wieder gesund werden können!
Da hab ich nämlich schon schlimme Geschichten gehört – von abenteuerlichen Untersuchungen und manch einer meiner Freunde hat sogar schon Kumpels verloren, weil sie ein falsches Medikament bekommen haben… Davor habe ich schon Angst, also bitte: wenn ich Dir wichtig bin, dann lasse uns eine kompetente, schnelle und gezielte Behandlung durch einen Vogel-Fachmann zukommen. Dafür verspreche ich Dir, dass ich notfalls auch lange Transportstrecken tapfer mitmachen werde, ok?
So, nun hab ich aber genug geträumt! Hab ja fast verpasst, dass da eine Federlose vor unserer Voliere steht und uns beobachtet hat. Der muß ich doch noch schnell schöne Augen machen!!
Na super – zu spät! Sie dreht sich um und geht weg – schade, hat wohl schon wieder nicht geklappt.
Huch, was ist denn nun? Da kommt einer zu uns rein und hat einen Kescher dabei!! Oh je – ich glaube der meint mich?? MICH!!!
Ehe ich mich versehe, sitze ich schon in einer kleinen Box. Die Federlose die uns vorhin noch zugeschaut hat, spricht ganz leise mit mir: „Hallo mein Süßer! Hab keine Angst. Jetzt kommst Du in ein schönes zu Hause, mit Artgenossen, Freiflug und gutem Futter. Nur noch ein paar Tage Quarantäne und ein ganz kurzer Tierarztbesuch, ok? Und dann wird alles gut, wirst sehen.“
Ihre Stimme hört sich ja beruhigend an, aber trotzdem schlägt mir mein Herz bis zum Hals. Ich verstehe ja nicht was sie sagt! Was passiert jetzt bloß? Wo komme ich hin?
Oh bitte, bitte – wünscht mir Glück und das sich meine Träume nun erfüllen, ja!? Dann werde ich auch ein braver Welli sein, singen, toben und Unfug anstellen – Versprochen!
Und vielleicht, wenn ich ganz viel Vertrauen habe und mutig bin, tja, vielleicht hüpfe ich dann ja auch mal ganz freiwillig auf ihren Finger…
Schöne Grüße – Euer aufgeregter *Mr. X*
Anmerkung: *Mr.X* (so wurde er im Tierheim genannt, weil er am 24.12.2009 - also an X-Mas - gefunden wurde) heißt jetzt Sunny und ist ein fröhlicher, wunderschöner und aufgeweckter Welli-Hahn, der nun ein sicheres zu Hause auf Lebenszeit bekommen hat!
Der Artikel wurde am 05.07.2012 von veröffentlicht in der Kateogie: Geschichten.
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Skibbi aus Großensee (05.07.2012 - 14:35)
was für eine traurige Geschichte mit Happy End.
Schön, dass sein Traum jetzt in Erfüllung gegangen ist.
Ich hoffe, es werden noch viele Wellies aus dem Tierheim erlöst und finden ein schönes zu Hause.
L. Gr.
Schön, dass sein Traum jetzt in Erfüllung gegangen ist.
Ich hoffe, es werden noch viele Wellies aus dem Tierheim erlöst und finden ein schönes zu Hause.
L. Gr.
komma29 aus Hessen (05.07.2012 - 21:27)
ist das süß geschrieben ... und schön für Sunny, dass er jetzt so ein gutes Zuhause gefunden hat!!!
2 Federlose aus FFB (13.07.2012 - 21:02)
Was für eine schöne Geschichte und noch dazu eine Wahre. Auch wir haben unser Lucy vom TH. Sie ist das Beste was uns passieren hat können.
Jacky1990 aus Bremen (01.10.2013 - 12:03)
Danke für diese schöne Geschichte - mir kamen die Tränen! Wunderbar, wenn die Würmchen ein solches Happy End erleben dürfen! Auch hier danke, dass ihr Sunny zu euch geholt habt. :-* Ich wünsche euch eine wunderschöne Zeit mit euren Schätzen!