Wellensittiche und Antibiotika
Oder: Über den verantwortungsbewussten Umgang mit dem *Allheilmittel* AntibiotikaLeider kommt es vor, dass ein Wellensittich auch mal krank wird. Wenn man als aufmerksamer Vogelhalter seine Schützlinge gut kennt und beobachtet, schrillen also häufig bei Auffälligkeiten (wie z. B. Durchfall, Würgen, Schläfrigkeit usw.) alle Alarmglocken.
Wie bekannt ist, sind Wellensittiche sehr gute Schauspieler, wenn es darum geht ihren angeschlagenen Gesundheitszustand zu verbergen. Deshalb ist es bei Krankheitssymptomen unerlässlich, möglichst schnell einen vogelkundigen (!) Tierarzt aufzusuchen um rechtzeitig behandeln zu können.
Antibiotikum immer notwendig?
Häufig kommt dann, vor allem bei bakteriellen Infektionen, Antibiotika als Medikament zum Einsatz – was auch bei medizinischer Notwendigkeit durchaus angebracht ist. Jedoch sollte man sich auch als Vogelhalter darüber im Klaren sein, dass Antibiotika kein ungefährliches *Wundermittel* ist. Im Gegenteil, es bedarf sogar einiger Überlegungen, bevor man seine Federbällchen damit behandelt.So sollte man den Veterinär ruhig fragen, wie stark der Befall durch die festgestellten Erreger ist und ob er eine Behandlung mit Antibiotika zwingend empfiehlt. Bei leichtem Befall, kann zumindest anfangs oft noch versucht werden, mit anderen Arzneimitteln zu behandeln, die z. B. auf homöopathischer Basis beruhen. Auch können manchmal unterstützende Aufbaupräparate wie z. B. Lactobazillen die beginnende Krankheit kurieren helfen. Denn nur ein Immunsystem, das auch ab und an mal selbständig gegen eine Krankheit ankommen muss, kann auch zu einer starken und vor allem stabilen körpereigenen Abwehr-Mauer werden. Davon angesehen, hat natürlich auch ein jedes Antibiotikum eventuelle Nebenwirkungen, die man so vermeiden könnte.
Sieht der Fachmann jedoch keine Alternative oder lässt es der schlechte Gesundheitszustand des Vogels einfach nicht mehr zu – dann sollte man natürlich die Verschreibung von Antibiotika als beste Möglichkeit zur Heilung ansehen.
Nur mit Antibiogramm
Doch auch dann, würde ich aus eigener, bitterer Erfahrung heraus, IMMER auf einen vorherigen Resistenztest bestehen. Für diesen Test, auch Antibiogramm genannt, werden meist mittels eines Kropf- oder Kloakenabstriches Kulturen des Erregers gewonnen. Diese werden dann in einem Labor auf speziellen Nährböden angezüchtet und genauestens bestimmt. Denn es gibt auch bei Bakterien ganz viele verschiedene Arten – so sind Colibakterien nicht gleich Colibakterien, und Kokken nicht gleich Kokken…Ist die genaue Art des Bakterienstammes festgestellt worden, ermittelt das Labor anschließend noch, auf welches Antibiotikum dieser spezielle Erreger am empfindlichsten reagiert. Bei der Vielzahl an Bakterien und der Vielzahl der zugelassenen Antibiotika, kann es sonst durchaus vorkommen, dass auch das *beste* Breitband-Antibiotika nicht hilft, da die Bakterien dagegen resistent (immun) sind.
Meist dauert eine solche Laboruntersuchung nur wenige Tage und man hat dafür anschließend die Gewissheit, dem Vogel auch das erwiesen wirksamste Medikament zu geben. Die Chancen einer schnellen Genesung stehen so natürlich um ein Vielfaches höher, als ohne ein Antibiogramm.
Wenn es dem gefiederten Liebling ganz arg schlecht geht, ist es leider manchmal unumgänglich, dass bereits vor dem Ergebnis des Resistenztests ein Antibiotikum gegeben wird. Quasi auf *Verdacht* und in der Hoffnung, dass die Erreger darauf empfindlich sind. Diese Entscheidung sollte man im Zweifel immer als *Erste Hilfe*-Maßnahme sehen. Und wenn dann das Laborergebnis vorliegt und herauskommt, dass das eingesetzte Medikament nicht wirksam ist, kann man ggf. auf ein anderes Antibiotika umstellen.
Nur, wenn ohne(!) Abstrich und ohne(!) Test ein Antibiotika gegeben wird und dieses offensichtlich nicht wie gewünscht wirkt – dann kann man leider so schnell keinen aussagekräftigen Resistenztest mehr machen lassen. Denn das zuvor eingesetzte, unwirksame Medikament würde das Testergebnis mit großer Wahrscheinlichkeit verfälschen.
Die richtige Medikation beachten
Auch mit der verordneten Dosis und der empfohlenen Verabreichungsform (meist oral, direkt in den Vogelschnabel geträufelt), sollte man als Federloser nicht nachlässig sein. Es ist enorm wichtig, sich genau an die Anweisungen des Tierarztes zu halten! Bitte hierbei keine Experimente oder gar das Mittel frühzeitig absetzen, weil es dem Welli ja vermeintlich schon wieder sooo gut geht.Denn eine fehlerhafte Medikation kann schnell dazu führen, dass doch noch einige, wenige Bakterien überlebt haben und nun Resistenzen gegen das jeweilige Antibiotikum bilden. Flugs hat sich wieder ein neuer Bakterienstamm gebildet, der stärker ist als zuvor.
Vielleicht habt ihr schon mal von den gefährlichen, multi-resistenten Keimen beim Menschen gehört, die auf keinerlei Antibiotika mehr ansprechen und leider immer häufiger zu Todesfällen führen? Nun, die gibt es nicht nur im Bereich der Human-Medizin. Auch bei den Veterinären zählen sie zu den *Schreckgespenstern* mit steigender Tendenz. Und genau diese gefürchteten Krankheitserreger werden durch vorschnelle bzw. inkonsequente Behandlungen mit Antibiotika *geboren*.
Fazit
1. Der Einsatz von Antibiotika sollte gemeinsam mit dem Tierarzt genau abgewägt werden2. Immer VOR der Medikation einen Abstrich für’s Antibiogramm machen lassen
3. Exakt an die Verordung des vkTA‘s halten, wann, wieviel und wie lange das Medikament gegeben werden muß
Wenn diese drei einfachen Regeln von jedem Vogelhalter beherzigt werden, dann hätten wir alle etwas davon! Denn: die Piepser entwickeln ein stabileres Immunsystem, werden durch den gezielten Einsatz von Antibiotika schneller wieder gesund und man verhindert die Bildung gefährlicher und ansteckender Keime.
Eine kurze Anmerkung OT sei mir in diesem Zusammenhang noch erlaubt: Was für unsere Wellensittiche gilt, sollte in gleicher Weise auch für die Antibiotika-Therapie beim Menschen gelten!
In diesem Sinne: auf ein gesundes Vogel- (und Menschen-)leben!
Der Artikel wurde am 14.09.2012 von veröffentlicht in der Kateogie: Gesundheitsblog.
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