Rückblick auf ein Leben mit Wellensittichen
Bisher war ich fast nie ohne Wellensittich, ich wuchs mit ihnen auf. Großvater hatte im Garten eine recht große Voliere ... so aufgeteilt, dass es drei einzelne waren. In der einen waren die Hühner, in der anderen die Krummschnäbel und in der dritten die Spitzschnäbel. In einigen Käfigen im Vorraum waren die Kranken und die Findelkinder, Dohlen, Krähen und alles was ihm an verletzten und kranken Vögeln gebracht wurde. Er ließ nach ihrer Genesung alle wieder frei, bis auf die "behinderten", die draußen nicht überleben würden. Die meisten kamen immer wieder zu Besuch, holten sich ihre Leckerchen ab. Eine Dohle kam irgendwann sogar mit ihrem derweil flügge gewordenem Nachwuchs.In Opa´s Küche waren Coco, ein Nyphensittich und im anderen Käfig Peterle, ein Wellensittich. Beide waren zahme, sprechwillige und -begabte Vögel. Peterle wurde tatsächlich 20 Jahre alt ... trotz mehr oder weniger Einzelhaltung. Coco verweigerte die Nahrungsaufnahme als Opa starb und folgte ihm. Damals war ich jung, unerfahren und weil ich 400 km weiter weg wohnte, nicht in der Lage, den Bestand zu übernehmen. Mein Traum war immer eine eigene Zucht, aber die ständigen beruflich bedingten Umzüge machten diesen Wunsch utopisch.
Zuerst hatte ich einen Wellensittich, dat Hansi ... abgeschoben von einer Bekannten. Im laufe der Zeit wurden es dann vier ... zwei weitere Abgabetiere und einer flog auf dem Balkon zu, als die drei draußen standen. Alle kamen auf die Hand, waren verspielt und recht rege. Im Laufe der Jahre wurden sie träger, zwei flogen kaum noch und wenn, nur kurze Strecken, aber sie waren gesund. Nach und nach verstarben später altersbedingt und relativ kurz nacheinander, da wollte ich keinen Vogel mehr.
Damals war das noch nicht so, dass sich viele Menschen einen Kopf darum gemacht hätten, wie groß die Käfige sein sollten, wie viele Stunden Freiflug die Tiere haben sollten. Ich war der festen Überzeugung, sie hatten es gut bei mir. Ca. zwei Stunden am Tag Freiflug, Löwenzahn, Salat, Apfel, Banane und natürlich Körnerfutter, Hirse und andere übliche Leckereien. Nicht anders, als ich es von Opa mit seinem Peterle erlebt habe.
Ca. 3 Monate später bekamen wir einen Wellensittich, den wieder mal jemand nicht mehr haben wollte. Auch er hieß Hansi. Der Käfig stand in der Küche auf dem hohen Kühlschrank. Immer die Küchentür schließen, weil es ja nun auch Katzen gab. Natürlich hab ich das zeitweilig vergessen und irgendwann schepperte es, und der Käfig lag unten. Gottlob ist nichts passiert ... außer, dass mir klar wurde, dass ein großer Käfig auf Rädern her muss. Gesagt, getan ... Käfig gesucht und auch gekauft. Eine Voliere, natürlich nur mit Längsstreben, wohl von Großvater wissend, dass Wellis Querstreben brauchen, aber ich ließ meine Bedenken gerne vom Verkäufer zerstreuen, zumal wirklich keine Volieren mit Querstreben zu bekommen waren. Wir haben zwei Tage lang alles abgeklappert, was in irgendeiner Weise Vogelkäfige führte, das Branchenbuch rauf und runter, aber nichts war.

Hansi bekam einen Platz im Wohnzimmer vor dem Fenster, blühte sichtlich auf, trotz der Neugierde der Katzen. Es dauerte nur einige Wochen, dann klingelte es. "Im Öjendorfer Park ist ein Wellensittich auf dem Baum, der kann da nicht bleiben, der stirbt doch draußen. Kannst du nichts machen?" Na toll, ich kann auch nicht auf Bäume kraxeln und mir dann einen Sittich schnappen und wieder runterkraxeln, wie soll das gehen. Aber dann kam mir die Idee, Hansi in seinen alten Käfig zu stecken und mit ihm zum Park zu fahren. Hansi hatte mit Autofahren keine Probleme, das war eh ein eigenwilliger, neugieriger und aufgeweckter Vogel. Eine halbe Stunde später war Hansi nicht mehr alleine, er hatte eine Partnerin gefunden. Beide hatten sich schnell angefreundet und es lief alles prima. Zwei in so einem großen Käfig, da gehen bestimmt auch 4 rein. Gesagt, getan, noch zwei dazugeholt aus der Zoohandlung.

Das war dann wohl einer der größten meiner Fehler, nur brauchte ich Jahre, um das zu begreifen. Die 4 verstanden sich superschnell supergut. Die Katzen wurden stundenweise ausgesperrt, die Vögel hatten ihren Freiflug im 30 m² großen Wohnzimmer, notgedrungen den ganzen Tag, da sie nur bei Dämmerung wieder gemeinsam in den Käfig gingen. Da ich berufstätig war, waren sie teilweise alleine im Raum. Das Schließen der Wohnzimmertür habe ich auch nie vergessen. Wie meine Tapeten nach einer Weile über dem Fensterbrett aussahen, können sich einige von Euch sicherlich vorstellen. Heiß geliebt waren auch die "Affenschaukeln" der Lampen. Dementsprechend sahen auch Tisch und Fußboden aus, wenn ich wieder heim kam. Die Begeisterung von Männe über die neuen Muster der Tapeten hielt sich anfangs in Grenzen, aber er ließ sie dennoch gewähren, wenn er es sah. "Wir müssen es eh irgendwann neu machen, dann können sie uns wenigstens das Abreißen ersparen" nahm er es mit Humor.
Es dauerte genau 5 Wochen bis das erste Jungtier sich aufplusterte, einen kranken Eindruck machte, Durchfall hatte und binnen von 24 Stunden verstarb. Es lag im Käfig, Blut rann aus Nase und Schnabel, die Kloake war verschmiert. Ich packte den Vogel ein, ging zum Tierarzt. Er stellte fest, dass der Vogel gänzlich abgemagert war und er schickte ihn ein, um zu sehen, woran er verstorben war. Man fand die Ursache angeblich nicht. Ich weiß genau, sie haben gefressen. Derweil war der zweite Vogel erkrankt, trotz Gang zum TA verstarb auch er binnen von 2 Tagen. Die Zoohandlung meinte nur, wir sollten das tote Tier vorbeibringen, für den bekämen wir Ersatz. Na super, das macht die beiden auch nicht mehr lebendig und außerdem waren beide beim Tierarzt abgegeben worden. Aber auch beim zweiten Vogel gab es keine Ergebnisse.
Die Zoohandlung wurde 8 Wochen später geschlossen, am vorletzten Tag waren noch 10 Wellensittiche da. Unsere beiden verbliebenen zeigten zwischendrin auch schon Symptome, was sich jedoch mit gekochtem Reis, Ei und Vogelkohle wieder gegeben hatte. Sie machten einen putzmunteren Eindruck. Dennoch, der Kot wurde eingeschickt, aber wieder keine Ergebnisse auf Pilze, Sporen, Bakterien und auch die gängigen Viren seinerzeit wurden ausgetestet. Weiteres auszutesten sei zu teuer und unsinnig, weil man gegen Viren eh keine Wirkung durch Medikamente erzielt. Da mir letzteres einleuchtete, der ganze Spaß beim Tierarzt schon fast 500 DM gekostet hatte,
Na gut, dass sich meine beiden angesteckt hatten, war traurig, aber nicht mehr zu ändern. Aber da Ei und Reis geholfen hat, beide wieder gesund waren, konnte man die restlichen 10 aus der Zoohandlung auch aufnehmen. Die Kloaken waren sauber und bevor sie wer weiß wohin kommen, womöglich erkranken und keiner es merkt oder wenn sie es merken, nicht wissen, was hilft, dann lieber nehmen wir sie. Niemals bin ich davon ausgegangen, dass es ein schlummernder Virus sein könnte, der immer wieder mal erwachte und für Unheil sorgte. Die Vögel blieben lange Zeit putzmunter ohne Probleme.
Nach zwei Jahren, ohne besonderen Grund, erkrankten binnen von zwei Tagen wieder drei Vögel, das bewährte Mittel Ei, Reis und Vogelkohle wirkte Wunder. Sie haben es schnell überwunden.
Keine Ahnung, vielleicht war ich nicht aufmerksam genug, die Anzeichen zu erkennen, einige Wochen später werde ich wach und wunder mich über diese ungewohnte Stille im Haus. Sonst waren die Vögel schon viel früher laut und munter. Irritiert ins Wohnzimmer getippelt, sah ich meine gelbe Lieblingshenne, die über Nacht ins Land des Regenbogens gegangen ist und einen Hahn mit verklebter Kloake. Am Tag zuvor haben sie noch rumgespielt und gesabbelt was das Zeug hält. Der Tag war gelaufen, aber den Hahn bekam ich durch. Immer wieder verstarb im Laufe der Jahre einer der Vögel. Und immer wieder mit Durchfall, es war zum Heulen. Aber es ging ihnen überwiegend gut. Meistens erkannte ich die ersten Zeichen rechtzeitig. Der letzte Welli verstarb Anfang dieses Jahres. Zwei Wochen, nachdem der vorletzte aufgrund seines zweiten Schlaganfalls eingeschläfert werden musste. Ich habe mich nicht getraut, ihm noch einen Gefährten reinzusetzen. Ich wollte nicht, dass ein vielleicht schlummernder Virus auf weitere Vögel überspringt.
Was soll ich sagen, lange habe ich es ohne Welli nicht ausgehalten. Seit drei Wochen sind es wieder zehn. Acht habe ich bei einem Züchter gekauft und wieder einmal konnten wir nicht "Nein" sagen, als zwei Abgabevögel kamen.
Eine Albino-Henne kann nicht fliegen, es fehlen ihr Schwungfedern links ... wahrscheinlich ausgerissen bevor sie hier ankam. Der rechte Fuß scheint nicht so recht zu tun, ist schlaff ... aber gebrochen ist lt. TA. nichts. Vielleicht gibt sich das ja noch. Der Weg zum TA war für sie arg stressig und sie reagierte mit Durchfall. Das große P wie Panik in peraws augen könnt ihr euch sicherlich vorstellen. Donnerstag war ihre Kloake verklebt.
Auch am Donnerstag erkrankte Oldie mit Durchfall, ich dacht ich sterbe. Habe ich doch andere Volieren (endlich kam dieses Jahr eine große mit Querstreben auf den Markt), sie können unmöglich von unseren erkrankten Vögeln angesteckt worden sein. Mikroskopisch fand der TA nichts, nun wurden Abstriche eingeschickt. Und wieder endloses Warten auf die Ergebnisse. Der TA gab mir gegen den Durchfall Bene-Bac-Gel, nach zwei Tagen waren Biene und Oldie wieder symptomfrei. Beide sind wohlauf und mischen mit den anderen ordentlich mit.
Ich hoffen nur, dass diesmal das Ergebnis etwas bringt und möglichst etwas, was man auskurieren kann und uns nicht immer mit der Angst leben lässt, dass immer wieder einer der Wellis unvermutet erkrankt und abmagert. Sie sind nicht so zahm, dass ich sie problemlos anfassen könnte, um zu sehen, ob sie mager werden. Vieles habe ich hier über einige Erkrankungen gelesen, die ähnliche Symptome haben und hoffe für die Wellis, dass sie davor verschont bleiben.
Der Artikel wurde am 17.08.2009 von Welli.net veröffentlicht in der Kateogie: Haltungsblog.
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Susanne aus Hamminkeln (19.08.2009 - 09:24)
Hallo peraw,
puh, eine ergreifende Geschichte
deiner Wellis. Den langen Text fällt mir da gar nicht schwer zu lesen.
Da hast du ja schon eine wahre
Odyssee hinter dir.:(
Ich drücke dir die Daumen für
ein Ergebnis, das allen zur Bes-
serung verhilft. :)
LG
Susanne
puh, eine ergreifende Geschichte
deiner Wellis. Den langen Text fällt mir da gar nicht schwer zu lesen.
Da hast du ja schon eine wahre
Odyssee hinter dir.:(
Ich drücke dir die Daumen für
ein Ergebnis, das allen zur Bes-
serung verhilft. :)
LG
Susanne
Ringelchen aus Welli-net-Forum ;-) (20.08.2009 - 11:16)
Hallo Peraw,
es tut mir so leid, diese ganze traurige Geschichte zu lesen. Aber ich bewundere das wirklich aus vollem Herzen, dass Du (und Deine Familie) sich so für die kleinen Geierchen einsetzt. Ich bin sicher, sie danken es Euch tausendfach :-).
Ich drücke auch ganz fest die Daumen, dass sich alles wieder einrenkt und gut wird!!!
LG,
Ela
es tut mir so leid, diese ganze traurige Geschichte zu lesen. Aber ich bewundere das wirklich aus vollem Herzen, dass Du (und Deine Familie) sich so für die kleinen Geierchen einsetzt. Ich bin sicher, sie danken es Euch tausendfach :-).
Ich drücke auch ganz fest die Daumen, dass sich alles wieder einrenkt und gut wird!!!
LG,
Ela