Warum ich einen Vogel aus dem Tierheim will
Ich habe bereits in einem anderen Blogartikel berichtet, wie und woher ich meine Vögel beziehe und wie ich zu jedem einzelnen meiner 13 Geier kam. Dass dabei jeder meiner wilden Bande ein sogenannter Second Hand Vogel ist. Eben ein Vogel mit Vorgeschichte.Doch warum in aller Welt, gehe ich nicht einfach in einen Zooladen oder kaufe mir einen Wellensittich beim Züchter wie so viele andere? Warum entscheide ich mich immer wieder neu für einen Vogel mit einer Vergangenheit die vielleicht nicht immer ganz so schön war. Weshalb muss es immer ein Vogel aus einer Vermittlung oder einem Tierheim sein? Warum kein Neuer???
Diese Frage bekomme ich ganz oft gestellt. Vor allem von Menschen, die immer noch glauben, dass es wichtig ist, dass ein Vogel immer zahm, zutraulich oder anhänglich sein muss. Was ich vom Thema „Zahmheit“ halte, darauf werde ich irgendwann noch in einem anderen Artikel eingehen.
Für mich persönlich gibt es viele sehr gute und wichtige Gründe, die mich jedes Mal wieder dazu bewegen einem Vogel ein schönes Zuhause zu bieten, der vielleicht oder ganz bestimmt seine ganz eigene Vergangenheit hat. Diese Zeilen spiegeln meine eigene, ganz persönliche Meinung wieder. Was nicht heißen soll, dass sie die allein gültige ist. Jedem steht es frei seinen Vogel dort her zu holen, wo es ihm richtig erscheint. Verantworten kann und soll das jeder selbst. Der Zweck dieses kleinen Berichtes soll lediglich dazu dienen, sich einmal Gedanken darüber zu machen, woher man vielleicht in Zukunft seine Neuzugänge haben möchte.
Meine erste Wellihenne Hansi - vom Züchter als unlebenswert aussortiert
Angefangen hat damals alles damit, dass mein Vater selbst Papageienzüchter war und versuchte durch ein Erhaltungsprogramm Wildfänge zu minimieren, die damals leider noch erlaubt waren. Neben den damals beliebten Papageien wie Amazonen, Graupapageien und Co. lebten in einer Großvoliere auch einige Wellis.Diese kleinen Quatschköpfe hatten es mir schon als Kind besonders angetan und so durften mein Bruder und ich uns irgendwann selbst jeweils einen Welli aussuchen, den wir in der Wohnung halten durften (also zu zweit mit Freiflug, versteht sich natürlich).
Ich weiß noch genau wie ich damals vor der Voliere stand und mich entscheiden sollte. Mein Bruder suchte sich einen jüngeren Vögel aus, ich wollte einen besonderen. Nicht was die Farbe anging, sondern einen Vogel der passte. Also suchte ich mir Hansi aus. Es war eine weiße Henne, die ich eben in meinem frühkindlichen Leichtsinn so nannte.
Jedenfalls war sie eine flugunfähige Dame, die mein Vater irgendwann davor gerettet hatte, dass der Züchter, von dem sie stammte, ihr den Hals umdreht. Leider die Wahrheit. Für die Zucht wurde sie nicht einsetzbar und somit wertlos übernahm mein Vater den kleinen Schneeball damals um ihr noch ein paar schöne Tage in der Großvoliere zu gönnen.
Hansi lebte in der Wohnung zusammen mit Pedder richtig auf. Sie zwitscherte, kraulte liebevoll das Köpfchen des noch jungen Wellis und die beiden waren unzertrennlich. Ich weiß noch wie oft ich vor dem Spielbaum der beiden saß und sie beobachtete. Wusste ich doch genau welche traurige Vergangenheit sie hatte, dass sie eigentlich als „unlebenswert“ eingestuft worden war und nur deshalb eine Chance bekommen hatte, weil da jemand war, dem das Aussehen, der Zuchtwert und die Vergangenheit des Vogels egal war.
Ich glaube, nein, ich bin zutiefst überzeugt davon, dass dies der Schlüsselmoment dafür war, dass ich heute gar nicht mehr anders kann und will, als einen Vogel mit Vergangenheit auszusuchen. Nicht weil ich es muss, sondern weil ich es will und es in meinen Augen nichts schöneres gibt, als zu sehen, wie ein schüchternes oder fehlgeprägtes Tier langsam aufblüht und zu neuem Leben erwacht. Zu dem leben, für das es bestimmt ist. Solche Momente habe ich mit vielen meiner 13 Vögel und auch meinen bereits verstorbenen Geiern erlebt. Es sind Momente die einem für alles entlohnen und einem neue Lebensfreude direkt ins Herz fallen lassen.
Meine Argumente für Second-Hand-Wellis
Hier eine Liste mit Argumenten, die mich persönlich dazu bewegen auch in Zukunft Second-Hand-Wellis aufzunehmen.Sie haben bereits einen gefestigten Charakter und bereichern den Schwarm meist dadurch ungemein. Vögel mit Vergangenheit fanden bisher immer schnell einen festen Platz in der bestehenden Gruppe und fügten sich problemlos ein. Zu sehen, wie sie interagieren und miteinander in Kontakt treten, jeden Tag neu, ist eine echte Freude. Je nachdem kommt ein Neuzugang auch dann in Frage, wenn ein geliebter Vogel verstorben ist. Sinnvoll ist es immer, einen Vogel in ähnlichem Alter anzuschaffen, damit die altersentsprechenden Bedürfnisse auch berücksichtigt werden können. Während man in Zooläden oft nicht weiß, wie alt genau die Verkaufsvögel sind, gibt es oft schon einen passenden Vermittlungsvogel im Tierheim oder dem Vermittlungsthread der Welli.net Portalseite, der genau das richtige Alter hat und auf ein Zuhause bei dir wartet.
Was gibt es schöneres als einem Vogel, der vielleicht bisher nicht so viel Glück hatte, ein tolles Heim zu bieten. Ihm zu zeigen, dass er doch wertvoll ist, auch wenn er das vielleicht bisher nicht erleben und spüren durfte. Nicht immer holt man solche Vögel schnell aus ihrer Scheuheit, aber jeder hat bisher Vertrauen gefasst und sich nach vielen liebevollen Bemühungen darauf eingelassen, den Federlosen als einen Freund zu akzeptieren. Natürlich gibt es auch Vermittlungsvögel mit schöner Vergangenheit, wie meine beiden Kaiserwellis. Es war schön das Gesicht der Federlosen zu sehen, als sie erkannt hat, dass ihre beiden schweren Herzens abgegebenen Pieper auch in Zukunft ein schönes Heim haben werden. Es hat auch einen ganz praktischen Aspekt, wenn man sich für einen Vogel aus dem Tierheim oder der Vermittlung entscheidet. Denn das Angebot bestimmt auf dem Markt die Nachfrage. Kauft jeder seinen Welli nur beim Zooladen oder Züchter, werden die alles dafür tun, um auch weiterhin die Nachfrage zu decken. Es werden unzählige Wellis in die Welt gesetzt, die irgendwann vielleicht ungewollt abgeschoben im Tierheim landen. Nimmst du einen (als Zweit- Dritt- ...Vogel) auf, wirkst du aktiv dieser Maschinerie entgegen. Vielleicht ändert sich kurzfristig nicht viel, aber auf Dauer kann es nachhaltige Folgen haben. Und zwar zum Wohl der Wellis.
Dies alles und sicher noch viele weiter Gründe sind für mich Anlass genug, um mir keinen „neuen“ Welli anzuschaffen, sondern einem „alten“ die Chance zu geben, eine tolle Zeit zu verbringen in meinem Schwarm. Ernst, einer meiner Second Hand Wellis macht mir jeden Tag die größte Freude, wenn ich ihn fliegen sehe. Er konnte es kaum, als er zu mir kam. Denn er fristete sein Dasein in einer kleinen Hubschraubervoliere als Einzelvogel, und hat verlernt seine Schwingen zu nutzen. Apathisch saß er damals da, als er zu mir kam und heute...
Heute lebt er auf. Hat eine Partnerin im Schwarm gefunden, die er mit mittlerweile eleganten Flügen beeindruckt (die ich ihm niemals zugetraut hätte, nachdem ich seine ersten Flugversuche sah). Er zwitschert wie ein glücklicher Wellihahn und macht mit allerlei Quatsch den ganzen Raum unsicher.
Dies ist für mich der stärkste Grund dafür, dass es sich immer lohnt einen Vogel mit Vergangenheit zu kaufen. Getreu dem Motto, nur wer zerknittert ist hat die besten Entfaltungsmöglichkeiten, haben diese Vögel einfach ein besonderes Potential sich zu entwickeln.
Und ihr dürft dabei zusehen!
Das ist ein Privileg!!!
Der Artikel wurde am 20.07.2013 von Ive84 veröffentlicht in der Kateogie: Haltungsblog.
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Saskia aus Essen (21.07.2013 - 01:34)
Ein sehr schöner Bericht...Ich habe auch 4 Abgabewellis und sie sind bei mir aufgeblüht...und wenn einer über die Regenbogenbrücke fliegt ist ein Platz frei für einen neuen Abgabewelli...Gruß Saskia
Barbara aus Sprockhövel (21.11.2013 - 18:09)
Du sprichst mir aus der Seele, die gebrauchten Vögel haben einen unwiderstehlichen Charme, ich würde auch immer wieder ein Tier aus dem Tierheim oder ein Nicht- gewolltes Tier nehmen!
Caro 13 aus St.Leon (21.08.2014 - 17:25)
Sehr beeindruckend... habe mich jetzt auch entschlossen, einem weiteren Gebrauchten eine Chance zu geben. Allerdings hat mich die Abgabeflut allein bei Ebay sehr erschüttert. Damit habe ich nicht gerechnet... Mal sehen, was draus wird und was ich dabei erleben werde. LG Caro
elke aus Hürth (22.08.2014 - 14:48)
Auch wir haben 2 Wellies von Tiere in Not aufgenommen. Eine Beschlagnahme wegen nicht artgerechter Haltung (75 Vögel ohne Wasser und Futter in kleinen Kaefigen und Kästen)eines vogelmessies. Die Beiden fühlen sich so wohl, die Federn glänzen und die Augen leuchten richtig. Auch mit den andern verstehen sie sich gut. Wir haben es nicht bereut!:-)
Ive aus Waghäusel (22.08.2014 - 15:03)
Ich danke allen, die Wellis aus schlechter Haltung oder gar aus dem Tierheim eine Chance und ein liebevolles und schönes Zuhause bieten. Danke !!! Ihr zeigt diesen Tieren echt, dass sie es wert sind geliebt zu werden !