Überzüchtung - ein Blick zurück
Immer wieder hört man das Wort "Überzüchtung", wenn es um Krankheiten unserer gefiederten Freunde geht. Doch was ist damit eigentlich genau gemeint? Und welche Konsequenzen ergeben sich aus Überzüchtung? In diesem Artikel möchte ich einmal einen Blick in die Vergangenheit werfen und schauen, welche Erkenntnisse man daraus gewinnen kann. Ich halte nun wirklich schon sehr lange Wellensittiche, kleinere Pausen mal mit eingeschlossen. Als Kind und Jugendliche (vor etwa 20 Jahren) erlebte ich, dass unsere Wellis, wenn sie krank wurden, in der Regel an Infektionskrankheiten litten. Damals war die tiermedizinische Versorgung eines Vogels jedoch schlecht bis nicht vorhanden; es gab kaum Spezialisten und wenn, dann waren sie meiner Familie nicht bekannt. Besucht wurde der Tierarzt, den es im Ort gab. Den Begriff "vogelkundig" gab es meines Wissens auch noch gar nicht; man war froh, wenn der Tierarzt überhaupt in der Lage war, eine Spritze bei einem so kleinen Geschöpf setzen zu können.Was es auch noch nicht gab:
das Internet. Heute können wir es uns aus unserem Alltag nicht mehr wegdenken; - ja, es bestimmt sogar große Teile unseres Lebens. Das war damals nicht so. Das waren wirklich noch andere Zeiten (man, fühl ich mich auf einmal alt) :-) Vieles wird einem erst richtig klar, nachdem man sich wirklich längere Zeit eingehend und intensiv mit der Wellensittichhaltung beschäftigt. Heute mache ich sehr viele Dinge anders (auch aus einem komplett neuen Verständnis heraus) und lerne dank der Vernetzung täglich von anderen Menschen dazu; dies war vor zwei Dekaden jedoch kaum möglich und da wir die einzigen Wellihalter weit und breit waren, gab es auch keine Freunde, Kollegen oder Nachbarn, mit denen man sich hätte austauschen können. Damals gab es das ein oder andere Sachbuch über Wellis, das wir auch besaßen, aber mehr nicht. In den Büchern wurden Wellis mit Plastikkumpel und Spiegel im Käfig abgelichtet, Einzelhaltung wurde nicht als nicht-artgerecht bezeichnet, Tiere saßen der Hygiene wegen (das war die Hygiene-Zeit!!!) auf gerillten Plastikstangen; es hieß, sie seien durchaus den Streicheleinheiten eines Halters gegenüber aufgeschlossen ("zahm", "zutraulich") und könnten schnell unsere Sprache lernen - bei intensiver Beschäftigung... usw.Wir taten unser Möglichstes, wussten Vieles aber oft nicht besser. Wir waren vor 20, 30 Jahren Vogelhalter mit Herz, aber teilweise ahnungslos. Ich möchte diese Zeit nicht schön reden, aber ich kann sie auch nicht verdammen. Es war einfach so. Krankheiten, ich erwähnte sie zu Beginn, waren meist infektiöser Natur und wurden mit einem Standardantibiotikum und Vitamintropfen durch den Tierarzt behandelt. Einem Teil der Wellis konnte man helfen, einem anderen Teil nicht. Den sehr viel komplexeren Ursachen von Krankheiten kommt man erst seit einigen Jahren auf die Spur. Es gibt mehr als nur Durchfall, "Kropfentzündung" und Französische Mauser. Neben den gefürchteten Bakterien sind mittlerweile auch eine Menge Viren, Parasiten und pathogene Pilze / Hefen bekannt als auch im Umlauf (leider), die eine vielfältige Palette von Krankheiten verursachen und für jede Menge Kopfzerbrechen sorgen.
Die Erkrankungen heute
Während diese (Infektions-) Erkrankungen teilweise gut bis sehr gut behandelbar sind oder zumindest so zu händeln sind, dass die Tiere noch einige schöne Jahre mit uns verbringen dürfen (es gibt natürlich auch Erkrankungen, bei denen die Tiere sehr schnell sterben und der Arzt nur lindernd, nicht heilend, eingreifen kann), gibt es jedoch auch noch die andere Kategorie von Erkrankungen und Behinderungen, denen man machtlos gegenübersteht: zum Beispiel plötzlicher Herzinfarkt, Schlaganfall - und vor allem Tumore. Vermutlich litt auch der ein oder andere Sittich, den wir vor 20 - 30 Jahren hielten, unter einer solchen (unerkannten, nur vermuteten) Erkrankung und starb irgendwann daran bzw. wurde eingeschläfert, dies jedoch ist selten gewesen. Es fehlte eine Diagnose. Und damit auch Gewissheit. Einen Schlaganfallpatienten hatten wir nie, auch keinen Herzpatienten. Vielleicht den ein- oder andere Tumorpatienten - und um die tut es mir heute auch besonders leid, denn ihre Chancen waren noch viel schlechter als sie heutzutage sind. Palliativ-Tiermedizin gab es in diesem Sinne auch noch nicht - die Tiere haben sich entweder mehr oder weniger bis zu ihrem Tode gequält oder sie wurden eingeschläfert. Wenn ich da an die heutigen Möglichkeiten denke, wie man seinem Piepmatz noch eine kleine, schöne Zeit ermöglichen kann, wird es mir schwer ums Herz um all die Tiere, denen damals nicht diese Hilfe zuteil werden konnte, sei es aus eigener Unwissenheit, tiermedizinischer Unzulänglichkeit oder genereller Ahnungslosigkeit. Ein paar Schmerztropfen vielleicht - das war´sMein Fazit
Ja, das ist keine schöne Bilanz und ich fürchte, dass es nicht nur Wellis teilweise so erging, sondern auch vielen anderen Kleintieren wie zum Beispiel Meerschweinchen oder Kaninchen. Doch was hat es jetzt mit der Überzüchtung auf sich? Waren die Tiere damals gesünder? Oder gab es immer schon so viel Tumore, nur dass man die zu diesem Zeitpunkt noch nicht diagnostisch absichern konnte (höchstens tasten und raten)? Sind unsere Wellis heute wirklich anfälliger? Gibt es mehr Tumore? Liegt es an der Überzüchtung?Der Artikel wurde am 23.02.2013 von Welli.net veröffentlicht in der Kateogie: Gesundheitsblog.
Ähnliche Artikel in diesem Blog
Wie ich zu Wellis kam vom 06.08.2009
Kranke Vögel im neuen Schwarm vom 27.10.2009
Wenn der Wellensittich krank ist! vom 07.09.2011
Wellensittiche zu vermitteln in der KW 52 / 2011 vom 01.01.2012
Wellensittiche zu vermitteln in der KW 20/2016 vom 22.05.2016
Wie ich zu Wellis kam vom 06.08.2009
Kranke Vögel im neuen Schwarm vom 27.10.2009
Wenn der Wellensittich krank ist! vom 07.09.2011
Wellensittiche zu vermitteln in der KW 52 / 2011 vom 01.01.2012
Wellensittiche zu vermitteln in der KW 20/2016 vom 22.05.2016
Martin L. aus Berlin (23.02.2013 - 15:29)
Man darf nicht vergessen das das Importverbot das es seit Anfang des 20ten Jahrhundert gibt zwar einerseits gut für die Wildlebenden Wellis ist aber auf der anderen Seite verhindert das der Gen-Pool der Nachzüchtungen nicht mehr aufgefrischt wird - das führt auf Dauer natürlich zu immer mehr Krankheiten die sich so in die Zucht einschleichen.
Mein Spydi ist nur zwei Jahre alt geworden,dann ist er ohne das es sich vorher angekündigt hätte von einen Moment zum nächsten vom Ast gekippt.Ich vermute das er ein Hirnschlag hatte aber da ich ihn nicht habe obduzieren lassen bleibt das Spekulation...
Mein Spydi ist nur zwei Jahre alt geworden,dann ist er ohne das es sich vorher angekündigt hätte von einen Moment zum nächsten vom Ast gekippt.Ich vermute das er ein Hirnschlag hatte aber da ich ihn nicht habe obduzieren lassen bleibt das Spekulation...