Megas! Na und??
Es war im Jahr 2011, als ich das erste Mal mit der Diagnose Megabakterien konfrontiert wurde. Wie wahrscheinlich die meisten anderen Vogelhalter auch, ging für mich eine Welt unter.Ich war völlig überfordert und panisch, wusste nicht mit der Situation umzugehen und sah alle meine Wellis schon einen qualvollen Tod sterben…
Mittlerweile habe ich mich viel mit dieser Krankheit beschäftigt. Habe viel gelesen, im Internet recherchiert, mit einigen vogelkundigen Tierärzten, Biologen und auch Ornithologen gesprochen. Die anfängliche Panik wurde im Laufe der Monate immer kleiner, Stück für Stück setzte sich bei mir innerlich ein Puzzle zusammen, wo zuvor nur lauter Fragezeichen standen.
Ich weiß, dass noch immer viele Unsicherheiten bestehen und es ist ja auch Einiges noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen/ erklärt worden.
Es gibt viele verschiedene Einstellungen zu Megas und mir ist bewusst, dass meine eigene Meinung nicht die populärste davon ist. Dennoch möchte ich mit diesem Artikel zum nachdenken und diskutieren anregen. Und ich möchte erklären, was mich schlussendlich dazu brachte, inzwischen fast schon “relaxed“ an das Thema heranzugehen.
Der Erreger Macrorhabdus ornithogaster wurde erstmals 1977 nachgewiesen und verhindert eine optimale Futterverwertung durch Schädigungen des Drüsenmagens und des weiteren Verdauungstraktes. Viele Jahre lang nahm man an, dass es sich um übergroße Bakterien handelt, bis man 2003 den eindeutigen Nachweis dafür fand, dass es sich um eine Art Hefepilz handelt.
Erst seitdem, wird der Erreger mit diesem Hintergrundwissen entsprechend erforscht – und das auch nicht besonders intensiv. Immerhin handelt es sich nicht um eine Krankheit, die für den Menschen bedeutsame Nutztiere wie Rinder oder Schweine befällt, oder größere, „wertvollere“ Heimtiere wie Hunde oder Katzen für welche die Halter im Krankheitsfall viel Geld ausgeben würden. Eine umfassende Forschung scheint also für viele Pharmaunternehmen und/ oder Veterinäre nach wie vor wenig einträglich und bleibt somit den wenigen Idealisten der Vogelmedizin vorbehalten. Dennoch kamen in den letzten 10 Jahren einige interessante Erkenntnisse zusammen…
So erzählte mir eine vogelkundige Tierärztin von ihrem Studium, in welchem sie auch mehrere Wochen in der Pathologie eines Instituts für Vogelmedizin praktische Erfahrungen sammelte. Sie berichtete davon, dass sie zusammen mit ihrem Doktorvater in dieser Zeit etwa 30 Wellensittiche posthum auf die Todesursache untersucht hatte. Die Tiere kamen aus ganz Deutschland, aus ganz unterschiedlichen Haltungsbedingungen und waren auf verschiedenste Art und Weise verstorben. Bei ca. 70% der Vögel wurden bei den Untersuchungen Megas nachgewiesen. Allerdings war bei den wenigsten Tieren dieser Hefepilz gleichzeitig die Todesursache.
Auch war ihr eine Untersuchung aus dem Ausland bekannt, in der sogar von einer Infektionsrate von 80% gesprochen wurde. Eine andere klinische Auswertung von über mehrere Jahre hinweg diagnostizierten Krankheiten (1997 – 2003) einer deutschen Universität brachte rund 60% positiv getestete Wellensittiche hervor - ein deutliches Indiz auf eine sehr große Verbreitung des Hefepilzes.
Eine andere Tierärztin schrieb eine Dissertation über das Thema Macrorhabus ornithogaster, welche man im Internet nachlesen kann. Darin steht, dass auch bei Finken, Hühnervögeln, Gänsen und Tauben (darunter auch Wildtiere) der Erreger gefunden werden konnte – wenn auch in wenigen Fällen.
Diese Tierärztin untersuchte Proben infizierter Vögel auf diversen Nährmedien und stellte fest, dass Megabakterien nicht auf allen Nährmedien nachgewiesen werden können. Lediglich in flüssigen Nährmedien, hielt sich der Erreger in den meisten Fällen über einige Zeit, bis er auch darin nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Anzuchtergebnisse des Hefepilzes in Hühnerembryonen brachten ähnliche Ergebnisse. Testergebnisse auf den Erreger, sind nach einhelliger Meinung der Fachwelt nur dann recht zuverlässig, wenn man die Proben direkt aus dem Drüsenmagen entnimmt - eine Untersuchung, die man nur nach dem Tod des Vogels durchführen kann.
Weiter berichteten zwei Tierärzte im Jahr 2008 auf einem Symposium davon, dass sie trotz umfangreicher Tests nicht eindeutig nachweisen konnten, dass Macrorhabdus ornithogaster pathogen (krankmachend) ist. Im selben Jahr sprach man erstmals von der Vermutung, dass es sich bei den Hefepilzen eventuell sogar um einen inzwischen normalen Bestandteil einer gesunden Magen-Darm-Flora handeln könnte. In jedem Organismus gibt es diverse Bakterien und Hefen. Ein gesundes Milieu besteht aus einem gut ausbalancierten Anteil an solchen „Keimen“ und braucht diese auch, um stabil zu bleiben und z.B. Antikörper zu bilden.
Gut möglich, dass ich mir aus all dem was ich gelesen habe, nur das “gemerkt“ habe, was mir den Umgang mit Macrorhabdiose leichter macht. Gerade weil es auch Studien gibt, die andere Ergebnisse hervorgebracht haben. Vielleicht ist es dabei, wie bei vielen anderen Dingen im Leben auch. Man muss sich für die Variante entscheiden, die einem am ehesten glaubhaft und logisch erscheint.
Gespräche mit Fachleuten, die eigenen Erfahrungen und die Fälle, die ich im welli.net Forum las bestätigten meinen Eindruck, dass sehr häufig auch Faktoren wie Streß, Mauser oder Sekundärerkrankungen im Spiel waren, wenn die Krankheit ausbrach. Zu viele Indizien sprechen also meiner persönlichen Meinung nach dafür, dass Macrorhabdiose alleine nicht ausreicht um einen Vogel krank zu machen.
Davon abgesehen, dass wohl definitiv mehrere widrige Umstände vorliegen müssen damit es zum Ausbruch kommt, hat sich bei mir persönlich auch die Frage eingebrannt, welcher Wellensittich denn bei der hohen Infektionsrate nun eigentlich überhaupt noch „gesund“ sein könnte. Sei es beim Züchter, im Zoogeschäft, Tierheim, Tierarzt, privatem Halter – überall kommen Tiere verschiedener Herkunft zusammen. Welcher Bestand kann also bitte noch als 100% gesund gelten? In meinen Augen keiner => ergo, hat auch jeder Vogel schon mal Kontakt zu einem infiziertem Vogel gehabt, müsste also mindestens als latent infiziert gelten.
Daher habe ich inzwischen auch keine Bedenken mehr, gesunde und nachweislich infizierte Wellis zu vergesellschaften. Das Ansteckungsrisiko scheint mir zu gering, sollte es überhaupt (noch) vorhanden sein. In meinem Schwarm leben Piepser die bereits akute Megas-Schübe hatten, Megas-Träger die aber noch nie behandelt werden mussten und Vögel, die bisher immer unauffällig waren zusammen. Die Gruppe ist harmonisch und durchweg gesund und ich kenne viele andere Vogelhalter, bei denen es ähnlich ist.
Ich versuche so gut es geht durch einen geregelten Tagesablauf, regelmäßige PT12 Kuren, konsequenten Verzicht auf Zucker und anderer prophylaktischer Maßnahmen für ein stabiles Immunsystem meiner Wellensittiche zu sorgen. Im Hinterkopf habe ich das Wissen, dass es bei jedem(!) meiner Vögel irgendwann mal zu einem Megas-Schub kommen könnte, aber bisher scheint es gut zu funktionieren.
Zudem habe ich ja mittlerweile auch eigene Erfolgserlebnisse im Sinne von: “Schub überstanden“ vorzuweisen. Das wiederum macht mich natürlich optimistischer, es beim nächsten Krankheitsausbruch auch wieder in den Griff bekommen zu können - sofern er denn kommen sollte. Deswegen gehe ich mit dem Thema Megabakterien inzwischen auch entspannt um und glaubt mir, damit geht es einem auch wesentlich besser.
Ich wünsche Euch allen, irgendwann eine ebenso entspannte Einstellung diesbezüglich leben zu können und die Krankheit nicht als Schreckgespenst in Euren Gedanken wohnen zu lassen.
Ich wünsche Euch allen, dass Ihr Macrorhabdiose irgendwann als das seht, was sie zweifelsohne ist: eine Krankheit, die unsere Wellis besiegen können.
Ich wünsche UNS allen, dass wir irgendwann gemeinsam sagen können: Megas! Na und??
Der Artikel wurde am 20.02.2014 von veröffentlicht in der Kateogie: Gesundheitsblog.
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Jacky1990 aus HB (20.02.2014 - 16:02)
Ein wirklich ganz, ganz toller Artikel! DANKE! Und toi, toi, toi, dass deine Wellis lange Zeit ohne Schub leben können und wenn es doch wieder passieren sollt: Na und?, ich habt es schon ein paar mal geschafft und das werdet ihr auch wieder. :)
Mariama aus Berlin (02.03.2014 - 21:11)
Danke für diesen informativen Artikel, der hoffentlich die Ängste etwas minimiert. Ich habe den Eindruck, dass heute mehr Wellis an der Behandlung als an diesem Pilz sterben.
Tina_HB aus Bremen (30.01.2015 - 16:04)
Hallo, toller und m.E. richtiger Artikel.
Eine Frage habe ich: wie übersteht ihr die Schübe,mit Ampho-moronal oder hat das schon jemand mit homöopathischen mitteln geschafft? Mir erscheint das Ampho-moronal zu gefährlich wegen der vielen Nebenwirkungen. Antwort wäre toll! Lg Tina
Eine Frage habe ich: wie übersteht ihr die Schübe,mit Ampho-moronal oder hat das schon jemand mit homöopathischen mitteln geschafft? Mir erscheint das Ampho-moronal zu gefährlich wegen der vielen Nebenwirkungen. Antwort wäre toll! Lg Tina
Mucki aus dem Ländle (30.01.2015 - 18:05)
Hallo Tina,
also wenn es sich um einen akuten Schub mit Krankheitssymptomen handelt, dann behandel ich immer mit Ampho-Moronal (bzw. Fungizone). Da führt aus meiner Sicht (leider) kein Weg vorbei.
Man kann nur vorbeugend wirken, indem man Streß möglichst ausschließt, Regelmäßigkeit im Tagesablauft einhält, gesund und ausgewogen ernährt usw. In dieser Phase gibt es dann bei mir schon mal homöophatische Mittel, wie z.B. Propolis-Tropfen im Trinkwasser. So versuche ich das Immunsystem der Tiere zu stärken, damit es gar nicht erst zu einem Schub kommt.
Ampho-Moronal hat als Suspension weniger Nebenwirkungen als man meist hört. Liegen keine Organschäden vor, dann wird auch kaum was von dem Medi resorbiert. Es flutscht quasi nur durch den Verdauungstrakt durch.
Aber da Megas nun mal den Verdauungstrakt angreifen, kann es durchaus durch geschädigtes Gewebe auch zu Nebenwirkungen kommen, dass stimmt schon.
Jedoch bleibt m.E. keine andere Wahl, denn unbehandelt führen die Megas auf jeden Fall zum Tod. :-(
Alles Gute und liebe Grüße,
Anne
also wenn es sich um einen akuten Schub mit Krankheitssymptomen handelt, dann behandel ich immer mit Ampho-Moronal (bzw. Fungizone). Da führt aus meiner Sicht (leider) kein Weg vorbei.
Man kann nur vorbeugend wirken, indem man Streß möglichst ausschließt, Regelmäßigkeit im Tagesablauft einhält, gesund und ausgewogen ernährt usw. In dieser Phase gibt es dann bei mir schon mal homöophatische Mittel, wie z.B. Propolis-Tropfen im Trinkwasser. So versuche ich das Immunsystem der Tiere zu stärken, damit es gar nicht erst zu einem Schub kommt.
Ampho-Moronal hat als Suspension weniger Nebenwirkungen als man meist hört. Liegen keine Organschäden vor, dann wird auch kaum was von dem Medi resorbiert. Es flutscht quasi nur durch den Verdauungstrakt durch.
Aber da Megas nun mal den Verdauungstrakt angreifen, kann es durchaus durch geschädigtes Gewebe auch zu Nebenwirkungen kommen, dass stimmt schon.
Jedoch bleibt m.E. keine andere Wahl, denn unbehandelt führen die Megas auf jeden Fall zum Tod. :-(
Alles Gute und liebe Grüße,
Anne
Towonder aus Herxheim am Berg (26.02.2017 - 10:07)
Ich kann mich der Meinung des Autors nur anschliessen. Das ist auch die Meinung meines Vogelkundigen Tierarztes: Ansteckung gesunder Vögel ist äußerst unwahrscheinlich und das die Krankheit wahrscheinlich bei Stress oder schlechtem Immunsystem ausbricht. In meinem Augen ist das vielleicht so ähnlich wie bei Candidas beim Mensch. Dieser Pilz kommt auch in einem gesundem Darm vor und macht nur Probleme wenn er die überhand bekommt. Mein Paul war 2 Jahre mit Megabakerioseträger vergesellschaftet. Er ist kerngesund und Pilzfrei. Und bitte daran denken auch Honig und Früchte sind für Mega Bakterioseträger nicht geeignet. Und eine Unterstützung mit Darmbakterien ist auch angebracht z. B. mit Bene bac, Orlux Probinzyme. (Ich muss dazu sagen das wir es leider nicht wussten das unsere Vogel dies hatte und die Krankheit plötzlich ausbrach als mein Sohn im Krankenhaus lag und der Fokus nicht auf den Vögeln war.) Ansonsten kann ich allen Wellibesitzern nur raten. Täglich wiegen. Bei der kleinsten Gewichtsveränderung sofort zum Tierarzt. Allen viel Gesundheit und Freude an Euren Tieren
Teerose66 aus Schweiz (19.06.2018 - 16:01)
Wir hatten auch das Prolem mit den Megas. Medikamente direkt in den Schnabel und die Vögelchen wurden immer panischer. Irgendwann habe ich beschlossen schwächere Medikamente über Futter und Trinkwasser zu geben, damit Sie auch zur Ruhe kommen. Dann bin ich angefangen, gequollenen Biohafer zu füttern, ist sehr gut verdaulich und hat viel Energie und Kalorien und habe das Trinkwasser durch reines Bergquellwasser ersetzt. Ich habe das grosse Glück, dass der Brunnen direkt an meinem Arbeitsweg liegt. Die Näpfe reinige ich regelmässig mit kochenden Wasser und Citronensäure und den Käfigboden sprühe ich beim Putzen immer mit Sagrotan ab. Dazu gibt es fast immer frisches Keimfutter, dass ich im Sprossenautomat züchte und im Sommer gesammelte Gräser. Da wir alle keine richtigen Ergebnisse für den Ausbruch und die Behandlung haben, weiss ich nicht, ob es für alle richtig ist, aber meine kleinen Scheisser waren danch noch 2-3 mal in der Mauser etwas angeschlagen und sind jetzt seit einem guten Jahr beschwerdefrei.
carolini aus Hessen (04.06.2020 - 17:15)
In meinem Schwarm hat nur eine mit Megas zu kämpfen. Sie bekommt leider ab und zu immer noch Schübe. Wir hatten sie damals mit Pilzmittel behandelt. Das war ganz großer Stress für die Kleine :(
Matzmieze aus Bad Neuenahr (12.01.2021 - 15:22)
Hallo, ach,was bin ich erleichtert! Sitze hier und heule, weil ich mich so verrückt gemacht habe. Vor 4 Tagen holte ich zwei Wellis, einer mit einer sehr schweren Kropfentzündung seit 2 Monaten,wohl verursacht durch Megas. Nun soll ich 21 Tage lang den armen, schwachen Kerl 2x am Tag einfangen, um schwere Medikamente einzutrichtern. Stress für uns beide,Karlotta leidet ja auch dadurch seit 4 Tagen, meine 7 anderen im Nebenzimmer, dann die Frage, kannst du sie überhaupt behalten, ohne den Rest zu gefährden. Dieser Bericht hat alle meine Fragen, Zweifel, Ängste und Stress genommen! Vielen,vielen Dank