Brut-Risiken beim Wellensittich
Ein ausführlicher Erfahrungsbericht über Legenot bzw. WindeierHeute möchte ich Euch die Geschichte von meiner süßen Madame Kelly erzählen um aufzuzeigen das es bei der Brut (egal ob gewollt oder wie bei mir ungewollt) zu erheblichen Komplikationen kommen kann. Die zierliche, blaue Wellensittich-Henne zog im Alter von 6,5 Jahren bei mir ein und wurde schnell zu einem geschätzten Mitglied im Mini-Schwarm. Es dauerte nicht lang bis sie das Herz vom verwitweten Barny erobert hatte und die zwei wurden ein Herz und eine Seele.
Wie alle Hennen war es auch bei Kelly so, dass sie eine Phase der Brutigkeit hatte. Das erkannte ich an ihrer dunkelbraun gefärbten Wachshaut und dem erhöhten Nagetrieb. Als diese Phase jedoch nach 2 Monaten immer noch anhielt, leitete ich Gegenmaßnahmen ein, die ich mir angelesen hatte. So reduzierte ich die Frischkost, reichte weniger fettreiches Futter und reduzierte das Tageslicht indem ich die Vogellampe ausmachte und das Rollo nur noch halb hoch zog. So wurde es auch tagsüber nicht mehr so hell im Zimmer wie zuvor (Rückblickend weiß ich, dass das völlig falsch war, denn es soll schon hell sein – nur eben nicht länger als 11 Stunden am Tag).
Leider führten meine Bemühungen nicht zum gewünschten Erfolg und ein paar Wochen später fing Kelly an große Häufchen Kot abzusetzen – Brutkot! Sie bereitete sich auf das Eier legen vor, dennoch war ich optimistisch das es nicht dazu kommen würde.
Eines Morgens staunte ich nicht schlecht, als ich auf dem Zeitungspapier das auf dem Boden unter dem Schlafplatz der Wellis im Vogelzimmer etwas Gelbes vorfand. Ich besah mir das näher und konnte erkennen, dass es sich um Eigelb handelte. Umgeben von einer zerbrochenen, wachsartigen Eischale aus dem auch der klare Dotter ausgelaufen war.
Natürlich schossen mir sofort erschrockene Gedanken durch den Kopf: wie kann das sein? Ich biete doch keine Brutgelegenheit an und tu alles um sie aus der Brutigkeit rauszubekommen.
Weil mich die Schale etwas beunruhigt hatte, die ja etwas weich wirkte und nicht hart wie normale Eierschalen, fuhr ich am Tag darauf mit Kelly zum vogelkundigen Tierarzt um sie durchchecken zu lassen. Die Tierärztin stellte einen etwas schwammigen Bauch fest, wahrscheinlich hervorgerufen durch das viele Östrogen in Kellys Körper. Die Tierärztin riet mir auf Grund der langen Brutigkeit bei die langfristig zu gesundheitlichen Schäden führen könnte dazu, die Welli-Henne mit Hormonen behandeln zu lassen. Dies geht jedoch nur wenn nicht gerade ein Ei gebildet wird. Da in der Regel alle 2 Tage ein Ei gelegt wird, ließ ich Kelly röntgen um mehr zu erkennen.
Leider war auf dem Röntgenbild nicht eindeutig etwas zu sehen, so dass die Vogeldame auch noch eine Ultraschalluntersuchung über sich ergehen lassen musste. Diese brachte dann allerdings Klarheit: es war ein zweites Ei in Produktion. Eine Hormonbehandlung damit ausgeschlossen. Die Tierärztin verabreichte Kelly eine Calciumspritze in die Kniebeuge und entließ mich mit dem Hinweis auf verstärkte Aufmerksamkeit aus der Praxis. Ich solle Kelly möglichst viel Kalk anbieten den sie zur Bildung der Eischale benötigt. In den nächsten 24 Stunden sollte das nächste Ei dann hoffentlich gelegt werden.
Leider war es nicht so. Auch nach 48 Stunden war von Ei Nr. 2 noch nichts zu sehen. Kelly wirkte munter und mobil aber das Wochenende stand vor der Tür. Also wollte ich auf Nummer sicher gehen und suchte nochmal die Tierärztin auf. Nach Untersuchung und erneutem Röntgen stand fest, dass sich das Ei nicht weitergebildet hatte. Ich solle Kelly weiter beobachten, da es gerade bei etwas älteren Hennen schon mal auch etwas länger dauern könnte bis sie das nächste Ei legen. Natürlich wäre eine schnelle Reaktion notwendig, wenn meine Süße Zeichen von Unwohlsein zeige.
Es verging eine Woche und noch immer war das Ei nicht gelegt worden. Ich rief bei der Tierärztin an und sie beriet mich geduldig. Von der Variante das Ei operativ zu entfernen riet sie mir ab. Es gäbe wie bei jeder OP ein gewisses Narkoserisiko und auch sei eine OP im Bauchraum nicht die einfachste. Solange Kelly gesund wirkte, sollte ich weiter abwarten.
Das tat ich. Nach einer weiteren Woche ohne Ei saß ich beim sauber machen unter meiner Maus und beim Federn stäuben sah ich eine große kahle Stelle rund um ihre Kloake die mir zuvor nicht aufgefallen war. Im Forum von welli.net wurde mir gesagt es handele sich wahrscheinlich um einen ganz natürlichen Vorgang und es wäre der sogenannte Brutfleck entstanden, durch den die Hennen ihre Eier und Nestlinge besser wärmen könnten. Trotzdem rief ich erneut bei der Tierärztin an um ihr davon zu erzählen und natürlich auch, dass immer noch kein weiteres Ei da wäre. Da Kelly augenscheinlich fit war, sollte ich nach wie vor weiter beobachten.
Ich wurde immer unruhiger, überlegte schon ob sich so ein Ei vielleicht im Körper zurückbilden könnte – was natürlich nicht möglich ist. Dann, insgesamt 3 Wochen nach dem ersten Ei, wirkte Kelly an einem Freitag tagsüber etwas müder. Ich dachte es läge sicher an der Mauser, die ihr seit ein paar Tagen schwer zusetzte. Aber am Samstag war sie immer noch schläfriger als normal. Natürlich hatte die Tierärztin am Wochenende nicht geöffnet und ich wollte eigentlich nicht zu einem anderen Tierarzt. Immerhin bestand ja auch die Möglichkeit, dass es an der Mauser und dem trüben Wetter lag. Die anderen Piepser waren auch nicht so aktiv wie sonst.
Der Sonntag begann und Kelly verweigerte nun auch das Futter. Da war mir klar, dass ich handeln musste. Etwa 60km entfernt praktizierte ein anderer vogelkundiger Tierarzt der 24h Notdienst hatte. Ich war schon häufiger bei ihm gewesen nur war er bei diesem „Fall“ eben zuvor nicht involviert. Nachdem ich mich telefonisch angemeldet hatte traf ich kurz darauf bei ihm ein. Er ließ sich alles erzählen und untersuchte Kelly gründlich. Nach einem Röntgenbild und Ultraschall konnte er das Ei nicht eindeutig ausmachen, irgendwas war jedoch in ihrem Bauchraum.
Ihr Zustand war nicht gerade stabil und so überließ er mir die Entscheidung ob er eine Not-OP wagen solle oder nicht. Mangels Alternativen (wenn man von Euthanasie absah – eine Chance sollte Kelly doch bekommen!) entschied ich mich schweren Herzens für die OP.
45 Minuten später durfte ich endlich mit dem Doc sprechen. Die OP war gelungen, er hatte den Bauchraum jedoch weit öffnen müssen. Das Ei hatte nur eine minimale, flexible Hülle/Schale gebildet (Windei) und konnte somit vom Legedarm-Muskel nicht weitertransportiert werden. Dadurch hatte sich nach und nach eine Entzündung gebildet die auch den weiteren Bauchraum erfasst hatte. Nach seiner Meinung solle man maximal eine Woche abwarten ob ein weiteres Ei gelegt wird. Wenn es dann nicht kommt, würde er stets zu einer OP raten. Drei Wochen, wie in meinem Fall, seien leider viel zu lange gewesen und hätten mehr Schaden angerichtet als nötig und das Risiko stark erhöht.
Er gab Kelly noch ein Schmerzmittel, sagte mir das die Chancen 50/50 stünden und er mir alle Daumen drücke. Trotz dieser schlechten Nachrichten war ich ihm dankbar, dass er es versucht hatte – und gleichzeitig zugegebener Maßen sauer auf die andere Tierärztin. Denn ich hatte mich auf sie und ihre kompetente Meinung verlassen.
Aber für diese schlechten Gedanken war nun keine Zeit und ich wollte mich ganz um Kelly kümmern. Ich richtete ihr daheim schnell den kleinen Krankenkäfig ein und holte sie dann aus der Transportbox. Dabei sah ich das erste mal ihre große Wunde, die sich fast bis hoch zur Brust erstreckte. Mir wurde ganz anders und ich begriff, was für eine schwere OP meine tapfere Madame da hinter sich gebracht hatte. Kelly war noch etwas wackelig auf den Beinen aber fraß immerhin gleich nach der Ankunft die Kolbenhirse die ich ihr als Belohnung reingehängt hatte.
Am nächsten Tag saß sie häufig am Boden des Käfigs und wirkte sehr geschwächt. Ich machte Rotlicht an und streute Futter auf den Boden um es ihr so angenehm wie möglich zu machen. Sie musste wirklich große Schmerzen haben.
Da ihr Partnervogel schon mehrmals bewiesen hatte, dass er hervorragende Krankenpfleger-Qualitäten hatte, entschloss ich mich Barny zu ihr zu setzen. Ich hoffte seine Gesellschaft würde Kelly aufbauen. Und tatsächlich begrüßte sie ihn den Umständen entsprechend freudig und versuchte sich sogar ansatzweise die Federn zu putzen. Alles noch immer auf dem Käfigboden, aber immerhin. Die meiste Zeit schlief sie jedoch nach wie vor, was ich nur verständlich fand.
Am selben Tag, 24 Stunden nach der OP, ging ich wieder ins „Krankenzimmer“ um nach ihr zu sehen. Mein Herz machte einen kleinen Freudensprung als ich sie dabei erwischte, wie sie sich an den Gittern hoch zu Barny auf die Stange hangelte. Dort kam er sofort zu ihr, schien ihr etwas ins Ohr zu flüstern und sie kraulten sich innig. Ich dachte noch: jetzt wird alles gut! Sie wird es schaffen! Doch kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gedacht, musste ich mit ansehen wie Kelly schwankte, nach hinten von der Stange fiel und auf dem Käfigboden ihren letzten Atemzug tat.
Nach wie vor wünschte ich mir, dass es anders gelaufen wäre und ich schon früher eine OP hätte durchführen lassen. Doch ich kann leider die Zeit nicht zurückdrehen. Und so fehlt meine Madame Kelly dem übrigen Vogelschwarm und mir noch immer – sie wird nie vergessen werden.
Der Artikel wurde am 27.01.2013 von veröffentlicht in der Kateogie: Gesundheitsblog.
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Elke aus Köln (29.01.2013 - 13:51)
Das ist ein wirklich anrührender Artikel. Es tut mir sehr leid, dass die Kleine es nicht geschafft hat. Mir macht der Artikel aber um so mehr bewußt, wie viel Glück ich mit meiner Carley gehabt habe. Sie ist auch wegen einer Legenot Notoperiert worden und war nach ein paar Tagen wieder ganz die Alte. Heute kommen mir schon manchmal die Tränen, wenn ich sie so gesund durchs Zimmer fliegen sehe und daran denke was hätte passieren können. Noch viel Spaß mit den restlichen Piepern. Halt die Ohren steif.
Maria aus Rostock (05.03.2014 - 13:12)
Arme kleine Kelly! Es tut mir sehr leid, dass sie es nicht geschafft hat.
Luna aus Kettig (24.05.2014 - 15:01)
Das ist eine wirklich rührende Geschichte. Ich finde es toll, das du den Willen hattest und deinem Tier helfen wolltest. Ich habe auch eine Hennne, die Nachwuchs erwartet und immer wieder stelle ich mir vor, was wäre wenn dann plötzlich alles schief läuft. Wichtig wäre gewesen, das du deiner Henne schon vor und wärend der Brut viel Eifitter (weichfutter) gegeben hättest, denn dann, wären die eier schalen hart gewesen, und es hätte die ganzen Probleme vorher nicht gegeben, denn in Eifutter ist viel Calcium, und das brauchen die Eier damit aus den Eiern auch kleine Wellis werden können. Liebe Grüße Luna M. Menchen
Anne aus Besigheim (24.05.2014 - 15:48)
Hallo Luna,
danke für Deinen lieben Kommentar. Es scheint jedoch ein Mißverständnis vorzuliegen. Ich wollte nicht, dass Kelly Eier legt und habe alles getan, damit die Brutlust reduziert wird - Weichfutter und Ei wären da kontraproduktiv gewesen. Mein Wunsch ist es nie gewesen, kleine Wellis aufwachsen zu sehen. Schon gar nicht von Kelly, die körperlich und altersmäßig für eine Zucht auch gänzlich ungeeignet gewesen wäre. Ich freue mich eher, wenn ich wenigstens ein paar der vielen ungeliebten und ungewollten Wellis aus Tierheimen oder privater Haltung ein zu Hause geben kann. Aber das ist sicher Einstellungssache ;-)
Ich hoffe bei Deiner Henne gibt es keine solche Probleme! Alles Gute für die Brut und liebe Grüße, Anne
danke für Deinen lieben Kommentar. Es scheint jedoch ein Mißverständnis vorzuliegen. Ich wollte nicht, dass Kelly Eier legt und habe alles getan, damit die Brutlust reduziert wird - Weichfutter und Ei wären da kontraproduktiv gewesen. Mein Wunsch ist es nie gewesen, kleine Wellis aufwachsen zu sehen. Schon gar nicht von Kelly, die körperlich und altersmäßig für eine Zucht auch gänzlich ungeeignet gewesen wäre. Ich freue mich eher, wenn ich wenigstens ein paar der vielen ungeliebten und ungewollten Wellis aus Tierheimen oder privater Haltung ein zu Hause geben kann. Aber das ist sicher Einstellungssache ;-)
Ich hoffe bei Deiner Henne gibt es keine solche Probleme! Alles Gute für die Brut und liebe Grüße, Anne
Luna aus Kettig (24.05.2014 - 16:35)
Hallo Anne, ja ich weiß das du keine Eier haben wolltest, das hast du ja auch in der Geschichte erwähnt;)und das die kleine Kelly zu alt war ist vielleicht auch ein grund warum die Eier keine richtigen Eier waren:)Aber damit es nicht dazu gekommen wäre, wollte ich halt nur sagen, hättest du ihr vielleicht Eifutter geben können. Also ich wollte ja nur einen Vorschlag geben, wie man es vielleicht hätte machen können;)
Vielen Dank, für die Grüße!
Liebe Grüße nochmal zurück Luna m. Menchen
Vielen Dank, für die Grüße!
Liebe Grüße nochmal zurück Luna m. Menchen