Eine Weihnachtsgeschichte
Draußen schneite es dicke, weise Schneeflocken. Die Landschaft war bedeckt und es schien alles in einen eisigen Teppich eingehüllt. Hansi schaute nach draußen, ja genau...Hansi. Hansi war eigentlich eine kleine Wellensittichhenne, doch schien das niemand bisher gemerkt zu haben. So ergab es sich, das Hansi eben diesen Männernamen tragen musste. Langsam wippte die kleine Wellidame in ihrem kleinen Käfig, der am Fenster stand mit ihrem Körper von vorne nach hinten. Von vorne nach hinten...immer und immer wieder. Ihre Krallen umschlossen dabei nicht all zu fest die geriffelten Plastikstangen. Denn darauf zu sitzen glich wohl eher einer Tortour als einer bequemen Sitzglegenheit. Sie konnte überhaupt nicht verstehen, dass ihr ruhiger Freund, der immer nur still da saß, dauerhaft so ruhig bleiben konnte. So oft taten ihr die Füßchen weh, dass sie sich manchmal vor lauter Verzweiflung mit dem Schnabel am Gitter eingehakt hängen ließ. Nur um für wenige Sekunden ihre vor Schmerz pochenden und wunden Beine zu entlasten. Hansi drehte langsam ihr Köpfchen auf die andere Seite. So konnte sie den Raum in dem sich ihr Käfig befand besser begutachten. Doch was sollte es heute nur neues geben ? Alles war sicher wie immer...alles wie immer. Es war immer alles wie immer, dachte die kleine Henne betrübt. Nichts passierte hier...24. Dezember-Heiligabend: Das verspätete Weihnachtsgeschenk?
Doch was die kleine Henne noch nicht wissen konnte, heute war ein ganz besonderer Tag... Es war Weihnachten und wie in jedem Jahr, waren ihre Federlosen, die sie eigentlich schon fast nicht mehr beachteten damit beschäftigt alles für das Fest vorzubereiten. Weihnachten, Heilig Abend... der Tag, an dem vor vielen Jahren Jesus als Gottes Sohn in einem Stall in Bethlehem geboren wurde, um später der Welt Erlösung zu bringen... Das war der eigentliche Sinn von Weihnachten. Dieser Grund veranlasste die Federlosen dazu, heute alles besonders schön herzurichten. Mutter Federlose war seit Stunden in der Küche beschäftigt. Es sollte leckeren Braten geben und auch die Plätzchen waren aus gegangen. Ein Heilig Abend ohne Plätzchen, nein, das konnte nicht sein. Vater Federloser hatte einen Tannenbaum von draußen herein geholt und schmückte diesen mit allerlei Glitzerzeug und bunten Kugeln. Alle waren sie beschäftigt.... zu sehr beschäftigt, als dass auch nur einer an Hansi gedacht hätte...Hansi erblickte dies wilde Geschäftigkeit ihrer Federlosen.
Böse Erinnerungen wurden in ihr wach.
Seit etwa 2 Jahren war sie nun hier bei ihren neuen Federlosen. Kurz vor Weihnachten war sie damals von ihren Geschwistern und ihren Eltern aus dem Nest genommen worden. In einen dunklen Karton verpackt, der kaum Löcher hatte durch die Luft dringen konnte, wurde Hansi eine lange Zeit durch die Gegend geruckelt. Als es endlich nicht mehr ruckelte, fand sie sich blitzschnell in einem klitzekleinen Käfig wieder. Ganz schüchtern saß die kleine Henne, die kaum selbstständig fressen konnte in der Ecke in einer dunklen Kammer. Wo war sie nur gelandet ??? Eine Ewigkeit schien sie in der selben Stellung sitzend zu verharren. Bis plötzlich und unerwartet die Tür auf ging... Mit einem Ruck wurde sie samt ihrem Käfig aus der Kammer geholt und in ein helles und großes Zimmer getragen. Ein großer bunt geschmückter Baum stand dort, hier saßen 2 Kinder und dort ein anderer Federloser. Die Federlose die soeben den Käfig geholt hatte sprach: “So Hansi, dein großer Auftritt, du bist eins unserer Weihnachtsgeschenke.“ So sehr freute sich Hansi, denn sie hoffte, dass diese Federlosen genauso nett zu ihr waren wie ihre vorherigen. Wie wild flatterte die kleine Henne und schien zu jubeln, als die Käfigtür geöffnet wurde und sie nach draußen fliegen durfte. Was dann kam schmerzte das Herz der kleinen Wellidame... Sie kannte sich doch gar nicht aus in der neuen Umgebung, wohin sollte sie fliegen, wo doch auch ihre Flügelchen sie noch nicht immer zuverlässig dorthin trugen wohin sie sollten... Hansi bekam Panik, flog aufgescheucht durch den Raum, gegen die Fensterscheibe die sie nicht gesehen hatte und landete völlig außer Atem neben der brennenden Kerze auf dem Tisch. Die Kinder klatschten laut in die Hände, die großen Federlosen schienen ganz aufgeregt und wütend. Schon griff eine große Hand nach ihr, umfasste sie unvorsichtig und steckte sie zurück in den Käfig. „Verschwindet mit diesem wild gewordenen Vieh!“ schrie der Vater Federlose und übergab den kleinen Käfig grob in die Hände seiner Kinder. Nun wurde Hansi wieder in ein Zimmer gebracht. Kleiner aber sehr bunt. Und überall lagen Spielsachen herum.... Kaum war der Käfig abgestellt, griff erneut eine diesmal kleiner Hand nach Hansi. Sie konnte gerade so entkommen, doch schon wieder näherte sich das Händchen. Diesmal war im kleinen Käfig keine Möglichkeit abzuhauen. Nun biss Hansi herzhaft, so fest sie konnte, in die Hand des kleinen Federlosen. Solche Angst hatte die kleine Henne, dass sie sich nicht anders zu helfen wusste. Wie von Zauberhand öffnete sich die kleine Hand, und Hansi konnte sich etwas befreien.... doch nicht ganz, denn schon wieder schloss sich die Hand fest und hielt Hansi an den Schwanzfederchen, die doch gerade erst gewachsen waren fest. Keine Chance... Hansi wurde nun geknuddelt und unsanft über ihr Köpfchen gestreichelt. Anfangs wollte sie sich noch wehren und zetterte mit ihrer noch unsicheren Stimme, dass man sie doch loslassen möge. Keine Reaktion... die Federlosen schienen einfach nicht zu verstehen. Nach unendlich langem Gestreichel und einigen Runden im Anhänger der Elektroeisenbahn wurde Hansi endlich wieder in den sicheren Käfig entlassen. Wie klein er war, war Hansi nun herzlich egal. Sie war so erschöpft und müde. Ihr Pürzel tat weh, ihr Kopf donnerte vom Unfall mit der Fensterscheibe und die ersten Körnchen rieselten unter Würgen aus Hansis Schnabel. All diese Aufregung, wo war sie nur. Zurück wollte sie, zurück zu ihrer Familie. Kurz bevor Hansi die Augen schloss, entdeckte sie einen Freund. Ruhig saß er da, wippte nicht, zwitscherte nicht und gab auch sonst kein Lebenszeichen von sich...Hansi wurde jäh aus ihrer Erinnerung gerissen.
Ja,....schlimm, was sie seither alles erlebt hatte. Ihr Freund saß seit Weihnachten vor 2 Jahren immer noch auf dem gleichen Fleck, in der selben Ecke des Käfigs, auf genau der Stange auf der er schon immer saß. Nie hatte er auch nur ein Wort mit Hansi gezwitschert. Trotzdem mochte Hansi den kleinen ruhigen Kerl. Immer wenn sie traurig oder allein war, dann versuchte sie sich an ihn zu kuscheln. Auch wenn er nicht zurück schnäbelte so fühlte sie sich einfach nicht mehr ganz so hilflos. 2 Jahre waren nun also vergangen. 2 Jahre in denen sich kaum noch jemand für Hansi interessiert hatte. Manchmal wurde sie sogar ganz vergessen. Das konnte sie immer daran merken, dass auch am Mittag noch kein Körnerfutter im Näpfchen lag. Das Wasser aus dem Wasserspender schmeckte eh immer abgestanden und alt. Es musste ja auch nur einmal die Woche gewechslt werden.... So war das schon immer. Und auch jetzt blickte Hansi stumm in ihr von Körnerspelzen gefülltes Näpfchen. Leer... nichts als leere Spelzen. Heraus durfte sie eigentlich nur noch selten, seit der Kollision mit dem Fenster, so sagte ihr die Federlose, war das einfach zu gefährlich. Wie fliegen geht wusste Hansi schon kaum noch, denn nicht mal im Käfig reichte der Platz um ein paar Flügelschläge zu tun.... „Mama, Mama, darf ich eine Weihnachtsgeschichte vorlesen?“ hörte Hansi den einen der kleinen Federlosen rufen. „Ja, mach nur !“ Der kleine Federlose setzte sich in die Nähe des Käfigs, blätterte in einem Buch und begann zu lesen...“ Es war einmal zur Weihnatszeit ein Kind mit unerfülltem Wunsch. Niemand konnte diesen Wunsch erfüllen. Als das Kind nach vielen anderen ... einen alten Mann fragte, ob er diesen Wunsch erfüllen könne, antwortete dieser nur Gebete kann nur einer erhören. Versuche mal Gott um deinen Wunsch zu bitten und sag ihm einfach wie es dir geht. Er hört dich und wird dir sicher antworten, wenn vielleicht auch nicht immer so wie du hoffst, aber er wird es gut machen.....“ Diese Worte und die Geschichte bewegten Hansi sehr. Wünschen...Wünsche....Beten ?! Ja, das hatte die kleine Henne auch. Sie spürte es tief in ihrem Herzen. Dieser Wunsch und diese tiefe Sehnsucht endlich wieder fliegen zu dürfen... Freunde zu haben die zwitschern und Quatsch machen. Die einem verstehen und nicht nur stumm auf der Stange sitzen. Vorsichtige und liebevolle Federlose die sich kümmerten ohne sie zu erdrücken. Frisches Wasser an jedem Tag und leckere Körner. Nicht diese bunten, komischen, alten, muffelig-staubigen aus der Packung. Ein größerer, schönerer Käfig mit Ästen aus Holz, am besten mit Blättern dran.... Hansi verlor sich voller Sehnsucht in ihrer Wunschtraumwelt. Als sie die Augen wieder öffnete und ihre leeren Näpfchen sah, wurde die kleine Henne sehr, sehr traurig. Sie wollte sich wünschen, sie wollte hoffen....doch war ihr kleines Herz so schwer bedrückt, dass sie sich nicht länger auf der Stange halten wollte. So setzte sich die kleine Henne in den Sand und schloss die Äuglein.Es war schon fast dunkel
als sie durch ein Geräusch geweckt wurde. Die große Federlose stand vorm Käfig und wollte ihr gerade ein paar Körnchen einstreuen. Doch staunte diese über das am Boden sitzende Vöglein und griff nach diesem. Hansi konnte der Hand entwischen und flog wie damals orientierungslos durch den Raum. Da...da war ein Spalt. Das Fenster stand gekippt und so schnell konnte niemand reagieren, als die kleine verschreckte Hansi durch dessen Spalt entwischt war. Sie flog und flog.... auch wenn ihr Flugvermögen mehr als zu wünschen übrig ließ, so flog die kleine Henne bis ihr die Brust brannte, das Herz so sehr pochte und sie einfach nicht mehr konnte. So ließ die kleine Dame sich im Schnee nieder um sofort von der Kälte aufgescheucht wieder aufzufliegen. War das kalt hier, dachte die kleine Henne. Sie täppelte ein paar Schritte über die eisige Erde und flog erneut auf. Hinter ihr entfernten sich Rufe und Pfeifen ihrer alten Federlosen. Doch Hansi drehte sich nicht um.... Vorbei an dunklen Büschen und verschneiten Sträuchern flog Hansi an Häusern vorbei. Durch die beleuchteten Fenster konnte sie manchmal in die Räume dahinter schauen... Überall diese Tannenbäume und die glitzernden Kugeln und Lichter.Wunderschön... Die kleine Henne wurde müde, sehr müde. Ihr kleiner Körper zitterte von der ungewohnten Kälte und sie konnte einfach nicht mehr weiter fliegen. So tapste sie noch wenige Schritte weiter, bis sie vor einer Haustür auf dem Boden zu sitzen kam. Dort kauerte die kleine Vogeldame nun und wartete auf den eisigen Tod, der sie sicher bald ereilen würde....Und dann
Ein helles Licht, ganz warm um sie herum, ganz weich und wohl duftend...Welligezwitscher... Ich bin im Regenbogenland.... mit diesem Gedanken öffnete die kleine Wellidame langsam ihre Augen. Doch was sahen ihre müden Äuglein... sie lag am Boden eines Käfigs. Nicht sonderlich neu, aber bestimmt 4 mal so groß wie ihr bisheriger. Erstaunt, als würde sie träumen suchte ihr Blick die Umgebung ab. Sie lag auf einem weich gepolsterten Tuch. Etwas Rotlicht wärmte ihren Körper und erfüllte sie mit angenehmer Wärme. Damit es nicht blendet mit genug Abstand und einem Sichtschutz. Äste im Käfig, richtige Äste... Körnchen lagen vor ihr auf dem Tuch. Hirse und Sesam. Kolbenhirse hing hier und ein Näpfchen mit frischem Wasser.... Sofort tippelte die kleine Dame zu den Körnchen und pickte nach ihnen. Herrlich...Doch was hörte sie ? Da waren andere... da waren tatsächlich irgendwo andere Wellis. Hansi zwitscherte so laut sie konnte … bis langsam die Tür aufging und ein besorgtes Federlosenmädchen nach ihr schaute. „Ganz ruhig du kleine Süße - ganz ruhig. Es wird alles gut und du bist sowas wie ein verspätetes Weihnachtsgeschenk für uns alle hier... weißt du, wir haben nämlich für unsere 3 Wellis eine neue Freundin gesucht und gehofft, dass wir eine zu Weihnachten bekommen. Unsere Eltern haben uns keine geschenkt... Tiere schenkt man nicht, haben sie gesagt... aber jetzt hat dich der da oben doch noch rechtzeitig zu uns gebracht. Ich geb dir jetzt den Namen Hope, das wird dir gefallen...! Nun lass ich dich aber wieder in Ruhe, du süße Maus... bis Morgen früh. Ich mach jetzt dein Licht aus. Gute Nacht kleine Hope.In dieser Nacht saß Hope noch lang wach auf ihrem Ästchen im neuen Käfig... Sie dachte nach über die letzten 2 Jahre, alle Erlebnisse und die Geschichte des Jungen in ihrem alten Zuhause. Sie wussten es nicht besser sagte sie sich... Aber der da oben hörte meinen Wunsch und mein Bitten und er hat geantwortet....
Der Artikel wurde am 24.12.2012 von White veröffentlicht in der Kateogie: Advent.
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komma29 aus Hessen (24.12.2012 - 11:40)
Ohhh, ist das eine schöne Geschichte - ich bin ganz gerührt ....
Ive aus Waghäusel (24.12.2012 - 12:44)
Dankeschön !!!
Eben eine richtige Weihnachtsgeschichte...
Eben eine richtige Weihnachtsgeschichte...
flauschigerSchnatz aus Amberg (24.12.2012 - 15:06)
So eine schöne Geschichte, die Tränen glitzern in den Augen aber gleichzeitg macht das Herz einen Sprung, wenn man dann liest, das doch noch alles gut ausgeht....
Barbara aus Sprockhövel (18.11.2013 - 20:56)
Vielen Dank für die wunderschöne Geschichte die mir sehr bekannt vorkommt.So ein Vögelchen hatte ich auch hier!Es ist so schön dass die kleine Hope zu Weihnachten so ein schönes Zuhause bekommen hat.Das ist der Sinn von Weihnachten.