Bodyguard Ernst - Ein ganz besonderer Wellensittich
Heute möchte ich euch die Geschichte von Henry und Bodyguard Ernst erzählen, die sich tatsächlich so in meinem Schwarm abgespielt hat. Und zwar vor etwa 2 Jahren. Wenn ich mich richtig entsinne. Es war die Zeit nach dem Sommer 2012. Dem Sommer, in dem ich Henry und Peter zu mir geholt habe. Peter ist ein blauer opaliner Wellensittich, der noch heute genau wie der große Standard Ernst in seinem blau-grauen Gefieder, zu meinem Schwarm gehört. Henry, der als wildfarbener Grünling mit gelbem Fleck am Hinterkopf in dieser Geschichte eine wesentliche Rolle spielt, ist leider schon im Regenbogenland. Nach schwerer Krankheit flog er im Frühjahr 2013 über die Regenbogenbrücke ins Regenbogenland. Ein Hodentumor hatte ihn zunehmend trotz Therapie geschwächt und es wurde allmählich Zeit für den kleinen Mann, sich auf den Weg ins Land ohne Leid und Schmerz zu machen.Die Freundschaft zwischen den beiden Hähnchen begann wie gesagt 2012. Im Sommer stockte ich mit den beiden Notwellis Peter und Henry auf und im Dezember brachte meine Schwester mehr oder weniger den Ernst von einer Party mit nach Hause. Ich erinnere mich noch genau, als eine SMS kam, in der ein Bild von einem einsamen, blau-grauen Spatzen ankam, mit den darunter stehenden Worten:"Willst du den ? Der sitzt hier ganz allein." Ich zögerte nicht sonderlich lange und es war klar, dass Diego, so hieß Ernst bei seinen alten Federlosen, bei mir einziehen würde. Ich holte ihn am gleichen Abend zusammen mit meiner Schwester in seinem alten Zuhause ab. Neben dem Kühlschrank und piepsendem Modem stand eine Hubschraubervoliere. Umwickelt mit Frischhaltefolie. Knabberstangen und Zuckerperlen-Körnchen als Futter waren ohne Ende vorhanden. Da saß er. Berherzt mit Handtuch eingefangen und in die Transportbox gepackt, war der Weg nach Hause ruhig verlaufen. Ernst, wie ich den ernst dreinschauenden Standardhahn schnell nannte, war ein zuckersüßer Hahn, den ich ganz furchtbar schnell in mein Herz schloss. Anfangs konnte er nicht fliegen. Es machte zuerst auch den Anschein, als habe er auf einem Auge verminderte Sehkraft. Aber dieser Verdacht bestätigte sich nicht. Mit etwas Übung lernte der ungeübte bald fliegen und auf wackeligem Geäst zu sitzen. Schaukeln, andere Vögel und toben kannte er wohl nicht. Doch schon nach wenigen Tagen war eins klar. Henry und er wurden Freunde. Fortan waren beide wie unzertrennliche Brüder immer gemeinsam unterwegs. Wo Henry war, da war auch Ernst und umgekehrt. Zu diesem Zeitpunkt begann bei Henry zunehmend der Hodentumor Probleme zu bereiten und auch die Hormonimplantate konnten den Tumor nicht auf Dauer aufhalten. Auch wenn ich es dem kleinen Federmann gewünscht hätte, so musste er leider einbeinig seine letzte Zeit verbringen. Sein eines Füßchen war gelähmt und er begann es nur noch hinterher zu ziehen. Es war einfach nicht mehr funktionstüchtig und nicht mehr einsetzbar. In einer Schonhaltung als Karabiner geformt hing es fortan als unnützes Anhängsel herum. Die Krallen knipste Henry sich selbst mit dem Schnabel ab. Ein treues Hähnchen, dass daran dachte, dass sie sich nicht mehr von alleine abnutzen würden und der durch das abknabbern verhinderte, dass er hängen blieb. Gegen Ende unter Schmerzmittel stehend hatte Henry gute und wilde, und manchmal weniger gute Tage. Egal ob er quatschmachend und einbeinig an der Kolbenhirse hing und Unfug trieb, oder ob er auf seinem Sitzbrettchen lag. Einer wich ihm nicht von der Seite. Sein treuer Freund und Bodyguard Ernst. Es war wirklich erstaunlich, wie Ernst fast das Schwarmleben aufgab um nur noch für seinen gefiederten kleinen Freund da zu sein. Egal ob es das Kraulen des Köpfchens war, das Gemeinsame aneinander gekuschelt auf dem Sitzbrettchen liegen, das Anlehnen beim Sitzen, wenn Henry nicht mehr konnte oder das füttern, wenn Henry nicht mehr zum Futternapf wollte. Ernst war da und umsorgte den kleinen Henry. Er verteidigte ihn vor den anderen, die nicht verstanden, weshalb sich der Grünling zurückzog. Jagte den frechen Fridolin weg, der doch eigentlich nur gut gelaunt zum spielen auffordern wollte. Ernst war einfach nur noch damit beschäftigt für den Grünling Henry zu sorgen.
Dieses Verhalten trieb mir als beobachtende und besorgte Federlose oftmals die Tränen in die Augen. Wusste ich doch, dass die Zeit für Henry begrenzter wäre, als für alle anderen Vögelchen und Ernst, der so treu sorgende Hahn, nun bald allein zurück bleiben würde. Neben dem Schmerz den ich selbst über den drohenden Verlust eines so kecken und wunderbaren Vögelchens fürchtete, kam der Scherz darüber hinzu, dass ich wusste, wie sehr Ernst seinen treuen Freund vermissen würde. Und wie groß die Lücke sein würde, die ein so kleiner, leichter Federspatz hinterlassen würde.
Die letzten Tage von Henry habe ich leider nur auf Abstand mitbekommen, da ich selbst nicht anwesend sein konnte, als er ins Regenbogenland flog. Aber ich wusste eins ganz sicher. Auch wenn ich zum Zeitpunkt des Übergangs von Henry nicht da war, so war es einer ganz sicher. Bodyguard Ernst, der an Henrys Seite war und ihm nicht einmal wich, als er schon verstorben war. Am Mittag fand eine liebe Freundin, die meine Federchen versorgte, den kleinen Henry am Boden liegend. Neben ihm dicht an dicht gekuschelt saß Ernst, der sanft das Köpfchen von Herny kraulte, obwohl sein kleines Herzchen bereits nicht mehr schlug. Henry wegzunehmen war eine Herausforderung, die fast das Herz von uns allen zerbersten ließ. Wich doch Ernst noch immer nicht und hopste obwohl er damals noch so scheu war, einfach auf den Rand des kleinen Kästchens, in das wir Henry zur letzten Ruhe betteten.
Was Ernst in den folgenden Tagen durchlebte und wie tief ihn der Verlust von Henry traf, das weiß ich nicht. Es zu beurteilen liegt mir nicht, ich weiß nur eins. Er hat eine Botschaft von Henry tief verinnerlicht. Aus dem etwas schüchternen, ruhigen Standard wurde ein Hahn, der selbstbwusst brabbelnd, gutmütig und als gute Seele am Schwarmleben teilnimmt und in dessen Wesen ich noch heute manchmal so manche Keckheit und Allüre von Henry entdecken kann. Als würde ein Teil des grünen Freundes im großen Herzen des Standards fortleben.
Der Bodyguard Ernst ist ein ganz besonderer Vogel und ich bin stolz darauf, ein so wundervolles Wesen in meinem Schwarm beherbergen zu dürfen. Ich wünsche ihm und all meinen anderen Federchen einfach von Herzen, dass sie noch lange, glücklich ihre Runden in ihrem Zimmer ziehen dürfen, bis es eines Tages auf die große, letzte Reise geht. Es nicht nur mit Trauer, sondern es als Privileg zu sehen, diese Wesen erleben zu dürfen, das ist mein Ziel.
In diesem Sinne grüßt euch lieb, Ive mit ihren 14 Abrissbirnen
Der Artikel wurde am 19.01.2015 von Ive84 veröffentlicht in der Kateogie: Geschichten.
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Pfeffi aus Wesel (08.03.2015 - 02:09)
Hallo Liebe Ive,
die Geschichte von Ernst rührt mich zu Tränen. Was für ein wunderbarer kleiner tapferer Wellimann. Und Henry ist bestimmt jetzt sein Schutzwelli, der vom Hirseland aus über ihn wacht.L.G. Steffi
die Geschichte von Ernst rührt mich zu Tränen. Was für ein wunderbarer kleiner tapferer Wellimann. Und Henry ist bestimmt jetzt sein Schutzwelli, der vom Hirseland aus über ihn wacht.L.G. Steffi
Alula aus Duisburg (24.08.2022 - 04:29)
Immer wieder traurig, wie manche Menschen ihre Vögel halten. Schön das deine Schwester so ein wachs Auge hat und er da raus geholt wurde.