Vor etwa einer Stunde ist mein lieber Hahn Ginny von mir gegangen.
Ich bin ganz fassungslos. Anfang der Woche war das noch überhaupt nicht zu erwarten.
Als ich vor zwei Tagen (Do) von der Arbeit kam saß er ganz ruhig auf einem völlig untypischen Platz (einem der alten Käfige, die neben der Nymphen-Voliere standen), als wäre er dort unfreiwillig gelandet. Ich nahm ihn auf den Finger und stellte fest, daß er ganz apathisch war. Habe ihn darauf sofort in die Transportbox gesetzt (bei einem Fuluchtversuch mußte er auch noch Bruchlanden) und wir sind zur TÄ gefahren, die auch auf der Welli.net vkTA Liste steht.
Sie vermutete einen Infekt, spritzte Antibiotikum und bis Dienstag sollte ich Rotlicht geben sowie etwas in Kamillentee getungtes Brot o.ä.
Das tat ich dann auch. Als ich gestern von der Arbeit kam, war auch noch keine Änderung zu sehen.
Heute früh sah auch noch alles nach einem "normalen" Krankheitsverlauf aus. Er saß im Krankenkäfig im Vogelzimmer, die anderen (seine Freundin Harry, und die Nymphensittiche Kakadu und Bibi) waren draußen. Ich machte derweil die Volieren sauber.
Weil er appetitlos war, hängte ich ihm noch einen Hirsekolben hinein.
Als ich vorhin ins Vogelzimmer kam, saß er plötzlich auf dem Käfigboden unnatürlich an die Käfigwand gelehnt. Ich fuhr mit der Hand hinein aber er regte sich nicht mehr, auch nicht als ich ihn in die Hand nahm.
Viele von Euch haben das auch schon mitgemacht. Und jeder weiß, wie einsam man sich in so einem Moment fühlt.
Aber es ist so ungerecht. Ich hatte Ginny gerade ein halbes Jahr, als Jungvogel ist er zu mir gekommen. Kurz davor mußte ich das schon mal bei meiner Lily mitmachen. Während ich weiß, daß ich bei Lily einiges falsch gemacht habe, habe ich mich nun bemüht, keine Fehler mehr zu machen. Aber ich hatte wohl keine Chance. Es ist so bitter, das in einem Jahr zweimal mitzumachen.
Als ich Ginny nach Lilys Tod zu mir holte, war er noch Einzelwelli mit Nymphensittich-Gesellschaft. Aber nur für eine Woche. In dieser Zeit hatte ich mich hier im Forum belesen, wie wichtig artgleiche Partner sind. Dann kam die Henne Harry zu uns (bei beiden hatte ich mich Anfangs mit der Geschlechtsbestimmung vertippt) und Ginny war we ausgewechselt. Einen besseren Beweis, wie wichtig Paarhaltung ist, konnte ich nicht erleben. Während er in der ersten Woche stumm im Käfig oder draußen saß, war von nun an unentwegtes Schnäbel, Zwitschern und Flattern angesagt. Bald hatte ich auch für meinen Nymphinsittich Kakadu eine Partnerin (Bibi) gefunden, aber vor Ginny und Harry hatten die beiden keine ruhige Minute. Bibi hatte es Ginny besonders angetan. Vom ersten Moment an war er ihr auf den Fersen.
Meine Vögel sollten es richtig schön haben, also ersetzte ich bald die (ehrlicherweise zu kleinen) Käfige durch Volieren. Alles war so schön, meine große Freude, immer wenn ich von der Arbeit kam.
Den ganzen Tag dürfen meine Vögel im Vogelzimmer draußen sein. Der Lieblingsspielplatz meiner Wellis war aber die Nymphensittich-Voliere, zum Leidwesen meiner Nymphen. Darum mußten die Wellis Abends immer zuerst in ihre Voli um den Nymphen noch etwas Zeit zur Entspannung zu lassen.
Ginny und Harry waren wie ein Herz und eine Seele. Aber auch mich schlossen sie in Ihre Aufmerksamkein mit ein und ich konnte bald ihre Neugierde wecken und sie auf meine Hand locken. Was war das fürein tolles Gefühl, als die beiden zum ersten Mal gemeinsam auf meiner Hand saßen! Etwas später kamen sie in ihre erste Mauser und bald verfärbten sich ihre Wachshäute. Da sah ich, daßich mich im Geschlecht beider geirrt hatte. Ich dachte kurz daran, ihre Namen zu tauschen, beließ es aber dabei, wie es war, weil ich mich so daran gewöhnt hatte.
Vor ca vier Wochen bin ich für 14 Tage in den Urlaub geflogen Mein Bruder kümmerte sich in dieser Zeit um meine Vögel. Kurz zuvor hielt Ginny ein Beinchen in Schonhaltung. Ich war zunächst besorgt, die Sorge legte sich aber, als er mit Harry wieder seinem üblichen quirligen Spiel nachging. Vielleicht war das ein Vorbote, dem ich mehr Beachtung hätte schenken sollen. Aber hinterher ist man immer schlauer...
All diese schöne Zeit hat nun ein jähes Ende genommen. Was bleibt sind Erinnerungen, viele schöne Fotos und Videos und das gute Gefühl, daß er ein glückliches, wenn auch kurzes Leben hatte.
Meine Gedanken sind nun aber vor allem bei seiner Harry. Ich weiß nicht, ob sie es schon realisiert hat.. Vorhin hörte ich sie rufen und sie saß auf dem Krankenkäfig. Jetzt tappelt sie Bibi hinterher, Kaki sitzt auf meiner Schulter. Ich glaube er merkt was ich fühle, er ist ja schon seit 27 Jahren bei mir...
Ich muß nun auch daran denken, Harry einen neuen Partner anzuschaffen. Mit einem halben Jahr ist sie zwar auch noch sehr jung, aber ich bin mir nicht sicher, ob ein Jungvogel für sie jetzt der richtige Partner wäre. Sie ist als henne nämlich schon sehr dominant.
Ich habe heute noch ein paar Fotos gemacht, unwissend, daß es die letzten sein sollten. Sie sind bei Rotlicht entstanden, darum der Farbstich. Das letzte Bild zeigt Ginny, wie ich ihn in der Hand halte. Es ist nich schön, hier Bilder von toten Vögeln zu zeigen, aber auf dem Bild wirkt es fast so, als wäreer noch am Leben...
Machs gut lieber Ginny, ich wünsche Dir eine schöne Zeit im Regenbogenland. Grüß meine Lily von mir, die mich auch in diesem Jahr verlassen hat, und die ich immernoch so sehr vermisse...