Wellensittiche sind Nomaden und Umgebungswechsel gehören daher eigentlich auch zu ihrem natürlichen Leben. Es schadet also nicht, entgegen weit verbreiteten Ansichten, wenn der Vogelkäfig (z. B. während der Urlaubspflege) an einem anderen Ort steht und die Sittiche "mal was anderes sehen" - im Gegenteil, die Tiere können davon durchaus profitieren. Trotzdem bedeutet der Transport selbst für sie oft Stress - dieses Kapitel soll helfen, diesen so gering wie möglich zu halten.
Manchmal ist es einfach nötig, dass ein Wellensittich "auf Reisen" geht. Die erste Reise führt den Vogel meistens direkt ins neue Zuhause - Züchter und Zoohandlungen "verpacken" die Tiere meistens in speziell dafür hergestellten kleinen Pappschachteln, in denen besonders Jungvögel transportiert werden. Nach dem unverzüglichen Transport ins neue Zuhause kann die Schachtel in den Käfig gelegt oder an das offene Türchen gehalten werden, damit der Wellensittich herauskommen kann - weiteres über die ersten Tage im Heim erfahrt ihr im Kapitel "Der Einzug ins neue Zuhause".
Schwieriger gestaltet sich die Angelegenheit, wenn die Wellensittiche schon in einem Käfig leben und beispielsweise zum Tierarzt gebracht werden sollen. Statt den großen Käfig mitzunehmen, ist es wesentlich empfehlenswerter, die Vögel in einem kleineren Transportkäfig zu transportieren. Entweder kann man hierfür eine echte Transportbox verwenden, wie sie im Zoofachhandel angeboten wird: Diese ist etwa so groß wie ein kleiner Schuhkarton und enthält normalerweise nicht mehr als eine Sitzstange. Der Vorteil dieser Transportkäfige liegt darin, dass der Arzt den Vogel sehr einfach herausgreifen kann, da es praktisch keine Fluchtmöglichkeit gibt.
Alternativ bietet sich auch ein kleines Käfigmodell an, das gleichzeitig als Kranken- und Quarantänekäfig genutzt werden kann. In der Zoohandlung findet man zahlreiche Käfige, die für die dauerhafte Haltung zu klein, für einen zeitweiligen Aufenthalt aber gut geeignet sind. Sie können leicht getragen werden und sind auch im Auto gut unterzubringen, außerdem kann der Tierarzt die Vögel schnell fangen. Es sollten sich keine Schaukeln oder Spielzeuge im Käfig befinden, die während des Transportes schwingen und die Vögel verletzen können.
Leider stehen viele Halter noch vor Verlassen des eigenen Hauses vor einem großen Problem - wie sollen sie die Tiere überhaupt in den Käfig bekommen?
Einige Vögel gehen freiwillig in ihren Transportkäfig, wenn man Käfigtor an Käfigtor öffnet und die Damen und Herren mit Kolbenhirse in den richtigen Käfig komplimentiert.
Relativ einfach ist das Übersiedeln bei handzahmen Vögeln, die mit viel Geduld auf die Hand gelockt und in den Käfig gesetzt werden können. Man sollte sich dabei nicht zu schnell entmutigen lassen, denn oft braucht es viele Versuche, bis der Vogel sich reinbugsieren lässt, ohne davon zu flattern! Aus diesem Grund sollte man für das "Einfangen" genügend Zeit einplanen, damit man nicht unter Zeitdruck gerät. Für den Fall, dass der Vogel hierbei entwischt, müssen Fenster und Türen geschlossen und sicherheitshalber die Vorhänge zugezogen werden, damit der Welli in seiner Aufregung nicht gegen die Scheiben fliegt. Sanftes Zureden und leise Musik können helfen, den Vogel zu beruhigen.
Wenn es nicht gleich klappt und Wellis und Federlose immer nervöser werden, ist es besser, eine kleine Pause einzulegen und es noch einmal zu versuchen, wenn der Vogel sich beruhigt hat. Ist der Sittich ein wenig hungrig, wird er sich mehr auf das Fressen konzentrieren und man kann ihn unter Umständen leichter "übersiedeln". Man sollte also den Vogel nicht unmittelbar vorher füttern (was natürlich nicht bedeutet, ihn hungern zu lassen!)
Wichtig ist es, dass die Wellensittiche den Transportkäfig schon vor dem Ernstfall kennen lernen. Am besten stellt man ihn zumindest zeitweise in Sichtweise des Käfigs, damit sie nicht bei seinem Anblick panisch werden. Vielleicht kann man sie auch schon während des Freiflugs mit einem Leckerbissen hineinlocken, sodass sie lernen, dass der Aufenthalt darin keine unerkannten Gefahren birgt.
Ist der Vogel sehr scheu und lässt sich partout nicht in den Käfig locken, ist man unter Umständen gezwungen, ihn mit der Hand einzufangen. Das muss so schnell wie möglich geschehen, denn jedes längere Jagen bedeutet massiven Stress und erschüttert zudem das Vertrauen des Wellis. Am besten tut man sich zu zweit zusammen: Eine Person sollte das Licht ausschalten, während die andere am Käfig die kurze Verblüffung der Tiere nutzt, um den Wellensittich sofort von hinten zu greifen. Die Flügel müssen dabei umgriffen werden, damit der Vogel sich nicht beim Flattern verletzt! Je schneller, desto besser, damit der Sittich im Idealfall gar nicht weiß, wie ihm geschieht und er im nächsten Moment schon im Käfig sitzt. Übrigens müssen die Tiere nicht sofort das mühsam erworbene Vertrauen verlieren. Viele Wellensittiche müssen z. B. zur Medikamentengabe täglich gefangen werden und bleiben trotzdem zutraulich.
###advertiser_one###Schwierig wird es, wenn ein Vogel aus einem größeren Schwarm scheuer Tiere heraus gefangen werden soll. Hierbei kann ein Kescher nützlich sein. Sofern dieser ein feinmaschiges, weiches Netz hat (damit der Vogel sich weder verheddern noch verletzen kann), kann der Wellensittich so recht schnell eingefangen werden.
Wer noch keine Erfahrung im Umgang mit einem Kescher hat, sollte zunächst ein paar Trockenübungen machen - aber bitte nicht in Sichtweite der Wellensittiche, denn das würde sie natürlich erschrecken. Ein Kescher muss mit zielsicheren, aber nicht zu schnellen Bewegungen geführt werden. Trifft man mit einer zu heftigen Bewegung den Wellensittich mit dem Kescherrand, kann das zu Verletzungen führen. Diese Gefahr besteht besonders bei zu kleinen Keschern. Je größer der Durchmesser des Keschers, desto einfacher ist die Handhabung.
Für einige Halter ist es auch möglich, ihre Vögel mit der Oberseite eines kleinen Käfigs zu “fangen”. Der unten offene Käfig wird dabei über die Wellis gesetzt, die instinktiv auf die Stangen fliegen und sich setzten. Dann kann man das Käfigteil leicht anheben und auf den bereitgestellten Boden setzten. Diese Variante sollte man allerdings nur dann anwenden, wenn die Vögel nicht zu Panik neigen und den Käfig kennen, da es sonst zu ernsthaften Verletzungen durch einklemmen etc. kommen kann.
Sind die Wellensittiche schließlich sicher "verstaut", ist das Schlimmste geschafft. Es empfiehlt sich, den Käfig zum Transport mit einem leichten Tuch abzudecken, damit die Tiere nicht von plötzlichen Bewegungen erschreckt werden und außerdem vor Zugluft geschützt sind. Bei großer Kälte dürfen die Vögel nur sehr kurz draußen bleiben und müssen vor allem gut abgedeckt werden!
Manche Vögel finden es aber auch beunruhigend, wenn sie nicht sehen, weshalb der Käfig ruckelt. Für sie ist es besser, nur die Seiten abzudecken (damit sie nicht durch überholende Autos erschreckt werden) und einen "Sichtspalt" zu lassen.
Bei großer Hitze kann ein feuchtes Tuch auf dem Käfigdach gute Dienste erweisen, denn durch die Verdunstung wird die Umgebung gekühlt. Dass die Vögel dabei nicht nass getropft werden, versteht sich von selbst.
Am unkompliziertesten ist der Transport im Auto, den die meisten Wellis auch bei einer längeren Fahrt gut überstehen. Hier sollte unter Umständen eine Futterpause eingelegt werden. Kolbenhirse oder ein Stück Gurke für die Flüssigkeitszufuhr können auch gut im Käfig bleiben. Über kürzere Strecken kann man den Käfig natürlich auch einfach tragen. Bus und Bahn sind nur bedingt geeignet, wenn die Fahrt nicht zu lange dauert und es im Verkehrsmittel nicht zugig oder allzu überfüllt ist.
Blueberry