Hallo Freunde!
Mein Name ist Chérichen alias Küki. Weshalb ich 2 Namen habe, werdet Ihr in diesem Bericht erfahren. Ich schreibe ihn, um all denen Mut zu machen, die gerade krank sind und eine schlechte „Prognose“ haben. Mein Beispiel zeigt, dass es sich wirklich lohnen kann, „durchzuhalten“. Hier meine Geschichte:
Ich schlüpfte im Herbst 2006 aus dem Ei bei einem Augsburger Züchter. Meine Erinnerungen beginnen an dem Tag, als ich mit meinen Geschwistern und Küken aus anderen Nestern in einen „Jungvogelkäfig“ gesetzt wurde. Meine Eltern vermisste ich zunächst noch, aber ich kam bald darüber hinweg, weil es so viele neue Freunde zu entdecken gab! Im Nachhinein muss ich allerdings sagen, dass die Platzverhältnisse doch recht beengt waren, so dass ich über das, was nun kam, wirklich froh war: Kurz vor Weihnachten kamen 2 Federlose und beobachteten uns mindestens eine Stunde lang. Ab und zu fielen Sätze wie „Der ist aber aufgeweckt.“ Oder „Glaubst Du, dass dieser hier zu den anderen passen würde?“ oder „Mein Gott, die sind ja alle niedlich, wen nehmen wir denn jetzt?“ Schließlich zeigte die weibliche Federlose auf 2 von uns: auf einen „normal Grünen“, mit dem ich mich in den letzten Tagen angefreundet hatte und der später „Paulchen“ genannt wurde, und auf mich! Da wir es gewohnt waren, ab und zu vom Züchter „inspiziert“ zu werden, leisteten wir keinen großen Widerstand, als er uns packte und in einen kleinen Transportkäfig setzte.
Dann fuhren wir mit unseren neuen Federlosen nach München. War ich froh, Paulchen an meiner Seite zu haben! Es ruckelte und wir wussten nicht, was uns erwartete, aber wir waren zu zweit. Nach etwa einer Stunde waren wir angekommen und wurden von der Federlosen in einen Käfig gesetzt, der schon mal größer war als alles, was wir bisher kennen gelernt hatten, und viele interessante Dinge enthielt: Schaukeln, Seile, Glöckchen. Da saßen wir nun und schauten uns um – und hörten von irgendwo her andere Wellensittiche, sahen aber keine. Paulchen meinte nach ein paar Tagen, dass da wohl im Nachbarzimmer Welli-Fernsehen laufe…
2 Tage später geschah etwas sehr Unerfreuliches: Wieder wurden wir in die Transportbox gesetzt und fuhren zu einer Federlosen in weißem Kittel zum „Eingangscheck“: eine Katastrophe! Wir mussten höchst unangenehme Untersuchungen über uns ergehen lassen und fragten uns, womit wir das verdient hatten. Wieder zu Hause erholten wir uns erst einmal von dem Schreck und zeigten uns unserer Federlosen gegenüber erst einmal reservierter…
Nach weiteren 2 Tagen kam dann das große Abenteuer: Unser Käfig wurde mit uns durch einen Gang getragen und in einem großen Zimmer abgestellt. Und da sahen, wir, dass es kein Fernseher war, den wir gehört hatten, sondern 2 weitere Wellensittiche, die uns neugierig beäugten. Da es sich zweifellos um Erwachsene handelte, versuchten wir einen guten Eindruck zu machen! Und dann ging es los: Auf einmal schwirrten die beiden über unsere Köpfe hinweg und wir mussten einfach hinterher. So machten wir unseren ersten gemeinsamen Freiflug. Da die beiden eine wirklich tolle Voliere hatten, nutzten wir gleich die erste Gelegenheit, hinter ihnen hineinzuschlüpfen. Begeistert waren sie nicht, aber sie ließen uns gewähren.
Nachdem wir ein paar aufregende Tage miteinander verbracht hatten, fiel mir auf, dass unsere Federlose mich immer wieder mit besorgtem Blick beäugte. Ich glaube, sie merkte, dass ich irgendwie müder als sonst war. Ich fraß zwar meine Körnchen, hatte aber keine Lust mehr, mit Paulchen zu spielen oder die beiden Älteren zu ärgern. Ich blieb lieber im Käfig und schlief vor mich hin. Außerdem hatte ich Angst, beim Fliegen noch mehr Federn zu verlieren. Jedesmal, wenn ich startete, lösten sich ein oder zwei Schwungfedern und fielen zu Boden.
Kurz nach Neujahr ein neuer Schreck: die Federlose verfrachtete Paulchen und mich wieder in einen kleinen Käfig und wieder ging es zum dem „Weißkittel“. Wieder folgten dieselben unangenehmen Untersuchungen, allerdings nur bei mir. Paulchen durfte im Käfig bleiben und zuschauen. Am Ende wurde mir sogar noch eine Feder ausgerupft. So eine Frechheit!
Die Federlose im weißen Kittel schaute sehr ernst, als sie meiner Federlosen sagte, dass ich Megabakterien hätte. Und als dann ein paar Tage später auch noch die Diagnose „Polyomavirus“ kam, war meine Federlose sehr sehr traurig. Die Arme. Eigentlich mochte ich sie in der Zwischenzeit ja wieder sehr gerne. 2 Wochen lang war das nun ein Zirkus: Täglich bekam ich einen orangefarbenen Papp eingeflößt. Am Anfang war ich ganz kooperativ, aber irgendwann entdeckte ich, dass ich meine kleine Zunge so weit nach vorne strecken konnte, dass das orangene Zeug draußen blieb. Aber es nützte alles nichts, meine Federlose blieb hartnäckig. Gut, dass wir keine Spiegel im Käfig hatten, dann hätte ich nämlich gesehen, dass ich wie ein kleiner Indianer mit Kriegsbemalung aussah…
Nach den 2 Wochen folgten 2 Wochen Pause, und dann fing das ganze wieder von vorne an, wieder für 14 Tage. In dieser Zeit verlor ich auch meine letzten Schwungfedern und lernte nun das Klettern. Wie ein Wiesel flitzte ich an den Gitterstäben entlang! Mittlerweile fühlte ich mich wieder besser. Wenn die anderen draußen herumflogen, blieb ich bei dem alten Romeo, der wegen Altersschwäche nicht mehr fliegen konnte. Meine Federlosen nannten mich nun Küki, weil ich in meinem Gelbgrün und ohne Schwanz wie ein Küken aussah.
Den Sommer über passierte nicht viel: Ab und zu wurden Häufchen von mir eingesammelt und weggebracht und die Federlose kam dann immer und versicherte mir glücklich, dass „alles in Ordnung“ sei. Ich kletterte wie ein Weltmeister im und auf dem Käfig und konnte sogar über eine Brücke den Vogelbaum erreichen. An das Trinkwasser musste ich mich erst gewöhnen, unsere Federlose gab immer ein paar Tropfen Propolis hinzu. Der Thymiantee, den wir nun täglich bekamen, schmeckte hingegen sehr gut, manchmal badeten wir sogar darin…
Und dann, im Herbst, geschah etwas Eigenartiges: Ich entdeckte, dass an meinen Stummelflügelchen größere Federn wuchsen und auch die Schwanzfedern schoben sich wieder heraus. Ich ruderte eifrig mit den Flügeln, aber ich musste mich noch gedulden. Trotzdem trainierte ich schon einmal meine Flugmuskulatur. Dann kam der große Tag: Am 1. Dezember wagte ich den ersten Flug – und es klappte. Ich drehte eine, zwei, drei Runden im Wohnzimmer, landete auf der Voliere und war erst einmal außer Puste. Das hinderte mich freilich nicht daran, gleich nochmal zu fliegen und nochmal und nochmal. Es war so schön!
Das Ganze ist jetzt fast 6 Jahre her, ich werde dieser Tage 7 Jahre. Klein und zierlich bin ich geblieben, aber der Chef im Ring! Ich habe Megabakterien und Polyomavirus überwunden und seitdem nie wieder einen Weißkittel gesehen (die damals nicht sehr viel auf mein Überleben gaben...). Ihr seht, es lohnt sich zu kämpfen!
Euer Chérichen-Küki
PS: Auf den Bildern seht ihr mich als „Küki“ (2. Bild, Mai 2007) und als prächtiger „Chéri“ (1. Bild)!