Megabakteriose

Die Megabakteriose wird auch „Going Light Syndrom“ oder „Macrorhabdiose“ genannt. Sie ist eine unter Wellensittichen weit verbreitete chronische Infektionskrankheit des Magen-Darm-Traktes, die zwar gut behandelbar, aber nicht heilbar ist und schubweise auftritt. Megabakteriose/Macrorhabdiose wird durch den verantwortlichen Hefepilz Macrorhabdus ornithogaster verursacht.

Megabakterien sind nämlich eigentlich Pilze und nicht etwa Bakterien, wie der trügerische Name vermuten lässt. Die Krankheit führt dazu, dass der Verdauungstrakt die eingenommene Nahrung nicht richtig verwerten kann. Diese Problematik kann den Tod eines Wellensittichs bedeuten, wenn die Krankheit nicht erkannt und behandelt wird.

Wellensittiche, die Träger von Megabakterien sind, erkranken nicht zwangsläufig an der Krankheit. Ist die Megabakteriose ausgebrochen, spricht man von einem sogenannten Schub der Krankheit.

Symptome der Erkrankung

Folgende typische Symptome können bei einem Krankheitsschub beobachtet werden:

  • Gestiegener oder gleichbleibender Appetit bei abnehmendem Gewicht des Vogels aufgrund der verminderten Futterverwertung (Tier "verhungert" trotz Futteraufnahme = *Going Light*)
  • Hochwürgen von Körnern und/oder von Schleim
  • Grünlicher Durchfall
  • Unverdaute Körner im Kot
  • Aufgeplustertes Federkleid
  • Apathie und gesteigertes Schlafbedürfnis
  • Bei fortgeschrittener Krankheit evtl. Störungen des zentralen Nervensystems und Organversagen

Infizierte Vögel, bei welchen die Krankheit nicht akut ausgebrochen ist, zeigen keine derartigen Symptome! Auch scheinbar gesunde Vögel können unentdeckt diese Pilze in sich tragen, teilweise sind sie sogar ein Leben lang klinisch unauffällig. Wenn also die beschriebenen Symptome auftreten, sollten Halter und Tierarzt nie die Möglichkeit ausschließen, dass es sich um einen akuten Krankheitsschub durch Megabakterien handelt, auch wenn der Vogel zuvor jahrelang "gesund" war.

Wie erstellt man eine Diagnose?

In Fällen eines akuten Schubes lassen sich Megabakterien am besten durch eine mikroskopische Untersuchung des Kots und durch einen Färbetest nachweisen. Unter dem Mikroskop sind die Pilze als stäbchenförmiges Gebilde erkennbar. Auch mit Hilfe eines Abstriches aus dem Kropf können Megabakterien aufgespürt werden. Diese Pilze werden jedoch nicht immer ausgeschieden. So kann es vorkommen, dass keine Megabakterien nachweisbar sind und das Untersuchungsergebnis negativ ausfällt, obwohl Krankheitserreger vorhanden sind. Das macht eine Diagnose oft noch schwieriger. Röntgen kann als weitere Untersuchung genutzt werden. Bei einer Megabakteriose kann man eine Veränderung des Drüsenmagens oder auch Muskelmagens erkennen.

Gerade bei klinisch unauffälligen Tieren, die beispielsweise routinemäßig oder wegen eines Eingangschecks untersucht werden, ist der Nachweis des Erregers selten. Wenn trotz eines positiven Allgemeinzustandes Megabakterien nachgewiesen werden, liegt es im Ermessen des behandelnden Tierarztes (und des Halters), ob eine medikamentöse Behandlung notwendig und verhältnismäßig erscheint. Wie erwähnt, sind viele Wellensittiche Träger dieser Pilze, scheiden diese also auch ab und an aus, bleiben aber dennoch ein Leben lang ohne akuten Krankheitsschub. Wird also vereinzelt Macrorhabdus ornithogaster im Kot entdeckt, kann es sich auch um einen „Zufallsbefund“ handeln. Ein leichter Befall mit Megas muss nicht zwingend eine Therapie mit Medikamenten erfordern.

Konservative Behandlungsmöglichkeiten

Wellensittiche am Amphobart
rechter Vogel erhält zur Zeit Amphomoronal

Wenn die aufgezählten Symptome eintreten, sollte man unverzüglich einen vogelkundigen Tierarzt aufsuchen, der dann ggf. einen akuten Krankheitsschub an Megabakteriose diagnostiziert. Wellensittiche können sehr schnell an Gewicht verlieren, was für das geschwächte Tier eine lebensgefährliche Entwicklung darstellt. Die gängigsten Behandlungsmittel sind Antimykotika mit dem Wirkstoff Amphotericin B, z. B. Ampho Moronal Suspension (nicht wasserlöslich) oder Fungizone (wasserlöslich). Diese Medikamente werden, je nach Ermessen des behandelnden Tierarztes und Schwere des Befalls, entweder oral oder über das Trinkwasser mehrere Wochen verabreicht.

Sollte der Vogel nicht selbstständig fressen wollen/können, kommt eine stationäre Aufnahme beim vogelkundigen Tierarzt bzw. eine Zwangsernährung mit einer Kropfsonde in Frage. Die Abmagerung des Wellis kann sehr schnell gehen und deshalb sollte der Welli unter Beobachtung stehen und regelmäßig gewogen werden.

Wichtig ist es das Medikament über den festgelegten Zeitraum regelmäßig zu verabreichen und die Behandlung nicht vorzeitig abzubrechen, wenn es dem infizierten Tier wieder etwas besser geht.

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Ansteckung mit dem Hefepilz

Ob das Going-Light-Syndrom ansteckend ist und wie die Ansteckung genau erfolgt, ist noch nicht bekannt. Häufig aber wird vermutet, dass eine Ansteckung theoretisch in folgenden Fällen zumindest denkbar wäre:

  • Partnerfütterung bzw. Fütterung der Küken
  • Schnäbeln
  • Aufnahme über den Kot
  • Trinken infizierten Trinkwassers
Wellensittiche wird gefüttert
Partnerfütterung

Seitdem der Krankheitserreger 1977 erstmals entdeckt und 2003 endgültig den Hefepilzen zugeordnet wurde, galt die Megabakteriose lange Jahre als hochansteckend. Obwohl die Möglichkeit einer Ansteckungsgefahr nach wie vor nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, konnte in den neueren Krankheitsstudien der 2000er Jahre, kein eindeutiger Nachweis dafür gefunden werden. Trotz diverser klinischer Versuchsreihen, sind sich die Forscher heutzutage immer noch unschlüssig. Manche Untersuchungsergebnisse legen sogar den Verdacht nahe, dass es sich nicht zwingend um einen krankmachenden Erreger im klinischen Sinne handelt. Vielmehr weisen die meisten Ergebnisse darauf hin, dass der Erreger größtenteils kommensalisch oder sogar symbiotisch lebt.

Bereits im Jahr 2008 wurde in voneinander unabhängigen pathologischen Forschungen bei 60% bis 80% aller dort untersuchten Wellensittiche der Befund Megabakterien gestellt - unabhängig von der Todesursache der Tiere. Wäre es also eine ansteckende Krankheit, so wäre es nicht abwegig, dass inzwischen in allen Beständen Megas vermutet werden, ganz gleich ob es sich um die Vögel eines Züchters, eines Zoofachhandels oder eines privaten Halters handelt.

Fakt jedoch ist Folgendes:
Erst wenn verschiedene negative Faktoren zusammenkommen, nehmen die Megabakterien Überhand und können dann potentiell gefährlich werden.

Somit ist es auch nicht als sinnvoll anzusehen, erkrankte Tiere von ihren gefiederten Freunden zu trennen oder sie auf Grund der Diagnose in einen (nachweislich) infizierten Schwarm abzugeben.

Faktoren, die den Ausbruch der Krankheit begünstigen

Vögel, die ein gutes Immunsystem aufweisen, erkranken bewiesener Maßen weit weniger häufig an Megas als jene mit schlechtem. Folgende Faktoren begünstigen einen Schub bzw. den Ausbruch der Krankheit:

  • Stress in jeglicher Form: Verlust des Partners, Umstellung des Futters, Umstellung der Käfig-/Voliereneinrichtung, Neuzugänge, Ortswechsel, Transport, Arztbesuch, Aufzucht, Streit unter Artgenossen, Urlaub der Federlosen, Einfangen des Vogels
  • Mauser, da in dieser Phase der Körper im Allgemeinen geschwächt ist
  • Falsche Ernährung

Möglichkeit von Sekundärinfektionen

Durch einen Ausbruch der Krankheit wird nicht nur der Verdauungsapparat gestört, sondern insgesamt auch die Immunabwehr. Das bedeutet, dass einmal erkrankte Vögel häufiger an Sekundärinfektionen leiden, d. h. an einer zusätzlichen Infektion mit einem anderen Erreger.

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Maßnahmen, die der Wellensittichhalter ergreifen muss

Das Hauptziel ist die Steigerung des Immunsystems, d.h. ideale Haltungsbedingungen, Hygiene, Freiflug, Artgenossen und artgerechte Ernährung.

Einerseits muss man jeglichen Stress reduzieren bzw. vermeiden und andererseits vor allem auf die spezielle Ernährung achten: Zuckerhaltige Nahrung ist bei der Erkrankung strengstens zu vermeiden.

Folgende Nahrung darf nicht gereicht werden:

  • Knabberstangen aus dem Handel (lieber selbst eine zuckerfreie Variante backen)
  • Hauptfuttermischungen, die in irgendeiner Weise Zucker enthalten (Traubenzucker, Honig, Bäckereierzeugnisse)
  • Zuckerhaltige Vitamin- & Aufbaupräparate (ggf. Nutzen/Risiko mit dem vkTA abwägen)
  • Alkoholhaltige Präparate, da Alkohol vom Körper in Zucker umgewandelt wird (ggf. Nutzen/Risiko mit dem vkTA abwägen)
  • Obst, aufgrund des enthaltenen Fruchtzuckers
  • zuckerhaltige Gemüsesorten, z. B. Mohrrüben und Mais

Stattdessen sollte zuckerfreies Futter gereicht werden

Wellensittiche mit roter Hirse
halbreife Hirse für die Wellis

Grundsätzlich sollten zusätzlich zum normalen Körnerfutter viel Gemüse und auch Kräuter angeboten werden, um das Immunsystem zu stärken. Dabei ist penibel darauf zu achten, dass Frischkost leicht verdirbt und Futterreste nach max. 3 Stunden entfernt werden. Sehr leicht verdauliches Futter (grüne Hirse, rote Hirse, Keim- und Quellfutter, ggf. extrudiertes Futter) eignet sich bestens für den strapazierten Verdauungstrakt.

Während eines Krankheitsschubes, sollte man den betroffenen Tieren nur sehr leicht verdauliches Futter anbieten und weniger Gemüse und Kräuter. Auch Kochfutter ist sehr bekömmlich. In diesem Fall wird die zuckerfreie Hauptfuttermischung einige Stunden in Wasser eingeweicht und dann einige Minuten aufgekocht. Bei starker Reizung der Kropfschleimhaut während eines Schubes kann man seine Futtermischung anpassen. Mehr runde Saaten füttern und dafür spitze Saaten reduzieren, wie verschiedene Gräsersorten.

Trinkwasser

Im Akutfall können verschiedene Teesorten, welche pilzhemmende bzw. positive Wirkung auf die Darmflora haben, unterstützend zu dem Medikament angeboten werden. Besonders geeignet sind: Thymian, Salbei, Kamille sowie Cistus Incanus. Gegen das Würgen und die Schleimhautreizung kann auch Ringelblütentee helfen. Den Tee bietet man verdünnt als Trinkwasser den Wellis an. Alternativ kann man mit dem Tee auch Quell- und Keimfutter herstellen oder auch die Kolbenhirse darin einweichen. Anstatt Tee gibt es Thymian auch als Extrakt, dass direkt ins Trinken gegeben werden kann. Die Kräuter können natürlich auch als Frischkost verfüttert werden, besonders wenn die Wellis keinen Tee trinken.

Nach einer abgeschlossenen Behandlung kann man das Trinkwasser auch mit Apfelessig ansäuern. Apfelessig gilt einerseits als pilzhemmend und hat andererseits eine positive Wirkung auf die Darmflora des Wellensittichs. Es empfiehlt sich hier eine längere Kur mit Abständen dazwischen, da Apfelessig auch gute Bakterien der Darmflora beeinträchtigen kann. Zu Apfelessig gibt es aber unterschiedliche Meinungen, manche Tierärzte empfehlen es und andere lehnen es ab.

Probiotika und Laktobazillen

Anwendungsgebiete dieser guten Bakterien der Darmflora sind:

  • Verdrängung und Hemmung von Enterobacteriaceae, Streptokokken, Staphylokokken und Sprosspilzen
  • Unterstützung der physiologischen Dünndarmflora bei Antibiotikagabe
  • Stabilisierung der gutmütigen Dünndarmflora als Schutz vor Reinfektionen mit pathogenen Erregern

Probiotika sollten bei einem Schub gegeben werden, um die Darmflora zu schützen bzw. wieder aufzubauen. Zusätzlich kann man bei Megabakterien im Schwarm regelmäßige Kuren mit Laktobazillen durchführen.

regelmäßig Gewicht erfassen

Wellensittiche auf der Goldwaage
stressfreies Wiegen für den Welli

Das Gewicht ist ein wichtiger Indikator und sollte daher regelmäßig erfasst werden. Optimal wäre es wöchentlich im selben Zeitraum, beispielsweise jeden Sonntagmorgen. Um das Gewicht exakt zu bestimmen, kann man eine kleine Waage benutzen - allerdings gibt zudem der Zustand des Brustbeins einen wichtigen Anhaltspunkt über den individuellen Ernährungszustand des Tieres.

Empfehlenswert ist eine Goldwaage oder eine Küchenwaage, die mindestens auf 1 Gramm genau wiegt. Bitte nie aus Angst zu viel Futter reichen! Sonst läuft man Gefahr, dass Vögel übergewichtig werden und dies zieht andere Probleme nach sich!

Sand als Einstreu

Da Wellensittiche mit Magen-Darm-Beschwerden dazu neigen zu viel Sand/Grit aufzunehmen, weil sie sich dadurch Linderung erhoffen, sollte während eines Krankheitsschubes besser gänzlich darauf verzichtet werden. Alternativ kann man Buchenholzgranulat oder auch einfaches Küchenpapier als Bodeneinlage verwenden.

Das Lesen eines Artikels in dieser Rubrik ersetzt nie den Gang zum vogelkundigen Tierarzt!
 

Mucki