Hi Freunde der bunten Piep-Experten,
als ich aktuell einer Freundin zur Seite stehen wollte, die sich einen Wellensittich kaufen wollte. Ich teilte ihr mit, dass das bei einem Züchter am vielversprechendsten wäre, auch um die Wahrscheinlichkeit einen kranken Vogel zu bekommen zu reduzieren. Die Tiere haben am wenigsten Stress hinter sich und sind bei gewissenhaften Vogelzüchtern sicherlich auch weniger profitorientiert durchgezüchtet.
So weit so gut. Ein Inserat in xxx versprach, wenn auch mit schweren Rechtschreibfehlern junge Wellensittiche in verschiedenen Farben. Kurzer Anruf, Termin ausgemacht und losgefahren.
Bei Ankunft gab ich ihm meine Hand und nannte meinen Namen. Er sagte seinen nicht.
Der erste Eindruck der Voliere war in Ordnung, so wie man es als Zucht-Laie bewerten konnte. Mich würde bezüglich des dann folgenden Beratungs- und Verkaufsgesprächs die Meinung der hier zahlreich anzutreffenden Fachleute interessieren.
Der Zuchtmeister gab erstmal eine Geschichte zum Besten, dass er vor wenigen Tagen 70 Vögel an einen Züchter verkaufte, der damit nach Frankreich fuhr. Daher wären so wenige Jungtiere da. Dann sprach er darüber, dass er die ganzen Zoogeschäfte aus Überzeugung nicht beliefert, da diese unseriös sind und er seine Vögel dort nicht landen lassen will. Das klang eigentlich ganz seriös.
Der "Züchter" hatte ein Wellensittich-Volieren-Haus mit zwei getrennten Abteilungen. In einem waren zahlreiche Wellensittiche, die laut Aussage zur Zucht seien. Die zu verkaufenden Jungvögel waren daneben untergebracht. Es waren ca. 17 Wellensittiche mit 3 Nymphensittichen in der Voliere.
Meine erste Frage war, ob man die Voliere betreten kann, da eine gute Betrachtung auf Gesundheitsaspekte bei den Lichtverhältnissen sehr schwierig gewesen wäre.
"Ausgeschlossen. Da kommt keiner rein. Ich weiß nicht, wo Du vorher mit den Schuhen warst."
Ok, akzeptiert, da es mir auch aus Hygienegründen sinnvoll vorkam. Dann ging er hinein, um die Vögel zur Außenseite zu scheuchen, sodass man sie besser betrachten konnte.
Gleich fielen mir zwei hellgrüne sehr junge Vögel auf, die deutlich deformierte Nasenlöcher hatten. Ein Nasenloch war jeweils bei beiden zugewuchert und wirkte nicht gleich groß, verglichen mit der anderen Seite. Es war sicher nicht normal. Ich sprach ihn umgehend höflich darauf an. Er verwies darauf, dass das normal sei, es seien Weibchen und das sei immer so. Es gäbe welche mit so einer braunen Wachshaut und die anderen mit blauer.
Ich beharrte aber darauf und sagte, es sei meiner Meinung nach nicht normal, sodass er einen einfing, ihn mir in der Hand zeigte und sich auf 30 Jahre Wellensittichzuchterfahrung berief und wiederholte, dass das normal sei. Ich kam ihm entgegen und er bekam die Floskel: "Ok, dann vertrau ich Dir mal." Fakt ist für mich, dass es eine sehr seltsame, noch nie gesehene Wucherung war und nicht mit normaler weiblicher Verhornung zu erklären, so wie er es mir als Kunden verkaufen wollte.
Eben las ich, dass es durchaus vorkommen kann bei geschlechtsreifen, brutlustigen Weibchen und sich Hyperkeratose nennt. Es kann aber auch andere Ursachen haben, wie etwa eine Nährstoffmangelsituation, was bei solch jungen Tieren wohl näherliegen dürfte.
Dann sprach ich ihn auf Farbschläge an und sagte ihm, dass ich meinen Sittich, als ich ihn kaufte für eine Schwarzauge hielt, doch durch den später sichtbar gewordenen Irisring doch erfahren musste, dass es ein sogenannter doppelfaktoriger Spangle sei.
Darauf folgte vom Züchter lauthalses Gelächter, sie schwachsinnig die ganzen Bezeichnungen seien, die ein paar Idioten zusammengesponnen haben, frei erfundene Begriffe für irgendeinen zufälligen Farbschlag. Er würde nur Naturzuchten produzieren und ein solcher Vogel ist für ihn wie alle anderen ähnlichen auch, einfach ein "Weißer Wellensittich." Dann hielt er mir einen weißen vor's Gesicht und sagte: "Die haben alle schwarze Augen und weißen Irisring."
Ich hielt es für richtig, ihm nicht alles zu glauben und dachte, es wirs schon einen wissenschaftlichen Grund für solche Extra-Bezeichnungen geben und dass es so einfach wie er es darstellt nicht sein wird. Ich antwortete: "Du siehst das wohl so, weil Du keine Farbzuchtziele hast, wie andere Züchter."
"Nein, nein. Es gibt keine Farbziele. Alles Zufall. Sobald dann irgendwas daraus kommt, suchen sie nach irgendwelchen Fantasienamen für den neuen Farbschlag."
"Egal", dachte ich. Nun zum Thema "Wie alt ist der oder der Vogel in seiner Voliere?" Meine Freundin sagte, dass der eine dort schön wäre, aber doch älter als alle anderen. Der nächste Einwand des Zucht-Profis: "Warum soll der älter sein?" - "Ja, die Streifenzeichnung auf der Stirn fehlt. Sie ist reinweiß."
"Das hat nichts zu bedeuten, die sind alle jung. Das sind nur andere Arten." Ab jetzt hegte ich starke Zweifel an der wahren Ahnung dieses Zuchtbetreibers mit 30 Jahre Erfahrung und fühlte mich nicht mehr wohl beim Gedanken, dem einen Vogel abzukaufen.
Doch der Eklat kam erst noch. Die Beringungspflicht sei seit Oktober 2012 abgeschafft und seine ganzen Vögel hätten keine Ringe, weil das ohnehin nur Kosten verursache. (Pro Ring 1 Euro). Zugegebenerweise war mir das als Nichtzüchter unbekannt, dass die Ringpflicht tatsächlich abgeschafft wurde. Aber mein erster Gedanke war, dass trotzdem jeder Wellensittich, den ich in den letzten Wochen sah, beringt war.
Mir kam es so vor, als sei dem Züchter, der hier wohl sehr auf Einsparungen achtete, so ein abgeschafftes Gesetz nur zu sehr gefiel und womöglich andere Züchter unabhängig von der Verpflichtung die Beringung beibehalten. Einen ringlosen Vogel zu kaufen war mir im gesamten Zusammenhang dann zu unheimlich und ich wusste nicht, wie ich damit nun umgehen sollte.
Schließlich wollte ich mir die Kloake des in in Frage kommenden Wellensittichs ansehen und fragte, ob er den mal kurz fangen könne, um mir diese zu zeigen. Dann wurde er autoritär: "Das ist Stress für die Vögel. Sucht Euch einen aus, dann fange ich ihn. Aber jetzt jeden Vogel einfangen geht nicht."
Vor wenigen Minuten fing er selbst jeden Vogel ein, nur um was "zu checken", erwischte dabei sogar zwei auf einmal und fuchtelte weiter mit dem Kescher herum. Einen Vogel hielt er bei seinen Monologen 5 Minuten in der Hand und machte Gesten dabei.
Aber bei einem stichhaltigen Grund, dem Kunden noch einmal einen prüfenden Blick zu gewähren, kam auf einmal das "Stressargument".
Fazit: Der Deal ist geplatzt und ich bin vom Hof gegangen und sagte ihm, dass ich ihn nicht empfehlen kann und es überaus komisch finde, wenn ein Züchter mit langjähriger Erfahrung die wichtigsten Kriterien um Jung- von Altvögeln zu unterscheiden nicht kennt.
Ich finde diese erste Züchtererfahrung bedauerlich und bin nun immer noch auf der Suche, nach einem professionellen, vertrauenswürdigen Züchter im Raum OWL. Ich bin gespannt, was ihr zu dieserm Erlebnis zu sagen habt und mir raten könnt.
War ich zu streng? Hab ich den Eklat zu verschulden oder war ich einfach nur besser informiert, als der angebliche Fachmann? (Wie ihr es sicher auch schon oft erlebt habt).