Entstehung der Gefiederfarben bei Wellensittichen

Wellensittiche gibt es schon längst nicht mehr nur in grün-gelb, sondern in vielen verschiedenen Farben und Zeichnungen. Auch wenn das Aussehen für die allermeisten Wellihalter eine untergeordnete Rolle spielt, sind doch viele neugierig, welchem Farbschlag ihre Vögel zuzuordnen sind. Dafür hilft ein Blick in unser Farbschlaglexikon. Doch wie entstehen die verschiedenen Gefiederfärbungen eigentlich?

Ganz einfach ausgedrückt gibt es im Inneren der Feder einen Farbstoff, der für die Gelbfärbung verantwortlich ist, sowie zwei weitere, dunkle Farbstoffe, die zum einen für die Wellenzeichnung, zum anderen für Blaufärbung (mit-)verantwortlich sind. Besitzt ein Wellensittich beide Farbstoffe, so ist er grün gefärbt, fehlt einer der beiden Farbstoffe, so wird er gelb oder blau – fehlen beide, so handelt es sich um einen weißen Wellensittich. Bei Schecken fallen die Farbstoffe nur in bestimmten Bereichen des Gefieders aus. Bei der Gefiederfärbung spielen allerdings noch andere Faktoren wie die Struktur der Feder eine Rolle. Wer es genauer wissen möchte, ist herzlich eingeladen zu ein wenig Biologie (und ein ganz klein wenig Physik):

Farbstoffe im Gefieder

Bei allen Tieren – und auch beim Menschen – entstehen Gefieder-, Fell- oder Hautfarbe durch kleine, rundliche oder stäbchenförmige Farbpartikel im Gewebe, die so genannten Pigmente. Bei Wellensittichen spielen drei verschiedene Farbstoffe eine Rolle: Psittacin, Eumelanin und Phäomelanin.

Melanine finden sich bei vielen Tierarten und auch beim Menschen wieder, zum Beispiel in unserem Haar: Während Eumelanin es braun oder schwarz färbt, ist Phäomelanin für eine Blond- oder Rotfärbung verantwortlich. Melanine können sowohl in der äußeren, so genannten Rindenschicht, als auch im Federkern eingelagert werden, man bezeichnet sie danach als Vorder- oder Hintergrundmelanine. Es ist immer nur eines der beiden Melanine im Gewebe vorhanden – normalerweise Eumelanin. Nur durch eine Mutation, die beim Farbschlag der Falben auftritt, wird das Eumelanin durch Phäomelanin ersetzt.

Psittacin hingegen ist im Tierreich den Papageien vorbehalten – die Familie der Papageien wird im Lateinischen übrigens mit „Psittacidae“ bezeichnet. Psittacin ist bei Wellensittichen gelblich und wird auch als Fettfarbstoff bezeichnet - weil es in Fett löslich ist und durch Fetttröpfchen von den Federfollikeln in die neu wachsenden Federn transportiert wird. Dieser Farbstoff ist nur in der Rindenschicht, der äußersten Schicht, eingelagert.

Querschnitt Federkiel

Die Wellenzeichnung

Für die Wellenzeichnung der Sittiche sind die oben genannten Vordergrundmelanine zuständig: Eumelanin bzw. Phäomelanin ist in der äußeren Rindenschicht eingelagert, wodurch an diesen Stellen die Gefiederoberfläche dunkel gefärbt ist und die typischen Wellenmuster zeigt.

Bei einem wildfarbenen Wellensittich ist Eumelanin in hoher Konzentration vorhanden – der Vogel hat eine schwarze Wellenzeichnung. Bei Vögeln, bei denen Eumelanin in geringerer Menge eingelagert ist, ist die Zeichnung heller: die Intensität kann von grau (wie bei der Wellenzeichnung der Hell- und Grauflügel) bis braun (bei den Zimtern) reichen.

Durch Mutation ist bei manchen Sittichen das Eumelanin durch Phäomelanin ersetzt. Dieser Farbstoff ist eher braun oder gelblich und verursacht eine aufgehellte, leicht rötliche Wellenzeichnung: Man spricht von Falben.

Gelb, blau und grün – oder doch weiß?

Dass dunkles Melanin die dunkle Wellenzeichnung verursachen kann, ist einleuchtend. Wie können aber nun schwarze bzw. braune und gelbe Farbstoffe blaue und grüne Gefiederfarben erzeugen? Dafür brauchen wir die versprochene Physik! Sie steckt im Aufbau des Federkiels, vor allem in der von röhrenförmigen Hohlräumen durchzogenen, selbst farblosen Strukturzellenschicht.

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Trifft Licht auf die Feder, so dringt es durch die beiden äußeren Schichten in den Federnkern und wird hier am eingelagerten (Hintergrund-)Melanin reflektiert, also zurückgeworfen. Die Lichtwellen interferieren (überlagern sich und löschen sich teilweise aus) in der Strukturzellenschicht, wodurch aus dem weißen Licht blaues Licht entsteht. Die Blaufärbung entsteht also durch das Zusammenspiel von dunklem Federkern und Interferenz in der Strukturzellenschicht! Falls nun zusätzlich in der Rindenschicht gelbes Psittacin vorhanden ist, entsteht aus blau und gelb grün als wahrgenommene Gefiederfarbe. Falls bei einem Vogel kein Psittacin eingelagert ist, nehmen wir nur die Blaufärbung wahr. Fehlt das Melanin im Kern, wird das Licht nicht reflektiert und kann daher natürlich auch nicht in der Strukturzellschicht zu blauem Licht umgewandelt werden - einzig das gelbe Licht vom Psittacin wird wahrgenommen und der Welli erscheint gelb. Wenn sowohl Psittacin als auch Hintergrundmelanin fehlen, ist die Feder weiß, da weder durch Psittacin eine Gelbfärbung noch durch die Reflexion am Kern eine Blaufärbung entstehen kann. Wenn im Federkern Pigmente eingelagert sind, aber in geringerer Konzentration, ist der Vogel aufgehellt oder, wenn noch Psittacin eingelagert ist, gelb mit leichtem Grünstich.

Fehlt bei einem Wellensittich das Melanin nicht nur im Federkern, sondern im gesamten Körper, so spricht man von einem Lutino, falls noch Psittacin vorhanden und der Vogel deshalb gelb gefärbt ist, oder von einem Albino, falls alle Farbpigmente fehlen und der Vogel rein weiß ist. Da damit auch das Vordergrundmelanin fehlt, besitzen diese Farbschläge keine Wellenzeichnung. Echte „Inos“ haben außerdem immer rote Augen, denn Melanine färben nicht nur die Federn, sondern eben auch die Augen dunkel.

Farbschlaege

…und die grauen Wellis?

Diese Vögel haben (wie beispielsweise auch Nymphensittiche) keine normal aufgebaute Strukturzellenschicht, in der das Licht interferieren könnte: Die Hohlräume dieser Schicht sind so stark zusammengeschrumpft, dass sie stattdessen nur noch eine für Interferenz zu dünne Hornschicht darstellt. Die Wellen können in dieser Schicht also nicht den notwendigen Weg zurücklegen, der die Interferenz entstehen lassen und damit zu einer grünen oder blauen Färbung führen könnte – Bereiche, in denen kein Psittacin eingelagert ist, sind deshalb nicht blau, sondern grau (die dunkle Farbe wird durch die verhornte Strukturzellenschicht leicht abgeschwächt), oder, wenn es auch keine Melanine im Federkern gibt, weiß.

… und die violetten Wellis?

Als "Violettfaktor" bezeichnet man eine Mutation der Strukturzellenschicht, bei der deren Struktur so verändert wird, dass die Lichtinterferenz nun violettes statt blauen Lichts entstehen lässt. Diese Veränderung der Strukturzellenschicht kann in verschiedene Farbschläge eingekreuzt werden, weil sie zusätzlich zur Abwesenheit der verschiedenen Farbpigmente auftreten kann: Psittacintragende Sittiche sind in einem dunkleren Grün gefärbt als wenn sie eine „normale“ Strukturzellenschicht hätten, Albinos ganz ohne Farbstoff erhalten einen leichten Rosaschimmer; aber nur Sittiche, die Melanin, aber kein Psittacin besitzen (also normalerweise blau wären) werden violett.

Hell, dunkel, doppelt dunkel?

Auch der so genannte "Dunkelfaktor" entsteht durch Veränderungen der Strukturzellenschicht. Ist diese dünner, wirkt der Vogel dunkler – bei einem Dunkelfaktor entsteht ein dunkelgrüner und bei zweien (Doppelfaktor) ein olivgrüner Vogel – oder, bei Psittacinlosen Vögeln aus der Blaureihe, dunkelblau und mauve. Mit „einfach“ und „doppelt“ ist gemeint, dass diese Eigenschaft von nur einem oder aber von beiden Elternteilen vererbt wird.

Schecken

Bei gescheckten Wellensittichen fehlen in manchen Bereichen des Gefieders Psittacin bzw. Melanin, während sie in anderen vorhanden sind. So entstehen bei der Wildform und bei den Gelbgesichtern aus der Blaureihe das gelbe Gesicht - oder bei den zahlreichen Züchtungen die verschiedensten Scheckungen am ganzen Körper. Auch das Vordergrundmelanin in der Rindenschicht kann in Teilbereichen ausfallen oder in geringerer Konzentration vorliegen: So entsteht die hellere Wellenzeichnung im Nacken von Opalin-Vögeln. Bei Spangle-Wellensittichen hat sich das Melanin in die Federränder „verlagert“: Die normalerweise dunklen Bereiche der Wellenzeichnung sind hell und von dunkleren Rändern gesäumt.

Nur für Wellensittiche

… spielt ferner die Eigenschaft des Psittacins, UV-Licht zu reflektieren, eine Rolle. Diese „Farbe“ ist für uns nicht wahrnehmbar, ist für Wellensittiche, die einen anderen Wellenlängenbereich des Sonnenlichts wahrnehmen können als wir, aber bei der Partnerwahl von Bedeutung. Daher sollte man seinen Vögeln das Tageslichtspektrum einer Birdlamp gönnen, damit sie sich gegenseitig in voller Farbpracht bewundern können.

Rote Wellensittiche?

Egal, wie sehr sich Züchter bemühen: Rote Wellensittiche werden sie wohl nie hervorbringen. Zwar entsteht die Färbung bei roten Papageienarten auch durch Psittacin, das dazu aber in einer anderen (nämlich rötlichen) Form vorliegen muss. Wellensittiche hingegen besitzen nur gelbes Psittacin, sodass ihr Gefieder niemals rot werden kann – es fehlen schlicht und ergreifend die dafür notwendigen Farbpigmente! Auch über die Ernährung ist es nicht möglich, das Gefieder rot zu färben, da Wellensittiche Karotin aus der Nahrung, das zum Beispiel Flamingos bei der richtigen Fütterung rosa färbt, von den Sittichen zwar aufgenommen, nicht aber in die Federn eingelagert werden kann. Bei Bildern angeblich roter Wellensittiche handelt es sich um einen Irrtum.

 

Blueberry