Zwangsernährung bei Wellensittichen

Es gibt Situationen, in denen ein Wellensittich nicht mehr fressen möchte oder es womöglich auch gar nicht mehr kann. Dafür verantwortlich können verschiedene Krankheiten sein oder dass er keinen Appetit mehr verspürt. Leider kann es auch dazu kommen, dass der Vogel gar nicht mehr in der Lage ist selbstständig zu Fressen.

Zu den verschiedenen Möglichkeiten zählen beispielsweise Schnabelverletzungen oder sehr schwere Infektionen des Kropfes. Auch Jungvögel, die zu zeitig von ihren Eltern getrennt wurden und somit noch nicht selbstständig fressen können. Leider gibt es auch hin und wieder verwaiste Vogelküken, die zwangsernährt werden müssen, da sie nicht von den Eltern gefüttert werden oder gar die Henne während der Aufzucht verstirbt.

Um dem Vogel weiteres Leben zu ermöglichen, ist es erforderlich ihn eine gewisse Zeit einer Zwangsernährung zu unterziehen.

Welche Methoden der Zwangsernährung gibt es?

Bei einer der Methoden wird Weichfutter über einen Löffel in den Schnabel gegeben. Dies ist die häufigste Methode, die angewendet wird. Die Fütterung mit dem Löffel ist besonders anstrengend für den beteiligten Vogel. Aber auch für den Halter ist es eine große Stresssituation. Denn der Vogel schluckt diesen Brei ja nicht freiwillig, sondern er wird dazu gezwungen. Diese Methode macht eher bei Jungvögeln Sinn, denn sie lernen schnell. Sie sind so hungrig, dass sie den Brei sehr schnell vom Löffel nehmen und gierig hinterschlucken.

Eine Zwangsernährung kann man ebenfalls mit einer Futterspritze, welche natürlich ohne Nadel ist, durchführen. Dies ist etwas besser geeignet für Vögel, die krank sind oder nicht fressen wollen, als die Methode mit dem Löffel. Leider schlucken die Vögel den Brei nicht immer herunter, wenn sie keinen Appetit haben. Sie spucken ihn dann lieber wieder aus. Es kann aber auch passieren, dass die Vögel den Brei im Schnabel immer wieder hin und her schieben, dass er irgendwann durch die Nase wieder heraus kommt. Das bringt mit sich, dass die Vögel kaum noch atmen können, da der Rachenraum mit Brei belegt ist. Aber auch dies ist für einen sehr geschwächten Vogel ein echter Kampf und anstrengend für ihn, denn es gibt nur ganz wenige Vögel die den Brei freiwillig herunterschlucken.

Ein Aufsatz für eine Spritze ist sehr sinnvoll. Auf dem Foto sind Euter- oder Zitzenkanülen zu sehen. Diese sind etwa 1,5 cm lang (ohne den Teil, der über die Spritze gezogen wird) und können für Laien sehr hilfreich sein, wenn man zwangsernähren oder Medikamente verabreichen muss. Durch den spitzen Aufsatz, kann man den Schnabel ganz gut aufhebeln falls der Vogel ihn nicht freiwillig öffnet. Bis zum Kropf kommt man damit nicht, ist also eher für die Medikamentengabe nützlich.

Kanülen

Weitere Hilfsmittel die ein relativ stressfreies Füttern von Brei ermöglichen sind Kropfsonden oder Kropfkanülen. Die Kropfsonden/ -kanülen sind entweder aus Metall oder aus Kunststoff und entweder gebogen oder gerade und etwa 5 bis 8 cm lang. Sie haben eine breite Ausflussfläche, welche das Risiko verringert, dass das Medikament sich stoßartig "in einem Schuss" entleert. Benutzt werden können hierfür beide Kanülen.

Kropfsonde

Eine Kropfsonde/ -kanüle wird durch den Schnabel und durch die Speiseröhre geführt und weiter so lange in den Vogel geschoben, bis sich die Öffnung der Kanüle im Kropf des Wellensittichs befindet. Dort wird der Brei aus der Spritze in den Kropf befördert. Der Vorteil liegt darin, dass der Vogel den Brei nicht verweigern kann und er auf alle Fälle im Vogel landet. Leider ist das ganze aber auch nicht ungefährlich. Deshalb sollte diese Variante nur von einem Tierarzt durchgeführt werden! Es besteht noch die Möglichkeit sich dies immer wieder zeigen zu lassen, bis man wirklich alle Schritte weiß und es auch selbst machen kann, natürlich die ersten Male immer wieder im Beisein des Tierarztes. Dazu gehört aber eine gehörige Portion Mut und auch eine sehr ruhige Hand. Denn wenn man mit der Kropfsonde/ -kanüle verrutscht, kann man damit die Luftröhre treffen, statt die Speiseröhre und der Vogel würde ersticken. Da die Vögel meist sehr geschwächt sind, werden sie aber eh fast immer beim Tierarzt bleiben, also stationär aufgenommen. Der Tierarzt führt die Zwangsernährung durch.

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Welches Futter ist geeignet?

Das sogenannte Handaufzuchtfutter ist sehr gut als Futterbrei geeignet. Dieses Handaufzuchtfutter darf nicht mit dem normalen Aufzuchtfutter verwechselt werden! Handaufzuchtfutter ist in Pulverform erhältlich und ist direkt für die Aufzucht von Papageien. Es gibt auch Aufzuchtfutter, dies ist aber nicht geeignet zur Zwangsernährung, da es eine völlig andere Zusammensetzung hat. Dieses Futter wird an die Eltern verfüttert und nicht direkt an die Küken!

Das Pulver des Handaufzuchtfutters wird mit Wasser zu einer relativ flüssigen Masse zusammen gemixt. Sie darf nicht zu fest sein, da es ja durch die Spritze und die Kanüle passen muss und das möglichst ohne, dass man fest drücken muss, denn die Gefahr des Verrutschens und die damit entstehenden Verletzungen ist einfach zu groß. Der Brei sollte mindestens 30 Grad Celsius warm sein und nicht wärmer als 38 Grad Celsius, denn sonst führt man dem Vogel innerliche Verbrennungen zu. Der Brei muss für jede Fütterung frisch angerührt werden. Schon einmal aufgewärmter Brei sollte nicht noch einmal erwärmt werden.

Das Pulver des Handaufzuchtfutters ist leicht verderblich. Nach dem Öffnen ist dies nicht lange haltbar. Es besteht die Möglichkeit es einzufrieren. Dies sollte aber sofort nach dem Öffnen geschehen. Am besten portioniert man dies und friert es luftdicht verpackt ein, so bleibt es nach dem Auftauen noch streufähig. Das Pulver ist nach dem Öffnen eingefroren, noch etwa 11 Monate haltbar. Dieses Pulver kann man sofort nach dem Einfrieren mit heißem Wasser zu Brei anrühren. Leider kann man fertig angerührten Brei nicht einfrieren, da er sehr leicht verklumpt und somit nicht mehr durch die Spritze passt.

Wenn einem kein Handaufzuchtfutter zur Verfügung steht, dann kann man auch mal zu Babybrei greifen. Dieser Brei sollte aber ohne Milchzucker (Laktose) sein! Denn Milchzucker führt bei Wellensittichen sehr schnell zu Verdauungsstörungen, die sich mit Blähungen äußern oder gar durch Durchfall.

Da der Brei sehr viel Flüssigkeit enthält, wird der Welli für die nächste Zeit auch sehr flüssigen Kot haben, ähnlich wie Durchfall.

Was ist die richtige Futtermenge?

Ausgewachsene Wellensittiche sollten am Tag mindestens 3 Mahlzeiten bekommen. Die Betonung liegt bei mindestens, denn die meisten brauchen noch mehr Mahlzeiten: Dies sollte aber der behandelnde vogelkundige Tierarzt bestimmen, ebenso sollte er die Futtermenge pro Mahlzeit bestimmen. In der Nacht ist eine Fütterung meistens nicht notwendig.

Bei Jungvögeln sieht das anders aus. Sie brauchen regelmäßig Nahrung, also auch Nachts. Sie befinden sich im Wachstum und brauchen diese Regelmäßigkeit bis sie ca 4 Wochen alt sind. Auch hier ist es wichtig, sich mit dem vogelkundigen Tierarzt in Verbindung zu setzen. Er kann die benötigte Futtermenge bestimmen.

Achtet darauf, dass Ihr nicht zu viel von dem Brei mit einmal verabreicht. Denn dies führt zu einem vollen Kropf und dieser wiederum bringt einige Beschwerden mit sich. Die Beschwerden reichen von Atemnot bis zu Futterstau. Es kann passieren, dass der Brei im Kropf anfängt zu gären.

Welche hygienische Maßnahmen muss man beachten?

Während der Zeit, die ein Vogel zwangsernährt wird, muss die höchste Priorität die Hygiene sein. Eine neue Spritze bei jeder Fütterung ist Pflicht! Die Kropfkanülen können wiederverwendet werden, sollten aber nach jeder Mahlzeit gründlich aus- und durchgespült werden. Am besten kocht man das ganze dann auch noch in heißem Wasser, damit keine Bakterien eine Chance haben sich zu vermehren. Man möchte doch nicht dem ohnehin schon kranken und geschwächten Vogel Bakterien oder andere Krankheitserreger in den Kropf führen. Das führt dann sehr schnell zu Infektionen.

Die Reste des Breis sollten um den Schnabel herum und auch aus dem Gefieder entfernt werden, damit es nicht verklebt. Denn im Brei können sich sehr schnell verschiedene Krankheitserreger vermehren, die dem ohnehin schon geschwächten Vogel so gar nicht gut tun würden.

Was ist zu tun, wenn der Vogel nicht eigenständig Nahrung aufnehmen kann?

Die Zwangsernährung sollte niemals dem Tier verweigert werden, wenn es notwendig ist und der Vogel später wieder alleine fressen kann. Manche Halter lassen ihre Vögel dennoch einschläfern, weil sie es dem Tier nicht an tun möchten. Doch es gibt so viele Beispiele, bei denen die Wellensittiche mit der Zeit wieder anfingen zu fressen. Man sollte den Vögeln die Chance zum Leben geben. Wenn alles nichts mehr bringt und es sicher ist, dass er niemals selbstständig fressen wird, dann kann man immer noch über eine Einschläferung und somit um eine Erlösung des Tieres nachdenken.

Anders ist dies bei der Handaufzucht von Jungvögeln. Hier sollte man auf alle Fälle den Tierarzt zu Rate ziehen! Füttert die Henne das Küken nicht, gibt es noch die Möglichkeit es einer anderen brütenden Henne unter zuschieben, oft werden die Küken so dann von dieser Henne mit versorgt. Andernfalls bitte sofort den Tierarzt kontaktieren.

 

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