Der vogelkundige Tierarzt nimmt verschiedene Untersuchungsmethoden vor, auf die wir hier ein wenig näher eingehen werden.
Kommt der Patient in seinem (Transport)Käfig in das Behandlungszimmer, wird er als erstes vom vogelkundigen Tierarzt genau angesehen: Welchen Eindruck macht der Wellensittich, ist er munter oder deutlich schlapp, inwiefern plustert er sich auf, wie geht die Atmung etc. All diese Dinge sind wichtige Indikatoren für eventuelle Erkrankungen. Darüber hinaus wird der Halter oft in dieser Zeit befragt, welche Auffälligkeiten er selbst daheim feststellen konnte.
Zum Abtasten wird der Vogel in den Fixiergriff genommen. Die Tastuntersuchung gibt dem Tierarzt zum einen Aufschluss über den Ernährungszustand des Wellensittichs, zum anderen können so Schwellungen und/oder Verhärtungen z. B. an Kropf oder im Bauchraum ausgemacht werden.
Das Abhören beim Wellensittich erfolgt analog dem beim Menschen, indem ein Stethoskop auf den Brustkorb des Tieres gelegt wird. Der Tierarzt kann so Atem- und Herzgeräusche untersuchen.
Zusätzlich zur Tastuntersuchung wird der Vogel gewogen. Gerade bei einem längeren Krankheitsverlauf kann so eine Gewichtszu- oder –abnahme gut kontrolliert werden. Zum Wiegen wird der Wellensittich in ein Behältnis gesetzt, welches dann auf die Waage gestellt wird.
Einige Erkrankungen, wie z. B. Trichomonaden, verursachen einen veränderten Geruch des Wellensittichs. Der Tierarzt riecht etwa am Schnabel des Vogels oder möglicherweise auch an einer Kotprobe, denn auch hier kann der Geruch Aufschluss über die Art der Erkrankung geben.
Die bis hierhin unternommenen Untersuchungen geben zwar meist schon Hinweise, mit welcher Krankheit ein Wellensittich zu kämpfen hat, reichen aber zumeist für eine vollständige Diagnose nicht aus. Aus diesem Grunde sind weitere Untersuchungen nötig:
Für einen Kropfabstrich wird dem Wellensittich ein steriler Tupfer über den Schnabel bis in den Kropf eingeführt. Dazu wird der Vogel im Fixiergriff gehalten. Im Kropf angelangt, wird mit dem Tupfer über die Schleimhaut gefahren, um so dort befindliche Erreger aufzunehmen. Im Anschluss an die Entnahme wird die Probe auf einen Objektträger gestrichen und unter dem Mikroskop begutachtet. Ein Befall von Trichomonaden kann schon durch diese Art der Untersuchung festgestellt werden. Auch einige Pilz- und Bakterienarten sind auf diesem Wege diagnostizierbar. In einigen Fällen ist es sinnvoll, von dem Abstrich eine Kultur anzulegen, dazu wird die Probe auf einem Nährboden angezüchtet. Dies geschieht meist in entsprechend dafür ausgerüsteten Labors.
Bei der Kropfspülung gewinnt der Tierarzt eine Probe zum Untersuchen, indem er eine so genannte Knopfkanüle in den Kropf einführt. Das ist eine stumpfe, gebogene Kanüle mit der z. B. auch Medikamente direkt in den Kropf eines Vogels gegeben werden können. An der Knopfkanüle ist eine Spritze, die mit einer vorgewärmten NaCl-Lösung (Kochsalzlösung) befüllt ist. Mit dieser wird nun der Kropf gespült und direkt im Anschluss die Flüssigkeit wieder abgesaugt. Eine Probe der Spülung wird nun auf einen Objektträger gegeben, die analog zum Abstrich untersucht wird.
###advertiser_one###Auch im Rachenraum eines Wellensittichs können sich Erreger angesiedelt haben. Hier wird ähnlich wie beim Kropfabstrich vorgegangen, allerdings muss der Tierarzt mit dem Tupfer nur bis in den Rachen des Vogels vordringen, um dort durch Streichen über die Schleimhaut eine Erregerprobe zu gewinnen.
Der Kot eines Wellensittichs ist ein wichtiger Indikator für seine Erkrankung. In vielen Fällen reicht es aus, wenn eine im Transportkäfig abgesetzte Probe von dort entnommen und untersucht wird. Zum einen erfolgt dies unter dem Mikroskop, zum anderen ist auch hier das Anzüchten von Kulturen möglich. Hat der Wellensittich z. B. keinen Kot im Transportkäfig abgesetzt oder ist es aus anderen medizinischen Gründen notwendig, kann auch eine sterile Probe entnommen werden. Dazu wird dem Vogel über die Kloake ein Tupfer eingeführt, um Kot bzw. Erreger direkt aus dem Darm zu entnehmen. Wird vorab ein Termin vereinbart, kann erfragt werden, ob es sinnvoll ist, schon eine (Sammel)Kotprobe mitzubringen. Dazu empfiehlt es sich, den Käfigboden mit Klarsichtfolie auszulegen, da eine Probe so leicht entnommen werden kann und nicht durch Einstreu verunreinigt wird.
Zum Nachweis einiger Erkrankungen (z.B. PBFD) ist es notwendig dem Patienten eine Feder zu ziehen. In der Regel werden hierfür Federn aus dem Deckgefieder im Brustbereich entfernt. Wichtig für die meisten Untersuchungen ist, dass am Federkiel etwas Blut des Vogels vorhanden ist. Aus diesem Grund eignen sich Federn, die etwa schon einige Zeit im Käfig liegen, nicht für die notwendigen Tests.
Gerade bei Veränderungen der Haut wird eine Probe der betroffenen Stelle entnommen. Dafür wird z. B. mit einem stumpfen Skalpell eine Probe der erkrankten Hautpartie abgeschabt und diese direkt auf einen entsprechenden Nährboden aufgebracht.
Hat ein Vogel häufig Schnupfen, ist es sinnvoll nachzuforschen, ob dem ein Erreger oder sogar eine Allergie zugrunde liegt. Für eine Nasenspülung wird der Sittich mit dem Kopf schräg nach unten im Fixiergriff gehalten, so kann während der Prozedur keine Flüssigkeit in seine Lungen gelangen. Mit Hilfe einer Spritze auf die ein sehr dünner, flexibler Schlauch gesetzt ist, der in das Nasenloch eingeführt wird, wird unter gleichmäßigem Druck eine körperwarme NaCl-Lösung in die Nase gespitzt. Anschließend wird die Flüssigkeit wieder abgesaugt und entweder sofort unter dem Mikroskop begutachtet oder für weitere Untersuchungen in ein entsprechendes Labor geschickt. Hat der Vogel sehr starken Nasenausfluss, kann dieses Sekret mit einem Tupfer aufgenommen und untersucht werden.
Gibt es rund um das Auge eines Wellensittichs Veränderungen, ist es oft notwendig hier einen Abstrich zu machen. Dabei muss der Vogel sicher fixiert werden, damit es bei einer Abwehrreaktion nicht zu Verletzungen kommen kann. Der Abstrich wird mit einem Tupfer am Übergang von Ober- zu Unterlid von den Lidbindehäuten entnommen.
In einigen Fällen ist es notwendig, die Körpertemperatur des Wellensittichs zu überprüfen. Hierfür führt ihm der Tierarzt ein Thermometer in die Kloake ein.
###advertiser_two###In vielen Fällen lässt sich gerade durch die Abstriche schon eine Diagnose stellen. Ist dies nicht möglich, gibt es noch weiterführende Untersuchungen:
Auch wenn selbst einige Tierärzte der Meinung sind, einem Wellensittich könne man kein Blut abnehmen, stimmt das nicht. Allerdings sollte diese Maßnahme von einem solchen Tierarzt dann auch nicht durchgeführt werden. Das Volumen des Wellensittichblutes entspricht in etwa 10% vom Körpergewicht des Vogels. Weitere 10% davon können einem gesunden Tier ohne Probleme entnommen werden. Das entspricht bei einem Vogel mit einem Gewicht von 40g 0,4ml Blut. Ist ein Tier erkrankt, ist genau abzuwägen inwiefern eine zusätzliche Schwächung durch eine Blutentnahme gegenüber dem Nutzen der Untersuchung vertretbar ist. Aufgrund der recht geringen Blutmenge, die einem Wellensittich entnommen werden kann, ist es möglich, dass diese für eine bestimmte Untersuchung nicht ausreichend ist. In diesem Falle bestimmt der vkTa, zu welchem Zeitpunkt eine zweite Probe entnommen werden kann und sollte.
Für die Entnahme gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen kann das Blut aus der Flügelvene entnommen werden. Dazu wird der Vogel in Rückenlage fixiert und der Flügel so ausgebreitet, dass ein Zugang zur Vene möglich ist. Nach der Entnahme wird auf die punktierte Stelle sofort ein Tupfer aufgelegt und der Wellensittich wieder in eine aufrechte Position gebracht. Wird Blut auf diesem Wege entnommen, lässt sich ein Bluterguss meist nicht vermeiden. Bei der anderen Methode wird das Blut aus der Halsvene entnommen. Hierfür von Vorteil für den Patienten: Er wird während der Entnahme in einer aufrechten Position fixiert, was seinem Kreislauf zuträglicher ist. Diese Fixierung muss sehr sicher und fachgerecht sein, da sich in unmittelbarer Nähe der Entnahmestelle wichtige Nerven und Arterien befinden. Die Hämatombildung ist bei dieser Methode geringer.
Auch wenn der Tierarzt nur die maximal mögliche Menge an Blut entnimmt, kann es passieren, dass der Wellensittich nach der Untersuchung einige Minuten schlapp und desorientiert ist. Nach einer kurzen Zeit erholt sich das Tier zumeist wieder. Unter Umständen kann es passieren, dass die Blutabnahme beim Wellensittich zum Tod führt. Das ist jedoch zumeist dann der Fall, wenn eine Erkrankung schon sehr weit fortgeschritten ist und den Körper sehr geschwächt hat. In diesem Falle stehen die Überlebenschancen für das Tier aber auch ohne Blutuntersuchung schon sehr schlecht.
Gerade wenn bei der vorhergegangenen Tastuntersuchung Schwellungen im Bauchraum ausgemacht wurden, ist es oft sinnvoll eventuelle Organveränderungen sichtbar zu machen. Auch bei Knochenbrüchen oder –veränderungen kommt diese Untersuchungsmethode ins Spiel. In den allermeisten Fällen muss ein Wellensittich für eine Röntgenaufnahme nicht in Narkose gesetzt werden – das Risiko der Untersuchung ist somit überschaubar. Für die Aufnahme wird der Vogel durch einen Helfer (und teilweise unter Zuhilfenahme so genannter Fixationsplatten) fixiert. Für einige Röntgenaufnahmen wird dem Tier zusätzlich ein Kontrastmittel verabreicht, um so bestimmte Bereiche besser sichtbar zu machen.
Ähnlich wie beim Menschen ist auch bei Wellensittichen eine Ultraschalluntersuchung möglich. Dabei ist es für den Vogel besonders schonend, wenn er in einer halb aufrechten Position von einem Helfer gehalten und fixiert wird. Eine Ultraschalluntersuchung stellt vor allem bei Größenveränderungen von Herz, Leber und Nieren sowie Ansammlungen von Flüssigkeit im Bauchraum eine sehr genaue Diagnosemöglichkeit dar.
Natürlich muss nicht jeder Test oder jede Untersuchung bei einem Besuch beim vogelkundigen Tierarzt durchgeführt werden. Was gemacht wird, ist immer abhängig von den Symptomen, die der Wellensittich zeigt bzw. der Krankheit selbst. Welche Dinge genau erforderlich sind, entscheidet der Tierarzt.
Je nach Untersuchungsmethode muss unterschiedlich lange auf die Ergebnisse gewartet werden. Eine mikroskopische Untersuchung bringt etwa sofort ein Ergebnis, Blutuntersuchungen vor Ort und Röntgenaufnahmen nehmen meist 20-30 Minuten in Anspruch, werden von Abstrichen Kulturen angezüchtet, dauert ihre Auswertung einige Tage.
Bealu