Wie bekomme ich meinen Wellensittich zahm? Sanftes Zähmen

Immer wieder stößt man in Büchern oder auch im Netz auf Beschreibungen, wie man Wellensittiche zähmen kann. So manche Methode lässt einem Tierfreund das Blut in den Adern gefrieren. Wir wollen keine Details nennen. Der einzig richtige Weg zur tiergerechten Zähmung führt über Geduld. Zwang kann keine Lösung sein! Und wenn ein Wellensittich partout nicht zutraulich werden will, dann müssen wir das akzeptieren.

Wird ein Wellensittich nur allein zahm?

Das ist ein sich hartnäckig haltendes Gerücht. Es gibt ganze Minischwärme, die sehr zahm sind. Andersherum sucht mancher einzeln gehaltene Wellensittich niemals Anschluss an den Menschen. Ob ein Wellensittich jemals zahm wird, hängt nicht zuletzt von dem Charakter des Tieres ab.

Viele Leute kaufen sich zunächst einen Wellensittich, um ihn an sich zu gewöhnen in dem Glauben, dass sich ein einzelner Wellensittich schneller dem Halter zuwendet, als ein Pärchen. Diese Vermutung ist aber oftmals falsch. Bevor man sich also entscheidet auch nur vorübergehend einen Einzelwellensittich zu kaufen, sollte man erstmal das Für- und Wieder des so genannten "Vorzähmens" abwägen und man wird feststellen, dass die Nachteile dieser Praxis deutlich die scheinbaren Vorteile überwiegen. In unserem Artikel Vorzähmen? - Nein Danke! betrachten wir detallierter, warum die vorübergehende Einzelhaltung zur Eingewöhnung dem Tier schadet, während diese Praxis auch dem Halter praktisch keine Vorteile bietet.

Deswegen ist es in jedem Fall besser, direkt ein Pärchen zu kaufen - Geduld und Zeit braucht man in jedem Fall, da spielt es keine Rolle, dass es nun gleich zwei vielleicht noch etwas unsichere Wellensittiche sind. Für die Piepmätze ist es auf jeden Fall schöner, wenn sie gleich zu zweit das neue Zuhause beziehen. Da fällt die Eingewöhnung gleich viel leichter und zu zweit ist man auch viel mutiger, denn ein Freund an der Seite gibt Sicherheit.

Wie lange dauert es, bis ein Wellensittich zahm wird?

Generell kann man sagen, je älter ein Wellensittich, desto schwieriger wird es, ihn an die Hand zu gewöhnen. Am einfachsten bekommt man einen sehr jungen Wellensittich zahm, der gerade futterfest ist. Aber man muss unbedingt "dranbleiben"; erste Erfolge sind oft zunichte, wenn man sich mal ein paar Tage nicht intensiv mit dem Kleinen beschäftigt. Manche Wellensittiche werden aber trotz aller Bemühungen nicht sehr zutraulich, das muss man akzeptieren und darüber sollte man sich von vornherein klar sein.

Vertrauen gewinnt man nur mit Geduld und Ruhe

Oberste Devise: Niemals mit Gewalt etwas erzwingen wollen! Der Welli muss Vertrauen zu seinem Futtergeber fassen. Das Problematischste ist wohl die Hand, mit der sehr viele Wellensittiche schon früh schlechte Erfahrungen gemacht haben. Deswegen braucht man sehr sehr viel Geduld und einen kräftigen Arm beim stundenlangen ruhigen "Hand hinhalten". Zeigt der Wellensittich Angst, sollte man ihn nicht weiter bedrängen, sondern lieb mit ihm sprechen und die Hand zurückziehen.

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Anlockmittel und Leckerbissen: Kolbenhirse

Die rote ist besonders lecker und hat schon so manchen Wellensittich dazu gebracht, das erste Mal aus der Hand zu fressen und vielleicht sogar ein Füßchen auf die Hand des Futtergebers zu setzen. Sinnigerweise sollte der Wellensittich vorher wissen, was Kolbenhirse überhaupt ist und wie prima sie schmeckt...

Und niemals! den Wellensittich hungern lassen, damit er auf die Hand steigt. Das hat dann mit Vertrauen nichts mehr zu tun; da wird einfach seine Not ausgenutzt und bringt nicht viel. Solche Methoden sollten der Vergangenheit angehören, denn das grenzt an Tierquälerei.

Trotz allem Zähmungseifer sollte man den Wellensittich aber natürlich nicht mit Kolbenhirse überfüttern; denn sie ist eine Nascherei und darf nicht zum Hauptnahrungsmittel werden.

Welli und Hirse
"Erstmal vorsichtig gucken ...

Welli frisst Hirse
... dann probieren ...

zahmer Welli
... schmeckt, und die Hand tut nix ...

zahmer Welli frisst Hirse
... dann haue ich richtig rein ...

zahmer Welli Hirse
... und weil ich keine Angst habe, bleibe ich sogar sitzen, wenn ich satt bin!"

Zahm? Warum denn überhaupt?

Wie wichtig ist Zahmheit? Sicherlich ist es schön, wenn unsere Wellensittiche Vertrauen zu uns haben und freiwillig auf die Hand oder die Schulter klettern. Aber jeder Futtergeber sollte sich auch im Vorhinein darüber klar sein, dass nicht jeder Vogel derart zutraulich wird und damit leben können. Wer einen vorsichtigen Wellensittich als genauso liebenswert empfinden kann wie einen zahmen, wird später keine Enttäuschungen erleben.

Wer jedoch unbedingt und auf jeden Fall zahme Schmusetiere haben will, ist mit Wellensittichen nicht gut beraten, denn eine Garantie gibt es eben niemals.

Immer mehr Wellensittichhalter lösen sich glücklicherweise von der verstaubten Vorstellung des anhänglichen Einzelvogels und versuchen, ihren Vögeln ein Optimum an artgerechter Lebensqualität zu bieten. Dabei entdecken die Federlosen, wie schön es ist, einfach mal nur zuzuschauen beim "Welli-TV" und sich am natürlichen und verspielten Schwarmverhalten zu erfreuen.

Dazu muss man sich nicht gleich eine ganze Horde Australier ins Haus holen. Schon zwei Wellensittiche zeigen ein breites Verhaltensspektrum mit Kraulen, Füttern und Spielen, das schnell erkennen lässt, dass der dringende Wunsch nach Zahmheit eigentlich nur unser purer Egoismus ist.

Plötzlich dann tritt dieser Gedanke in den Hintergrund, und wir lernen, unsere Haustiere als das zu lieben und behandeln, was sie sind: Tiere mit ihren eigenen Bedürfnissen, denen wir die bestmöglichen Bedingungen schaffen müssen. Denn wir haben die Verantwortung, unsere Tiere haben keine Wahl; also sollten wir tun was wir können, um unseren gefiederten Freunden das Leben so schön wie möglich zu gestalten.

Ein Wellensittich wird wohl nie danke sagen, aber tut er das nicht mit seinen strahlenden Augen und seinem lauten Geschimpfe, wenn er mit seinen Kumpels zum zehnten Mal und mit wachsender Begeisterung vor der ausgestreckten Hand mit der Kolbenhirse flüchtet? Wenn wir begreifen, dass die wahre Freude für uns in der Erkenntnis liegt, dass es unseren Schützlingen gut geht, ist Zahmheit bald gar nicht mehr so wichtig.

 

Silvia