Nicht selten hört und liest man im Zusammenhang mit einer Erkrankung beim Wellensittich von einer Kropfentzündung. Diese Diagnose wird zumeist dann gestellt, wenn ein Vogel, neben anderen Krankheitsanzeichen wie Apathie und Plustern, trocken würgt und Futter regrutiert, also unverdaute Körner aus dem Kropf wieder nach oben würgt. Doch was steckt hinter dieser Diagnose?
Auch wenn es selbst bei (in aller Regel nicht-vogelkundigen) Tierärzten noch heißt, ein Wellensittich sei an einer Kropfentzündung erkrankt, ist das so als Diagnose nicht ausreichend. Ein gereizter oder gar entzündeter Kropf ist genauso nur ein Symptom einer Krankheit, wie es z. B. Kopfschmerzen oder Durchfall sind. Um dem betroffenen Tier adäquat helfen zu können, muss also unbedingt die Ursache für die Beschwerden vom Tierarzt gefunden werden.
Will man also der Ursache der Kropfentzündung auf den Grund gehen, muss der Tierarzt bei einer Untersuchung des Patienten im Mindesten ein Kropfabstrich machen und auswerten. Die Untersuchung einer Kotprobe, Röntgen oder auch eine Endoskopie sind, je nach Sachlage, außerdem hilfreich bzw. notwendig.
Eine Kropfentzündung bei Wellensittiche kann viele verschiedene Ursachen haben und es ist gut möglich, dass sich bei einem geschwächten Tier auch mehrere Erreger festsetzen und vermehren. Eine Vorschädigung der Kropfschleimhaut begünstigt die Besiedlung durch Bakterien. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Ursachen hierfür spätestens nach einer erfolgreichen Behandlung auszumerzen.
Die wichtigsten und häufigsten Ursachen für eine vorgeschädigte Kropfschleimhaut:
Einzeln gehaltene Wellensittiche entwickeln häufig Verhaltensstörungen, wie das ständige Füttern eines Partnerersatzes in Form eines Spiegels, Plastikvogels oder ähnlichen, vornehmlich glänzenden Gegenstands. Da dieser „tote“ Freund das hoch gewürgte Futter aber nicht annimmt, schluckt der Wellensittich es häufig wieder und/oder beginnt das Füttern von vorn. Allgemein wird der Fütterungsvorgang bei einer solchen Verhaltensstörung weitaus häufiger wiederholt, als es bei einem Vogel in der Paar- oder Schwarmhaltung der Fall wäre. Das ständige Hochwürgen des Futters reizt die Schleimhaut des Tieres über die Maßen, so dass die natürliche Widerstandskraft gegen Erreger verloren geht.
Leider ist es noch nicht jedem Wellensittich-Halter bekannt, dass menschliches Essen schädlich für seine Vögel ist. Neben Übergewicht und Organschädigungen kann es durch das Fressen von gewürzten Lebensmitteln oder auch stark säurehaltigem Obst (hier eine Übersicht, was dagegen bedenkenlos verfüttert werden kann) schnell zu Schleimhautreizungen kommen, die Sekundärinfektionen nach sich ziehen können.
Wellensittiche sind sehr nagefreudige Tiere und so kann es durchaus vorkommen, dass sie im Spiel kleine Teile eines Gegenstandes ablösen und verschlucken. Kann dieser nicht wieder hoch gewürgt werden und verbleibt im Kropf, reizt er die Schleimhaut und kann sogar zu schwerwiegenden Verletzungen führen.
Aus diesem Grund sollte man als Federloser schon beim Kauf eines Spielzeugs auf seine Qualität achten, das Material darf nicht aus brüchigem oder hartem Kunststoff bestehen, von dem sich Kleinteile für den Vogel leicht ablösen lassen. Auch bei Seilen ist hier Vorsicht geboten, ebenso bei der Beschichtung des Käfigs oder der Voliere.
###advertiser_one###Bei der Hypovitaminose A handelt es sich um eine ernährungsbedingte, durch Vitamin A-Mangel ausgelöste Erkrankung. Durch die Mangelerscheinung kann sich die Kropfschleimhaut des Vogels nicht ausreichend regenerieren und ist anfällig für Verletzungen und Erreger.
Achtung: Eine eigenmächtige Vitaminbehandlung darf nicht durchgeführt werden, da es hier schnell zu einer Überdosierung kommen kann, die ebenfalls schädlich für den Vogel ist!
Ist die Kropfschleimhaut erst einmal gereizt oder geschwächt, finden verschiedene Erreger optimale Bedingungen vor, sich dort anzusiedeln. Aber auch ein an sich gesundes Tier kann an unterschiedlichen Infektionen erkranken.
Im Folgenden ein Überblick der wichtigsten und häufigsten möglichen Auslöser für (Sekundär)Infektionen:
Bei Trichomonaden handelt es sich um parasitäre Einzeller, die sich im Kropf eines Wellensittichs ansiedeln und dort vermehren. Typische Symptome sind (trockenes) Würgen sowohl mit als auch ohne Futterauswurf und/oder Schleim, Niesen, Gewichtsverlust und Apathie. Der Erreger lässt sich vom Tierarzt über einen Kropfabstrich und eine direkt anschließende mikroskopische Untersuchung nachweisen. Gegen Trichomonaden sind die meisten Antibiotika unwirksam!
Megabakteriose ist eine chronische Erkrankung mit Hefepilzen. Der Pilz siedelt sich im Verdauungstrakt des Vogels an und beeinträchtigt dort die Nahrungsverwertung. Neben Würgen und Erbrechen sind weitere typische Anzeichen grünlicher Durchfall, gesteigerter Appetit bei gleichzeitigem Gewichtsverlust, unverdaute Körner im Kot und Apathie. Der Erreger ist hauptsächlich im Kot des Tieres, sehr selten in einem Kropfabstrich nachweisbar. Tückischer Weise wird der Pilz aber nicht immer mit ausgeschieden, so dass ein Befund trotz eines Befalls negativ ausfallen kann. Gegen Megabakteriose hilft kein Antibiotikum! Gegebenenfalls muss eine Sekundärerkrankung damit therapiert werden.
Auch an bakteriellen Infektionen, etwa ausgelöst durch Staphylokokken oder Streptokokken, kann ein Wellensittich erkranken. Hierbei können die verschiedenen Erreger sehr ähnliche Symptome verursachen. Da viele Arten von Bakterien gegen bestimmte Antibiotika resistent sind, ist die Anlage von Kulturen und das Durchführen eines Resistenztests durch den Tierarzt nötig, damit der Vogel im Anschluss mit einem entsprechend wirksamen Antibiotikum behandelt werden kann.
Unverträglichkeiten gegen bestimmte Nahrungsmittel können auch beim Wellensittich vorkommen und sind leider nur schwer bestimmbar. Beim Welli gibt es keinen Allergietest, wie man den von uns Menschen kennt. Der Halter bekommt dies nur über Ausprobieren unterschiedlicher Saatenmischungen oder auch Weglassen einer Saat oder Futterzusatz heraus. Die Symptome können stark anderen Ursachen ähneln. Das wären etwa trockenes Würgen, Körner spucken, Aufblähen des Kropfes, Körner im Kot bis zu anderen Veränderungen des Kotes, z. B. flüssiger Urinanteil. Nach dem Weglassen eines Nahrungsmittels tritt meist relativ schnell eine Besserung der Symptome ein, da Wellis eine schnelle Verdauung haben.
Neben den bisher genannten Auslösern für die typischen Symptome einer Kropferkrankung können auch Tumore, Abszesse oder Lipome ursächlich für häufiges Würgen, Regrutieren und Abmagern beim Welli sein.
Bei einer Kropfentzündung fällt es den Tieren häufig schwer das normale Körnerfutter zu fressen. Die teilweise spitzen Körner reizen die Schleimhaut noch zusätzlich. In diesem Fall kann man den Wellis weiches Futter anbieten, wie z. B. Quell- bzw. Keimfutter. Die gequollenen Saaten werden in der Regel gerne angenommen. Als Tipp, damit das Keimfutter bei Krankheit gefressen wird, am besten schon den gesunden Vögeln anbieten.
Nach Absprache mit dem Tierarzt kann man nach einer Gabe von Antibiotikum den Wellis Lactobazillen-Präparate (Bene-Bac, PT-12) zur Stabilisierung der Kropf- und Darmflora geben. Diese guten Bakterien können auch Enterobacteriaceae, Streptokokken, Staphylokokken und Sprosspilze verdrängen und deren Vermehrung hemmen. Bene-Bac enthält Zucker, im Gegensatz zu PT-12, und sollte Vögeln mit Megabakteriose nicht verfüttert werden.
Da sich die Krankheitsbilder häufig in mehreren Punkten ähneln, ist es für eine genaue Diagnose zur Ursache der Kropfentzündung wichtig den kranken Vogel fachkundig vom Tierarzt untersuchen zu lassen. Die Entzündung des Kropfes stellt nur einen Teilaspekt der eigentlichen Erkrankung dar. Wird die Kropfentzündung nicht mit der entsprechenden Medikation behandelt, führt das in aller Regel zum Tod des Wellensittichs.
Bealu