Parasiten beim Wellensittich – insbesondere die Rote Vogelmilbe

Man unterscheidet beim Vogel und auch bei allen anderen Lebewesen zwischen Ektoparasiten, also solchen, die außen auf dem Tier leben und Endoparasiten, also solchen, die im Tier leben (z. B. im Darm oder in der Lunge).

Parasiten kommen immer vor, es gibt nur solche, die in sehr geringer Anzahl keinen Schaden anrichten können und oft unbemerkt bleiben, sowie solche, die sich rasant vermehren können und den Vogel auch töten können.

Es gibt unterschiedliche Milbenarten, die einen Wellensittich befallen können. Sie gehören zu den Ektoparasiten und sitzen auf dem Vogel oder in seiner Haut, seinem Gefieder oder in seinem Schnabel – oder Krallenhorn. Gerade die rote Vogelmilbe ist sehr gefürchtet.

Häufig – und bei vielen Wellensittichhaltern auch bekannt – ist Knemidokoptes pilae eine Räudemilbe, oder auch Grabmilbe genannt. Sie verursacht starken Juckreiz und borkige Auflagerungen um den Schnabel und an den Ständern des Vogels. Bei genauerer Betrachtung kann man einzelne Bohrgänge dieser Milbe ausmachen. Das klingt erst einmal ekelig, die Erkrankung ist aber auf den Menschen nicht übertragbar und das Gute – sie lässt sich beim Wellensittich sehr gut therapieren mit einem Medikament, welches 3 bis 4 mal im Abstand von 10 Tagen auf die Haut (am besten im Nacken) aufgetragen werden muss. Da das Medikament nur für Rinder und Schafe vorliegt, muss der vogelkundige Tierarzt es vor der Verabreichung verdünnen. Das Medikament gibt es ausschließlich beim Tierarzt. Zu spät behandelt, kann der Vogel an der daraus resultierenden Erschöpfung und/oder einem Abbrechen des Schnabels versterben.

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Seltener dagegen, aber dafür umso gefürchteter ist die rote Vogelmilbe (Dermanyssus gallinae). Diese kann alle Arten von Vögel befallen, also Sing- wie Ziervögel, Geflügel und auch Tauben. Wie alle Milben gehört sie zu den Spinnentieren. Sie ist 0,5 mm bis 1 mm groß und hellgrau, nur nach einer Blutmahlzeit sieht sie rot gefärbt aus. Ein Vogelmilben-Weibchen kann über 100 Eier im Laufe ihres einigen Wochen langen Lebens produzieren. Vom Ei an wächst die Milbe über mehrere Larven- und Nymphenstadien innerhalb einer Woche zur adulten Milbe heran.

rote Vogelmilbe unter dem Mikroskop
rote Vogelmilbe unter dem Mikroskop vergrößert

Wie kann sich ein Wellensittich anstecken?

Die rote Vogelmilbe ist nur selten auf unseren Wellensittichen zu finden. Vögel, die ausschließlich in der Wohnung gehalten werden, erkranken so gut wie nie. Es ist aber theoretisch möglich, dass man sich die Milben mit frischen Ästen oder Holzspielzeug mit ins Haus holt, denn Milben sitzen gern unter loser Rinde bzw. in feinen Ritzen. Große Vogel Gruppen in Außenvolieren mit Kontakt zu Wildvögeln, Hühnern und/oder mangelnder Hygiene können eher eine Infektion durch die rote Vogelmilbe erfahren.

Welche Symptome treten auf?

Auffallende Symptome sind vor allem große nächtliche Unruhe mit aufschreien, wild umherfliegen und häufigem Platzwechsel. Tagsüber scheinen die Wellensittiche dann wieder zur Ruhe zu kommen. Sie zeigen aber ein stärkeres Putzverhalten und kratzen sich öfter, sie sind durch die unruhigen Nächte auch schläfriger. Ein zunehmend struppiges, ungepflegtes Federkleid kommt auch dazu. Zudem saugen die roten Vogelmilben Blut vom Wirtstier. Dies hat zur Folge, dass den Wellensittichen irgendwann erheblich Blut fehlt. Dies führt zu großer Schwäche bis hin zu Atemnot. Plötzliche Todesfälle der Vögel und Folgeerkrankungen sind nicht selten.

Die Dermanyssus gallinae kommt überwiegend in der warmen Jahreszeit vor, denn sie lieben Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad und fühlen sich bei einer Luftfeuchtigkeit über 65 % sehr wohl. Gerade Volieren aus Holz sind oft betroffen, da die Milben sich gerne zwischen Holz aufhalten und dort auch ihre Eier ablegen.

Vor allem Besitzer von Hühnern sehen die rote Vogelmilbe häufiger. Die Milbe ist übrigens so rot, da sie das Blut vom Huhn saugt. Ein starker Milbenbefall kann also zu einer Blutarmut führen und die Tieren sterben, neben dem wahnsinnigen Stress, auch daran, dass ihnen schlicht das Blut fehlt. Hier muss der Besitzer sehr schnell handeln. Gerade Hühnerställe und Sitzstangen sind oft aus Holz, die Milben sitzen hier tagsüber in den Ritzen zwischen dem Holz, meist suchen sie ihren Wirt erst in der Nacht auf. Starke nächtliche Unruhe unter den Hühnern ist typisch. Auch im Winter, wenn die Temperatur sinkt, sterben die Parasiten nicht ab, sie überwintern auch im leeren Stall einfach im Holz, dies ist sogar über mehrere Monate lang möglich.

Oftmals sind es Wildvögel, die die rote Milbe in den Stall bringen, indem sie hineinfliegen, um sich etwas Hühnerfutter zu holen. Setzt man dann im Frühjahr neue Tiere in den Stall, sind diese in kurzer Zeit einem akuten Befall ausgesetzt. Natürliche Feinde haben die Vogelmilben eigentlich nicht. Haben Hühnerbesitzer Milben längere Zeit im Stall, können sie hier einen hohen wirtschaftlichen Schaden anrichten. (Natürlich können die Schädlinge auch in Sittichzuchten einen hohen wirtschaftlichen Schaden anrichten, wenn sie unbehandelt bleiben.)

Wie erkennt man einen Befall mit der roten Vogelmilbe?

Hat man den Verdacht, dass die eigenen Wellensittiche von der roten Vogelmilbe befallen sein können, so ist eine Möglichkeit, dass man Nachts ein weißes Handtuch oder Bettlaken über den Käfig/die Voliere legt. Morgens, wenn es dämmert, sitzen die als kleine rote Punkte, die sich bewegen, gut erkennbaren Milben gerne auf den Tüchern. Bei starken Befall kann man aber auch den Milbenkot als kleine schwarze Punkte erkennen.

Auch kann man in der Nähe des Käfigs eine selbstklebende durchsichtige Folie oder doppelseitiges Klebeband anbringen. Über Nacht werden die Parasiten dort drüber laufen und hängen bleiben. Das sollte man aber nur machen, wenn die Wellis keinen Freiflug haben und nicht damit in Berührung kommen können.

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Wie sieht die Bekämpfung und Desinfektion aus?

Eine Therapie ist aufwendig. Aber die Milben müssen in jedem Fall bekämpft werden. Zunächst müssen alle Wellensittiche bei der Bekämpfung nach der Erstbehandlung aus der Voliere isoliert werden. Am besten in einen Käfig oder Raum ohne Holz.

Dann muss die Voliere gereinigt werden. Alles aus Holz sollte man entfernen (auch Sitzstangen, Nistkästen u.Ä.), man wird es mit großer Wahrscheinlichkeit nie milbenfrei bekommen. Am besten verbrennt man alles aus Holz. Auch eine Umgebungsbehandlung sollte dringend erfolgen. Hierfür stehen Puder wie Kieselgur und Sprays zur Verfügung.

Die Anwendung von Sprays am lebenden Wellensittich lehne ich eher ab, da die Aerosole eingeatmet werden und oft schlecht vertragen werden. Spot-on-Präparate oder Puder sind eher für Vögel zu empfehlen. Gerade Kieselgur hat keine großen Nebenwirkungen, da das Pulver nur die Atemgänge der Milben verstopft. Zudem ist Kieselgur sehr kostengünstig und kann schnell negative Auswirkungen im eigenen Vogelbestand vermeiden.

Eine weitere Möglichkeit die Milben zu vernichten ist der Einsatz von Fressfeinden. In dem Fall benutzt man Raubmilben. Diese fressen die Vogelmilben und sterben selbst wenn keine blutsaugenden Parasiten mehr vorhanden sind.

Kräuter oder ätherische Öle sind offen gesagt Humbug. Davon wird nichts gegen die Vogelmilbe helfen. Eine esoterische Therapie ist bei Parasiten nicht zu empfehlen.

Besteht die Gefahr, dass auch Menschen von der Vogelmilbe befallen werden?

Unter bestimmten Umständen gehen die Milben auch auf uns Menschen über. Dies kann der Fall sein, wenn die Milben nicht nur die Umgebung des Vogels besiedelt haben, sondern einen großen Teil der Wohnung und sogar das Schlafzimmer. Die Spinnentiere lösen dann bei uns Menschen einen juckenden Hautausschlag aus, der auch Vogelhalterkrätze genannt wird. Auch wenn kein Vogel als Wirt in der Nähe ist, kann durchaus ein Säugetier von Milben befallen werden. Diese Besiedlungen auf Mensch bzw. Säugetiere sind aber wirklich sehr selten. Der Milbenbefall muss dann schon sehr lange unentdeckt geblieben sein und die Vermehrung der Milben weit fortgeschritten.

Autor: Dr. med. vet. Martina Schmoock